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Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 304 (Januar 2009)

Ein Kanal parallel zur Ems für die Meyer Werft?

"Adolf-Hitler-Kanal" von Naturschutzverbänden reanimiert!

Da ist er wieder, der alte, schon mal geplante "Adolf-Hitler-Kanal" parallel zur Ems aus den 30ern, nun für die Meyer Werft reanimiert vom WWF und BUND. Ganz langsam, wie ein später Aprilscherz, sickerten die Überlegungen Anfang Dezember 2008 an die Öffentlichkeit durch. Das Land wolle "prüfen", hieß es in den ersten Pressemeldungen. Und ein ehemaliger Hafenamtsleiter aus Emden hatte später gar eine "Vision"; es wurde der Eindruck erweckt, Land und Hafenwirtschaft steckten hinter diesen abenteuerlichen Plänen. Angeblich wurden diese Überlegungen von den jüngsten Plänen für eine Schleuse im Emssperrwerk ausgelöst, so jedenfalls die "Emder Zeitung" am 23. Dezember 2008, ein Weihnachtsgeschenk für die Wirtschaft also. "Umweltschützer lehnen das Projekt ab", hieß es in der Zeitung "Ostfriesland Kompakt" am 07. Dezember 2008.

Alles nicht wahr! Die unglaublichen Hintergründe kamen im neuen Jahr 2009 ans Licht, in die Presse lanciert von der Landesregierung in Hannover. Die wahren geistigen Väter dieses Ems-Kanals waren Verbandsfunktionäre vom World Wide Fund for Nature (WWF) und des Bundes für Umwelt- und Naturschutzschutz (BUND, Landesverband Niedersachsen, Beatrice Claus und Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, die seit Jahren ohne Fortune und Plan an der Ems herumdoktern und sich schon diverse Male vom Land Niedersachsen über den Verhandlungstisch ziehen ließen.

Siehe auf unseren Seiten:

Avanti Dillettanti! Still und leise, ohne Einbeziehung der ehrenamtlichen Gegner des Ems-Ausbaus für die Meyer Werft, mit denen man seit Jahren zusammenarbeitet, hatte man in einer kleinen Arbeitsgruppe diese Kanallösung geboren. Die Wirtschaft jubelte ob dieser Steilvorlage der Naturschutzfunktionäre, die Emskämpfer vor Ort waren empört und fühlten sich verraten. WWF und BUND wiegelten ab, sprachen nun von einer "Notlösung", und trafen sich mit Mitgliedern der jungen BI "Rettet die Ems" im Rheiderland, altgediente Ems-Naturschutzveteranen mit ihren Kenntnissen der Entstehungsgeschichte wurden nicht dazugeladen. Es soll Austritte aus dem BUND gegeben haben.

Bea Claus bei einem Interview mit Nordwest-Radio, Foto: Voß

Eine öffentliche Erklärung über das Treffen mit der BI und eine Erklärung zu den Kanal-Plänen wurde dann zunächst nicht von WWF und BUND an die Presse gegeben, das überließ man erst Mal der BI "Rettet die Ems". Eine Woche später gaben dann WWF und BUND eine Stellungnahme ab.

Und auch der NABU-Niedersachsen mit seinem neuen Landesvorsitzenden Dr.Buschmann (der alte Vorsitzende Helm soll in das Umweltministerium wechseln!) gab nun Laut zum Ems-Kanal und fing in gewohnter Verbände-Manier an zu eiern: "Ein Emskanal ist ein interessanter Vorschlag", lässt er in einer Stellungnahme verlauten (pdf-Datei, ca. 52,0 KB).

Der Ems-Kanal ist das bisher unerreichte "Meisterstück" der hauptamtlichen "Naturschützer" von WWF und BUND, die am Tropf Industrie oder des Landes hängen. Die Meyer Werft im binnenländischen Papenburg mit ihren riesigen Musikdampfern gehört nach wie vor an die seeschiffahrtstiefe Küste, nicht an die Ems und nicht an einen teuren Kanal. Wie wäre es denn mal zur Abwechslung mit der Oker im Harz als Werftstandort, es ließe sich sogar ein Tunnel für die Meyer-Schiffe vorstellen. Ist da noch keiner drauf gekommen?

Landrat Bernhard Bramlage (Leer) ist erfreut über die Zuarbeit von WWF und BUND, Foto: Voß

Wir zitieren, chronologisch absteigend, aus den Pressemitteilungen und Zeitungen:

WWF Deutschland, Presseinformation 26. Januar 2009:

Die zweitbeste Lösung

WWF und BUND: Emskanal zwischen Papenburg und Leer muss vorbehaltlos und transparent geprüft werden.

