Ems, neuer Sommerstau: „Die Meyer Werft begeht eiskalt Rechtsbruch“.

Zu große Schiffe auf zu kleinem Fluss: Überführung eines Meyer-Musikdampfers, Gelegeverluste von Nonnengänsen durch Aufstau, Hatzumer Sand/Ems, EU-Vogelschutzgebiet

Werftchef Meyer in Papenburg macht offensichtlich,was er will, und wird dabei vom willfährigen Landrat des Landkreises Emsland unterstützt. Die Rede ist vom

Antrag des Landkreises Emsland auf Erteilung einer gehobenen Stauerlaubnis gem. § 10 Abs.1 i. V. m. § 15 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) zur Überführung von zwei Kreuzfahrtschiffen der Meyer Werft über die Ems in Verbindung mit zwei Probestaus in der zweiten Septemberhälfte 2012 sowie der zweiten Septemberhälfte 2014 (Den detaillierten Einspruch gegen diesen Antrag von Wattenrat-Mitarbeiter Eilert Voß können Sie hier nachlesen: Ems: Einspruch gegen Sommerstau.pdf)

Für diese Stauerlaubnis gibt es keine rechtliche Grundlage, der geltende Planfeststellungsbeschluss sieht das mehrfache Aufstauen in den Sommermonaten zur Überführung von Schiffen nicht vor, das weiß auch Werftchef Meyer; nur der beantragt den zusätzlichen Stau der Ems auch nicht, sondern lässt beantragen, vom Landrat des Landkreises Emsland. Bereits 2009 wich der Niedersächsisches Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) von der geltenden Rechtslage ab und genehmigte lange Stauphasen im Juni für die Überführung der „Celebrity Equinox“. Dadurch ertranken viele Bruten im EU-Vogelschutzgebiet der Ems. Meyer konnte sich bisher immer auf staatliche Unterstützung verlassen, geltendes Recht wurde in seinem Sinne verbogen.

Dagegen rührt sich nun Widerstand von ungewohnter Seite: Im Rat der Stadt Emden wurde dieser Antrag diskutiert, auch die Verwaltung der Stadt Emden lehnt die zusätzlichen Staus ab. Deren Stellungnahme ging den Ratsmitgliedern Erich Bolinius (FDP) und Dieter Stolz (Bündnisgrüne) nicht weit genug. Bolinius: ”Das ist die Aushöhlung der Richtlinien, die im Planfeststellungsverfahren zum Sperrwerk gesetzt wurden. Das sind Sonderbestimmungen, die jetzt der Landkreis für die Meyer Werft auf kaltem Weg einführen will.“ Und Stolz: „Die Meyer Werft begeht eiskalt Rechtsbruch.” So ist es. (Die ausführliche Berichterstattung der „Emder Zeitung“ vom 18. Mai 2012 können sie weiter unten lesen.) Die Meyer Werft gehört an die Küste ans seeschifftiefe Wasser, nur dort können die riesigen Musikdampfer naturverträglich gebaut werden. Diese Meinung vertreten derzeit auch die BI „Rettet die Ems“, die Vereinigung „Dyklopers“ und der Wattenrat. WWF, BUND und NABU haben sich von ihrer Forderung, dass Meyer an die Küste umziehen soll, nach dem „Generationenvertrag“ mit der Meyer Werft, den inhaltlich kaum jemand kennt, verabschiedet. Und Erich Bolinius, FDP-Emden, wird zum Ems-Schützer, wer hätte das gedacht!

