Niedersächsische Ornithologische Vereinigung e.V.: 40 Jahre, und kein bisschen weise?

Die Niedersächsische Ornithologische Vereinigung e.V. (NOV) wird 40 Jahre alt. Auf der Jahrestagung am 8. und 9. September 2012 in Hannover soll dieses Jubiläum gewürdigt werden.

Grußworte soll der niedersächsische Umweltminister Stefan Birkner (FDP) sprechen, ausgerechnet Stefan Birkner. Birkner ist der Nachfolger des notorischen FDP-Umweltministers Hans-Heinrich Sander, der nicht nur durch Kettensägenattacken im Biosphärenreservat Elbtalaue traurige Berühmtheit im Lande erlangte. Birkner ist ein „würdiger“ Nachfolger Sanders, eigentlich auch mehr ein Umweltverhinderungs und Erneuerbare-Energien-Minister, ohne Rücksicht auf Verluste im Naturschutz. Birkner war es, der im Chor mit seinem Parteikollegen und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler Anfang August presseöffentlich tatsächlich die Aussetzung der europäischen und nationalen Umwelt- und Naturschutzgesetze für mehrere Jahre forderte, um den Ausbau der Offshore-Stromnetze ungehindert von ggf. verzögernden Gesetzen voranbringen zu können.

Die Frage muss also erlaubt sein, warum die NOV ausgerechnet diesen Umweltminister als Gastredner eingeladen hat, der ohnehin als Mitglied der Splitterpartei FDP bei den nächsten Landtagswahlen in Niedersachsen aller Voraussicht nach in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wird und der bisher auch nichts Substanzielles zum Naturschutz verlauten ließ.War die Einladung nur naiv motiviert oder steckt dahinter gar Karrierekalkül?

Immerhin, ihn wieder auszuladen wird schwierig sein, denn der Schriftleiter des Vereinsheftes „Vogelkundliche Berichte aus Niedersachsen“ ist kein anderer als Peter Südbeck, die einflussreichste Person der NOV. Südbeck hat sich im Verwaltungsapparat des Landes vom wissenschaftlichen Mitarbeiter zum Leiter der staatlichen Vogelschutzwarte und später zum Leiter des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer hochgedient und ist in dieser Funktion bisher mehr durch die Tourismusförderung als durch Naturschutzaktivitäten in Erscheinung getreten. Südbeck ging dem Land als ausgewiesener Ornithologe dienstbar zur Hand, indem versucht wurde, politische und wirtschaftliche Interessen durch die EU-verbindliche Einrichtung von Vogelschutzgebieten nicht allzusehr zu belasten. Die der EU-Kommission vom Land vorgelegten entscheidungsrelevanten Vogeldaten wichen mancherorts von der Wirklichkeit ab (Link: „Blauer Brief“ aus Brüssel). Treffen sich zur Jubiläumsfeier in Hannover also „zwei Brüder im Geiste“? Südbeck untersteht Minister Birkner direkt, die „Stimme seines Herrn“ würde sicher nicht nur ungehalten klingen, würde er nun durch eine Ausladung an einem Grußwort gehindert werden.

Schade ist es, dass es auch der NOV in vierzig Jahren nicht gelungen ist, ein Bewusstsein für die politische Dimension und das Interessengemenge im Naturschutz des Lande zu entwickeln. Während ihrer Tätigkeit der Beobachtung und Dokumentation vieler Vogelarten droht nicht nur der Goldregenpfeifer als Wappentier der NOV auszusterben, viele vogelkundliche Erfassungen werden sich als Nachrufe erweisen. Bleibt zu hoffen, dass sich das Bewusstsein der Vogelbeobachter bis zur 50. Jubiläumsfeier in dieser Richtung schärfen wird.

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