Hamburg/Hannover, 26. Januar 2009 - Die Umweltverbände WWF und BUND fordern im Rahmen der vom Land beschlossenen Machbarkeitsstudie eine umfassende und unvoreingenommene Prüfung der Idee, durch den Bau eines Kanals zwischen Papenburg und Leer die weitere Zerstörung der Ems zu stoppen und die Ems zu renaturieren. Dabei sei es von hoher Wichtigkeit, alle betroffenen Gruppen in einem transparenten öffentlichen Verfahren zu beteiligen. Im Sinne der Natur wäre die Verlegung der Meyer-Werft an die Küste die beste Lösung. Da das für die Werft und für die Region keine Option ist, ist ein Emskanal zwischen Papenburg und Leer nach Auffassung der Verbände WWF und BUND die zweitbeste Lösung, um die Ems zu retten.

Den Umweltverbänden geht es dabei ausschließlich um eine Kanallösung von Leer bis Papenburg. Ein zusätzlicher Kanal zwischen Papenburg und Dörpen trägt nach Ansicht der beiden Verbände nichts zur Lösung des Konflikts zwischen den Interessen der Meyer-Werft und dem Schutz der Ems bei.

Seit 25 Jahren streiten Umweltverbände und Bürgerinitiativen auf der einen Seite, Land Niedersachsen, Bunderwasserstraßenverwaltung und die Meyer-Werft auf der anderen Seite um die Ems. Die Werft überführt immer größere Schiffe über die von Natur aus flache und schmale Ems von Papenburg in die Nordsee. Die permanenten Ausbaggerungen und Aufstauungen haben den Fluss schwer geschädigt. Der Sauerstoffmangel ist eklatant, die Unterems hat sich innerhalb von nur zwei Jahrzehnten durch zahlreiche Eingriffe von Deutschlands artenreichster Flussmündung zu einer in Teilen leblosen, extrem verschlickten Wasserstraße entwickelt.

Ein etwa 15 Kilometer langer Kanal zwischen dem Werftstandort Papenburg und Leer könnte den Fluss an einem Nadelöhr der Überführungen entscheidend entlasten, so die Verbände. Die Ems hätte eine echte Chance, wieder weitgehend ihren ursprünglichen Charakter zurückzugewinnen - und zwar über die ganze Strecke zwischen Papenburg und der Nordsee. Das heißt, ein Tideästuar mit Auenwäldern, naturnahen Ufern und wertvollen Gewässerlebensräumen auf mindestens 15 Kilometern mit höchstem Wert für gefährdete Arten wie z.B. Fischotter könnte sich wieder einstellen. Profitieren würden zudem europaweit gefährdete Fischarten wie Finte oder Neunauge.

WWF und BUND werden sich bis zu einer verbindlichen gemeinsamen Lösung alle politischen und rechtlichen Handlungsoptionen offen halten. "Wir brauchen eine Lösung, sonst stirbt die Ems vor unseren Augen", so WWF-Expertin Beatrice Claus.

Kontakt:
Beatrice Claus, WWF-Naturschutzreferentin, Tel. 0162-2914468;
Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, BUND-Geschäftsführer, Tel. 0511-96569-0

Hannoversche Allgemeine Zeitung, online, veröffentlicht am 18.01.2009 19:43 Uhr:

Umweltschützer setzen sich für den Ems-Kanal ein

WWF-Expertin Beatrice Claus: Eine neue künstliche Wasserstraße wäre das kleinere Übel und ein möglicher Kompromiss mit der Meyer-Werft.

[...]

Der Bau von künstlichen Wasserstraßen löst bei Umweltschützern gemeinhin keine Begeisterungsstürme aus. Solche tief greifenden Eingriffe in die Natur sind vielerorts vehement bekämpft worden. Anders verhält es sich mit der Ems. Dort stammt die umstrittene Idee zum Bau eines Kanals parallel des Flusses von den Verbänden selbst, wie sich jüngst herausstellte. Die Wasserstraße könnte eine Alternative zum ständigen Ausbaggern der Ems sein, sagt Beatrice Claus von der Umweltstiftung WWF. "Das ist das kleinere Übel."

Die Kanalidee schlägt in der Region seit Wochen Wellen. In den Augen der Bürgerinitiative "Rettet die Ems" ist der Vorschlag "unfassbar". Die Emsländer würden nicht zulassen, dass ein hundert Meter breiter Kanal durch die Landschaft gezogen wird, meint Sprecher Hajo Rutenberg. Er forderte am Sonntag nach einem Treffen mit den kompromissbereiten Umweltverbänden in Langeriepe (Kreis Leer) eine Kosten-Nutzen-Rechnung für das Projekt. "Dabei kann nur eine Verlagerung der Werft herauskommen", meint Rutenberg.