Stauwerk für die Meyer Werft bei Gandersum

Und dann war da noch der  Chef der Oppositionspartei SPD im niedersächsischen Landtag, Stephan Weil, derzeit Oberbürgermeister von Hannover, der nach der nächsten Landtagswahl im Januar 2013 gerne Ministerpräsident werden will. Seine klare Ansage:

Ostfriesen Zeitung, 12. April 2012

„Meyer ist tolles Unternehmen“

[…] Weil, der die Werft das erste Mal besuchte, zeigt sich beeindruckt. Nein, auch eine SPD-Landesregierung werde nicht an der Standortfrage rütteln, betont der Spitzenkandidat: „Industriearbeit ist die Basis unseres Wohlstands.“ Zwar müsse das Problem der Emsverschlickung gelöst werden, aber die Meyer-Werft sei ein „tolles Unternehmen“, das sich in einem „extrem harten Wettbewerb“ behaupte. Dass die Entwicklung des Industriezentrums „möglichst umweltschonend“ vonstatten gehe, liege auch im Interesse der Werft.

Da weiß man eben was man bekommt, wenn die SPD stärkste Partei im Lande werden sollte: Nichts anderes als mit der CDU. „Möglichst umweltschonend“ am Werfstandort im binnenländischen Papenburg zu produzieren kann der Ems nicht weiterhelfen, die Aussage von Herrn Weil ist leeres Vorwahlkampfgeschwätz, von keinerlei Sachkenntnis getrübt!

Emder Zeitung, S.3, 18. Mai 2012

”Der Ems geht es schon mehr als schlecht”

Emden. Der Antrag des Landkreises Emsland auf zwei Probestaus der Ems in Verbindung mit der Überführung von Kreuzfahrtschiffen der Papenburger Meyer Werft stößt im Rat der Stadt Emden nicht auf Gegenliebe. Auch die Verwaltung hatte in einer vorläufigen Stellungnahme, die im Zuge des Beteiligungsverfahrens zum Genehmigungsantrag abgegeben werden musste, ihre Bedenken geäußert.

Die Stellungnahme der Verwaltung, unterzeichnet vom zuständigen Fachbereichsleiter Rainer Kinzel, fand die Zustimmung der Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt, geht ihnen aber nicht weit genug. ”Das ist die Aushöhlung der Richtlinien, die im

Planfeststellungsverfahren zum Sperrwerk gesetzt wurden. Das sind Sonderbestimmungen, die jetzt der Landkreis für die Meyer Werft auf kaltem Weg einführen will”, ereiferte sich FDP-Fraktionsvorsitzender Erich Bolinius am Dienstagabend im Ausschuss. Die Meyer Werft gehöre an die Küste und das Sperrwerk sei ebenfalls an falscher Stelle, führte Bolinius weiter aus. Es hätte in Höhe der Knock errichtet werden müssen. Der jetzige Antrag des Landkreises entbehre jeder Grundlage. „Das ist überhaupt nicht Sache des Landkreises, Probestaus zu erwirken”, sagte Bolinius. Er habe als Anlieger ebenfalls eine Stellungnahme verfasst, die aber erheblich „härter” sei.

Unterstützung in seiner Argumentation bekam Bolinius von Dieter Stolz, Ratsherr der Grünen. Die beiden sind häufiger nicht einer Meinung, Wenn es um das Betretungsverbot des Teekabfuhrwegs im Ortsteil Petkum geht, sind sie sich spinnefeind. Doch der Schutz der Ems scheint beiden am Herzen zu liegen. Stolz: „Die Meyer Werft begeht eiskalt Rechtsbruch.” Als sie die Aufträge für die Kreuzfahrschiffe angenommen habe, sei ihr bewusst gewesen, dass – wenn diese überführt werden müssen – im September 2012 und 2014, ein Stau der Ems nicht genehmigt werden könne. Stolz: „Da ist bewusst gehandelt worden, weil das bisher immer geklappt hat. Da werden die Arbeitsplätze ins Feld geführt. Und dann lässt sich auch noch der Landkreis für solche Zwecke einspannen.” Dies müsse in der Stellungnahme der Stadt noch einmal verdeutlicht werden.

Stadtbaurat Andreas Docter wies darauf hin, dass die Verwaltung in diesem Fall nicht die Genehmigungsbehörde ist und nicht darüber zu urteilen habe, ob der Landkreis diesen Antrag stellen kann. „Sie als Rat können ein politisches Signal setzen, wir haben das von der fachlichen Seite aus zu beurteilen.”

