Kitesurfer: Genehmigung bis 2013 verlängert

Vogelscheuchen: Kitesurfer im Nationalpark an der Muschelschillbank bei Campen/Upleward

Was zu erwarten war: Die Nationalparkverwaltung hat die Genehmigung für den umstrittenen Kiter-Spot in Upleward im Landkreis Aurich (und anderswo!) bis 2013 verlängert, Probleme werden nicht gesehen. Das sieht der Wattenrat anders. Die Fläche für die Kitesurfer liegt in der Zwischenzone des Nationalparks, und da ist die Verwendung von Drachen („Kites“) aller Art einfach nur verboten. Die Nationalparkverwaltung hob dieses Verbot mit einer „Befreiung“ auf und machte sich damit zum Erfüllungsgehilfen der Tourismusindustrie, die damit das Geschäft an diesem Ort ankurbeln will.

Dieser kleine Schönheitsfehler einer Naturschutzbehörde ist nicht alles: Der Gutachter Matthias Bergmann ist kein Unbekannter in Ostfriesland, er war einmal Geschäftsführer des NABU-Ostfriesland und leitete den „Woldenhof“ des NABU, bis bekannt wurde, dass einige der ihm anvertrauten Wildrinder mangels Pflege einen jämmerlichen Tod fanden. Dafür wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt. Nun macht Herr Bergmann Gutachten gegen Bares und kann offensichtlich nicht gut sehen: Unser Mitarbeiter Eilert Voß machte 88 Foto, die eindeutig beweisen, dass die riesigen und für Vögel unberechenbaren Zugsegel auf die Rastvögel der nahegelegene Muschelschillbank (strengste Schutzzone im Nationalpark!) eine enorme Scheuchwirkung ausüben. Das ist Herrn Bergmann bei seiner gutachterlichen Tätigkeit für seinen Duzfreund Peter Südbeck, Leiter der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven, wohl entgangen. Der zweite Schönheitsfehler ist der Zeitpunkt des Gutachtens: Bei Eingriffen in EU-Vogelschutzgebiete, wie es auch der Nationalpark ist, müssen die Verträglichkeitsprüfungen nach dem Bundesnaturschutzgesetz VOR der Genehmigung erbracht werden, nicht hinterher. Eine qualifizierte Aufsicht findet nicht statt, das machen die Kitesurfer oder die Gemeinde selber. Die „anerkannten“ und klagebefugten Naturschutzverbände in Niedersachsen haben es zudem versäumt, Rechtsmittel gegen die Genehmigung einzulegen. Unser Mitglied Reiner Schopf hat seinem Unmut darüber Luft gemacht, die Ostfriesen Zeitung hat seinen Leserbrief dazu veröffentlicht.

Link:
Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Immer mehr Kitesurfer, Peterchens Irrfahrt im Weltnaturerbe

Ostfriesen Zeitung, S. 22, Teil Krummhörn/Hinte, 25. März 2011

Keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Uplewarder Kitesurfer
FREIZEIT Genehmigung bis 2013 ist wahrscheinlich

Die Verwaltung des Nationalparks Wattenmeer überprüft alle Kitesurf-Standorte. 2013 soll es dann eine Regelung für den gesamten Nationalpark geben. VON HEINER SCHRÖDER

UPLEWARD – Die Verwaltung des Nationalparks Wattenmeer hat nach OZ-Informationen keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, dass Kitesurfer am Trockenstrand von Upleward ihrem Freizeitsport nachgehen. Allerdings soll die Genehmigung erst einmal bis 2013 befristet sein. Die Unsicherheit am Trockenstrand währt schon seit zwei Jahren. […]Um das Kitesurfen zu ermöglichen, hatte die Gemeinde Krummhörn eine Genehmigung zur Vergrößerung der Zone beantragt, in der gesurft werden darf. Naturschützer lehnen diese
Ausweitung ab. Sie befürchten, dass viele Kitesurfer die Grenzen zur Ruhezone nicht beachten. Vor allem gilt das für die im Nationalpark einmalige Muschelschillbank, die viele Rastvögel nutzen und die nahe dem Uplewarder Trockenstrand liegt.[…] Dieses Gutachten machte Matthias Bergmann, Biologe und ehemaliger Geschäftsführer des Naturschutzbunds Ostfriesland. Es liegt der Nationalparkverwaltung jetzt vor und gibt Anlass zu der Einschätzung, dass sich Kitesurfen grundsätzlich mit dem Naturschutz am Trockenstrand von Upleward verträgt. Die sich anbahnende Genehmigung ist allerdings befristet bis zum Jahr 2013. […] Schwieriger ist der Winter. Tatsächlich sind auch dann Kitesurfer vor Ort. Und die sind wohl weniger sensibel der Natur gegenüber. Für die Einhaltung der Surfregeln auch im Winter ist grundsätzlich die Gemeinde zuständig.

OSTFRIESEN-ZEITUNG, Teil Hinte/Krummhörn

6. April 2011, Seite 20, Leserbrief

Es geht ohne Moral um das Tourismus-Geschäft

Zum  Artikel  „Keine grundsätzlichen  Be­denken gegen die Uplewarder Kitesurfer“ äu­ßert     sich REINER SCHÖPF aus Jakobs­dorf, früherer   Vogel­wart von Memmert.

Das Gutachten hat der Biolo­gen Matthias Bergmann er­stellt, nachdem die Kitesurfer bereits   mittels   „Befreiung“ aus  der  Schutzzone  2  bei Upleward ein Fun-Sport-Areal machen konnten. Berg­mann wurde 2009 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er die ihm anvertrauten Heckrinder vernachlässigt hatte. Vielleicht ist das ja eine be­sondere Qualifikation für Gutachter, mit deren Aussa­gen illegale Eingriffe in die Schutzzonen des National­parks legalisiert werden. Die Paragrafen 6 und 12 des Nationalpark-Gesetzes ver­bieten die Verwendung von Drachen in Zone 1 und 2. Das Naturschutzgesetz des Bun­des untersagt die Störungen von Vögeln an ihren Lebensstätten. Theodor Schröder, Justiziar der Nationalpark-Verwaltung, sagt, von einem „grundsätzlichen Verbot“ sei auszugehen. Der Auricher Kreisrat Frank Puchert er­klärt: „Uns ist nicht begreif­lich, warum es dort eine Ge­nehmigung des Antrags der Gemeinde Krummhörn gege­ben hat.“ Eilert Voß vom Wat­tenrat hat 88 Fotos gemacht, die den Störeffekt belegen. Trotz dieser Sachverhalte wird den Anträgen von Ge­meinden auf Kite-Surf-Gebiete stattgegeben. Das verstehe, wer will. Mit Vernunft und der Umsetzung der Naturschutz­gesetze hat das absolut nichts zu tun. Aber das ist die trauri­ge Realität im unersetzlichen und angeblich hoch ge­schätzten Nationalpark. Wo bleibt der gegebenenfalls juristische Einsatz der Natur­schutzverbände? Am Ende geht’s ohne Not, ohne Ver­nunft und ohne Moral ums Tourismus-Geschäft, als ob die Vernichtung wertvoller Schutzgebiets-Flächen im In­teresse des Gemeinwohls läge.

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