Die Idee für einen Ems-Kanal ist nicht neu - schon in den dreißiger Jahren gab es Pläne für den sogenannten "Adolf-Hitler-Kanal" von Dörpen bis zum Dollart. Nun soll zumindest von Papenburg bis Leer eine künstliche Wasserstraße die Ems entlasten, die unter ständigen Vertiefungen, Aufstauungen und Sauerstoffmangel ächzt und eigentlich schon fast selbst zu einem toten Kanal verkommen ist. Mitverantwortlich dafür ist die Meyer-Werft, die 45 Kilometer von der Küste entfernt große Kreuzfahrtschiffe baut. Der Fluss wurde mehrmals vertieft, damit die immer größeren Schiffe zur Nordsee gefahren werden können. Zwischen 1998 und 2002 wurde das Emssperrwerk bei Gandersum gebaut, das offiziell dem Sturmflutschutz dient, vor allem aber der Werft einen sicheren Weg zur See garantiert.

Nun verlangen die Papenburger Schiffbauer überdies, dass der Fluss auch in den Sommermonaten gestaut werden darf, was bislang aus Naturschutzgründen verboten war. Nur so könne das Unternehmen flexibel und konkurrenzfähig bleiben, sagt Sprecher Peter Hackmann. Die Umweltschützer wollen das nicht hinnehmen. Der Zustand der Ems würde sich in ihren Augen weiter verschlechtern.

Um die Dauerfehde mit der Meyer-Werft zu beenden, haben sie einen neuen Plan geschmiedet. Eine Lösung, so die neuste Erkenntnis von WWF und BUND, könne nur gemeinsam mit der Werft gefunden werden. Ende vergangenen Jahres nahmen die Organisationen mit dem Unternehmen Kontakt auf und unterbreiteten den Vorschlag für den Kanal. Im Gegenzug solle die Ems auf dem etwa 15 Kilometer langen Abschnitt zwischen Papenburg und Leer renaturiert werden. Das Aufstauverbot im Sommer dürfe dann aber nicht gelockert, der Bau einer Schleuse im Sperrwerk müsse aufgegeben werden.

Ein solcher Kanal bedeute zwar ebenfalls einen starken Eingriff in die Natur, sei aber eine große Chance für die gebeutelte Ems, erklärt WWF-Expertin Claus. Der Fluss könnte in diesem Abschnitt wieder flacher werden und sich so entwickeln, "wie die Natur es möchte". Dies habe einen positiven Effekt auf die gesamte Unterems. "Die Strömungsverhältnisse ändern sich, es gelangen weniger Schwebstoffe in den Fluss, damit fällt weniger Schlick an." Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) kann der Idee einiges abgewinnen. Er befürwortet eine Machbarkeitsstudie.

Lokalpolitiker schwärmen bereits von einer besseren Anbindung des Jade-Weser-Ports in Wilhelmshaven und einem Ausbau des Kanals bis Dörpen, von wo aus der Anschluss über den Dortmund-Ems-Kanal ins Ruhrgebiet gewährleistet wäre. Auch Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) soll eine Studie zu dem Bauprojekt für sinnvoll halten, das nach ersten Schätzungen mindestens eine Milliarde Euro kosten würde. Skeptisch ist hingegen Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). "Visionen darf man haben, schauen wir, was die Machbarkeitsstudie ergibt", sagt er.

Bei der Meyer-Werft will man die Pläne nicht bewerten. "Wir schauen uns das interessiert an", sagt Sprecher Hackmann. Eine Verlegung der Werft komme auf keinen Fall infrage. "Es fordert schließlich auch niemand, den Hamburger Hafen an die Nordsee zu verlegen."

von Margit Kautenburger

taz Nord, 17.Januar 2009, online:

Naturschutzstau an der Ems

BUND und WWF schlagen vereint mit der Papenburger Meyer Werft einen Kanal parallel zur Ems vor. Der soll die Ems entlasten und Meyers großen Schiffen freie Durchfahrt an die Nordsee garantieren

VON THOMAS SCHUMACHER

"Das ist ein Geschenk. Wir hätten nicht gewagt, so etwas zu fordern", jubeln Wirtschaftsverbände des Emslandes und Ostfrieslands. Mit ihrer Idee, einen Kanal von Dörpen nach Leer / Ostfriesland zu bauen, haben BUND und WWF mit der Meyer Werft eine Art Goldrausch ausgelöst. Eigentlich sollte der Kanal die Ems ab Papenburg entlasten und sicherstellen, dass die Werft ihre immer größer werdenden Schiffe aus dem Binnenland an die Nordsee transportieren kann. "Das sind gut 60 Kilometer neue Hafenkajen ins Binnenland mit Anbindung an die tiefen, internationalen Wasserwege", freuen sich regionale Unternehmen. Sie wittern ein einzigartiges Industrieentwicklungsgebiet. Naturschützer sind entsetzt.