Dieses politische Signal wollen alle Fraktionen setzen. „Es ist gut, wenn auch darauf hingewiesen wird, dass wir es positiv finden, dassdie Werft so viele Arbeitsplätze hat und es Schiffbau in der Region gibt, aber der Fluss darf nicht vergessen werden”, sagte SPD-Ratsfrau Marianne Pohlmann. Kinzel machte deutlich, dass die Argumentation des Landkreises nicht schlüssig sei: „Es kann ja nicht sein, dass man sagt, der Ems geht es schlecht, da macht es auch nichts, wenn es dem Fluss noch schlechter geht.” Das entspreche nicht der gesetzlichen Grundlage und der FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat). „Es geht doch darum, die Ems wieder in einen günstigeren Erhaltungszustand zu bringen”, sagte Kinzel. In der Stellungnahme der Verwaltung heißt es: „Die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes gemäß der FFH-Richtlinie und das Verbesserungsgebot gemäß Wasserrahmenrichtlinie sind nur möglich, wenn die Spirale der weiteren – auch unerheblichen – Eingriffe unterbunden wird, solange nicht ein umfassendes ökologisches Sanierungskonzept für die Ems erstellt und in Angriff genommen wird.” Diese Stellungnahme soll noch um die Aussage ergänzt werden, dass die Stadt Emden die zusätzlichen Stauungen der Ems ablehnt.

Emder Zeitung, S. 12, 18. Mai 2012

Kommentar

AXEL MILKERT zu Probestaus für Meyer-Schiffe

 Nicht aus heiterem Himmel Was nicht passt, wird passend gemacht. So oder ähnlich sehen Kritiker die geplanten Probestaus für zwei Schiffsneubauten der Meyer Werft. Auch Rat und Verwaltung der Stadt Emden sprechen sich dagegen aus (Seite 3). Es scheint keine Kompromisslösung zu geben, die dem Schiffbau auf der einen und der Natur auf der anderen Seite den notwendigen Spielraum zubilligen würde. Die Meyer Werft hat vor geraumer Zeit angekündigt, bis zu drei Schiffe im Jahr abliefern zu wollen. Entsprechend hat das Unternehmen am Standort Papenburg investiert. Und diese drei Schiffe werden kaum allesamt im Winterhalbjahr überführt werden können – laut Planfeststellungsbeschluss die günstigste Zeit dafür.So kommt es zwangsläufig zum Konflikt mit geltenden Regelungen. Die Situation bleibt auch künftig vertrackt. Und der Vorwurf, bestehende Beschlüsse würden durch Ausnahmeregelungen wiederholt ausgehebelt, ist nicht von der Hand zu weisen. Heute nicht und vermutlich auch in Zukunft nicht. Niemand muss dabei so tun, als käme all das aus heiterem Himmel. Es war seit langem absehbar und verlief – spätestens seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts – parallel zur Größen- und Stückzahlentwicklung der Werft. Die Ems hat sich in der Folge immer wieder den Bedürfnissen der Wirtschaft – in erster Linie eines einzigen Betriebs – unterordnen müssen.

Früher mäanderte die Ems naturgegeben. Heute wird sie zwischen Papenburg und Emden vom Menschen für dessen Zwecke zurechtgebogen. Es gibt Menschen, die das nicht hinnehmen wollen. Ausgleichszahlungen an Fischer und teils zweifelhafte Ersatzmaßnahmen an anderer Stelle biegen die verfahrene Situation nicht einmal halbwegs gerade. Im Kern kommt die Debatte immer wieder darauf zurück, dass der Standort für eine Werft von solch gigantischen Dimensionen der falsche ist. Grüne und Umweltschützer werden ihre Forderung nach einer Verlagerung deshalb gebetsmühlenartig wiederholen. Und die Werft wird dies ebenso oft ablehnen. Man dreht sich im Kreis, weil es keinen Kompromiss, sondern nur ein „entweder, oder” gibt.

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