Die Jagd in der Postmoderne

Wie die Wandlung vom Schießgesellen zum gesellschaftlich anerkannten Helden gelingen kann

Auf den Wattenratseiten wurde schon viel über die Jagd berichtet, vor allem über die Missstände bei der Gänsejagd in Schutzgebieten. Werner Hupperich aus Duisburg befasst sich auf der Seite der Gänsewacht ebenfalls mit Tätern und Opfern und hat sich Gedanken zur zeitgemäßen Novellierung des Jagdrechts gemacht, bei der die Wanderrattte eine tragende Rolle spielt. Wohl bekomms, liebe Waidgenossen!

Waidmanns Heil!

Neue Zeiten, neue Herausforderungen, neues Selbstbild: Vorschlag zur Novellierung des Jagdrechts

von Werner Hupperich

Der Paradigmenwechsel in den Jagdwissenschaften, welcher sich im Trend einer Abkehr vom Bild des Jägers als traditions- und naturverbundenes Subjekt äußert und stattdessen den modernen Jäger im Sinne eines ökonomieorientierten Dienstleisters zur Schadenabwehr an Geschäftsinteressen ökologisch determinierter Wirtschaftsbetriebe manifestiert, bietet gänzlich neue sozioökonomische Perspektiven im Mensch-Jäger Verhältnis.

Zeigte sich die Schaffung kollektiver Feindbilder im Fall von z.B. „Problemgänsen“, „Problemkrähen“, „Problembären“ und „Problemwölfen“ in der Vergangenheit mit einigen Schwierigkeiten behaftet, so ließe sich die Grundidee einer Überführung von längst zur Nahrungsversorgung nicht mehr benötigter Freizeit-Schießgesellen („grüne Pest“) zu gesellschaftlich akzeptierten Schädlingsbekämpfern („grüne Feuerwehr“) durchaus mit Aussicht auf gutem Erfolg weiterverfolgen.

Letztlich scheiterte die Etablierung eines zur mehrheitlichen Akzeptanz der Jagd auf o.a. Problemwild nicht zuletzt durch den misslichen Umstand, dass sich ebendieses Problemwild im Fokus öffentlicher Wahrnehmung befindet, d.h. sich das gewünschte „Problembewusstsein“ der Bürger durch unerwünschten Realitätsabgleich leider mitunter relativierte, noch bevor überhaupt in nennenswertem Umfang seitens der Jägerschaft Schüsse abgegeben werden konnten. Einen Ausweg böte die Verlagerung jagdlicher Aktivitäten in Bereiche geringen öffentlichen Wahrnehmungsinteresses so wie die Konzentration auf einen gemeinhin und im gesellschaftlichen Konsens als „Schädling“ akzeptierten Feind. Beiden Bedingungen wurde in folgendem Konzept Rechnung getragen.

Der Kern des Konzepts besteht in der Überführung der Wanderratte (Rattus norvegicus) ins Jagdrecht. Deren Habitat befindet sich zwar zunehmend in innerstädtischen Kanalisationen, aber bereits durch das teils seit dem frühen 17. Jahrhundert währende Bestehen dürften sich diese der traditionell konservativ orientierten Jägerschaft als Jagdreviere der Zukunft plausibel vermitteln lassen. Eine Verwechslungsgefahr der Wanderratte mit der Rote-Liste Art Hausratte (Rattus rattus) steht diesem Konzept übrigens keineswegs entgegen, sondern wird bei der Zielgruppe i.d.R. als waidmännisch-jagdsportliche Herausforderung wahrgenommen.

Sowohl die notwendige Identifikation mit diesem neuen Aufgabenbereich als auch die Akzeptanz der Notwendigkeit solcher Mission ließe sich nach bewährtem Muster über die Schadwirkung von R. norvegicus herstellen. Zu nennen wären dabei – neben der Übertragung von Infektionskrankheiten – insbesondere der Verbiss in Fäkalien so wie anderen Reststoffen, welcher die Eigentumsrechte der Kommunen an den Fäkalien unmittelbar tangiert (vergl. Grubensatzung der Stadt Brandenburg § 11 (1) in der Fassung vom 10.11.2002 „Die Fäkalien werden mit Übergabe an die öffentliche Einrichtung Eigentum der Stadt“).

Vorteile für den Jäger

  • Weitgehender Schutz vor Witterungseinflüssen, dadurch jahreszeitliche Unabhängigkeit so wie konstanter Wildbestand
  • Gute Erreichbarkeit des Jagdreviers dank zentraler Lage
  • Geringes Gefährdungspotenzial für Jogger etc. während der Jagdausübung
  • Steigerung des Ansehens der Jagd in der öffentlichen Wahrnehmung im Sinne einer mehrheitlich als „sinnvoll“ eingestuften Ausübung der Jagd
  • Weitestgehend ungestörte Jagdausübung möglich
  • Auf Grund in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichender oberirdischer Einkaufsmöglichkeiten (Bäckereien, Imbisse usw.) muss weniger Gepäck mitgeführt werden
  • Ein wunderschönes Echo mit geradezu kathedralem Klangbild beim Verblasen der Strecke im Anschluss an die Jagd
  • Die Aussicht auf gewaltige, weitgehend von Spaziergängern, Joggern, Radfahrern usw. unberührter Jagdreviere (allein die Berliner Kanalisation bietet mit ca. 9.185 km Gesamtlänge reichlich Abwechslung!) so wie hinreichend Potenzial selbst für ausgedehnte Gesellschaftsjagden

Vorteile für die Kommunen

  • Zusätzliche Einnahmen durch abschnittweise Ausweisung der Kanalisation als Jagdrevier und Verpachtung an Jagdausübungsberechtigte.
  • Reduzierung bisher notwendiger Ausgaben für konventionelle Schädlingsbekämpfer
  • Geringe Kosten für die Umgestaltung der Kanalisation zum Jagdrevier. Durch die ohnehin vorhandenen baulichen Strukturen beschränkt sich die Umgestaltung primär auf das Anbringen von Klappsitzen an einigen Wänden zum Zwecke der Ansitzjagd. Alternativ käme die Verwendung ausgemusterter Sitzbänke von Bushaltestellen etc. in Betracht
  • Stärkung des regionalen Lebensmittelhandels und der Gastronomie. Durch die Verpflichtung zur Hege der Wildpopulation wird von Jägern mehr Nahrung konsumiert um durch anschließende, verstärkte Kotabgabe die Population von R. norvegicus stabil zu halten
  • Technisch nicht allzu anspruchsvolle Wartungsaufgaben wie z.B. die Entfernung kleinerer Verstopfungen könnten an die Jagdausübungsberechtigten delegiert werden. Vorteile für die Bürger
  • Waldspaziergänge werden sicherer
  • Die beruhigende Gewissheit für Städter, dass sich unter Ihren Füßen Leute mit Eifer und Hingabe, kurz: Passion, um die Lösung eines Problems gesellschaftlicher Relevanz bemühen

Nachteile

  • – keine –

Umsetzung

  • Forcierung einer Einbringung des Konzepts in Form eines Gesetzentwurfs mittels Parteispende an die FDP
  • Start einer Medienkampagne „Die Jagd in der Postmoderne: Neue Zeiten, neue Herausforderungen, neue Lösungsansätze – aber alte Feinde“ o.ä.
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