"Die Idee ist Wahnsinn. Unsere Arbeit vor Ort wird lächerlich gemacht", sagt Walter Bünker aus Weener. Elfi Oorlog ist Vorsitzende des Umweltschutzvereins "De Dykloopers": "Wir haben von der Kanalidee des WWF nichts gewusst, obwohl wir ständig mit BUND und WWF in Kontakt stehen." Ulrich Thüre vom Landesverband des NABU ist überrascht: "Der NABU lehnt den Kanal ab. Wir fordern weiter, die Meyer Werft muss ans tiefe Wasser an die Küste!"

Wut und Enttäuschung der Umweltschützer ist groß. Seit Jahren liefern sie Daten mit denen WWF und BUND hantieren. Sie haben seit fast 25 Jahren Verbandsfunktionären die Probleme der Ems, der Küste, des Wattenmeeres und der Nordsee erklärt. Alle sind sich einig, dass die Ems in den letzten Zügen liegt. Das ständige Schaben im Emsschlick hat den Fluss zu einer Dreckschleuder gemacht. Die anliegenden Kommunen können die Ausbaggerungen ihrer Hafenanlagen nicht mehr bezahlen. "Wir wollten die Ems schützten und Meyer nicht kaputt machen. Beides ließ sich auf dem Boden der heutigen Tatsachen nicht vereinbaren", erklärt Bea Claus vom WWF das Emsdrama, das schon seit 1994 besteht.

"Mit 7,30 Meter ist Ende der Fahnenstange. Wir bauen keine tiefer gehenden Schiffe mehr", hatte Bernhard Meyer von der Meyer Werft damals versprochen. Gegen den Willen der Aktivisten vor Ort zogen BUND und WWF daraufhin ihre Klage gegen die "finale" Vertiefung zurück. Im Gegenzug versprach die Landesregierung, einen zweistelligen Millionenbetrag in eine Zustiftung zur Renaturierung der Ems einzuzahlen. Erst seit 2003 sind Gelder in diesen Fonds geflossen. Auf ein schlüssiges Renaturierungskonzept konnte man sich bis heute aber nicht einigen. Dem Naturschutz gingen so Millionen aus dem Zinsertrag der Emsstiftung verloren.

Vorsitzender der Arbeitsgruppe von Verbänden, Land und Meyer Werft, die dieses Konzept erarbeiten soll, ist Alfred Schumm vom WWF. Gehässig wird der WWF "Wirtschaft- und Werft Freund" genannt, denn mit der Kanalidee wolle die Arbeitsgruppe den "Renaturierungsstau" wohl zerschlagen. "Meyer wird aus Papenburg nicht weggehen. Da haben wir einfach das Unmögliche gedacht und müssen jetzt prüfen ob ein Kanal sinnvoll umsetzbar ist", sagt ein Sprecher des WWF-Hamburg.

Ein kleines Problem haben WWF und BUND übersehen: Einen Kanal wird es, wenn überhaupt, erst in 10 oder 20 Jahren geben. Meyer wird aber schon in diesem Juni einen Emsstau für die Überführung eines Luxusliners benötigen. Ein längerer Sommerstau ist aber zurzeit illegal. Bislang waren für alle Naturschützer vor Ort BUND und WWF die Ansprechpartner, wenn es um Klagen gegen Vertiefungen und Stauungen ging. Würden BUND und WWF auch diesen Sommer einen Stau vor Gericht bringen? WWF-Sprecher Kampwirth: "Wir haben noch nichts entschieden." BUND-Chef Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler: "Wir müssen abwarten, unter welchen Bedingungen der Stau über die Bühne gehen soll." Für die BI "Rettet die Ems" ist klar: "Sollten die Verbände einer Klage ausweichen, gehen wir getrennte Wege." Sie wollen sich mit BUND und WWF zusammensetzen und sehen, was zu retten ist. Mit einem Kanal bräuchte die Ems keine Sanierungsgelder mehr. Ab Dörpen würde sie sich - ließe man sie fließen - mit der Zeit selbst sanieren. Ab Leer würde sie noch mehr belastet und als Kanal ausgebaut oder dauergestaut werden müssen, vermuten Experten.

Pressemitteilung BI "Rettet die Ems", 17. Januar 2009:

Treffen zwischen BUND/WWF und BI Rettet die Ems

Zum Thema "Kanal entlang der Ems"

Am Samstag, den 17.01.2009 trafen sich wie angekündigt die Vertreter der Umweltverbände WWF (Beatrice Claus) und BUND (Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler) mit den Vertretern der BI Rettet die Ems.

Die Vertreter der Umweltverbände erläuterten deren "Kanal-Idee" und waren keinesfalls glücklich mit dem Verlauf der öffentlichen Diskussion der vergangenen Tage. Alle Beteiligten waren sich darüber einig, dass eine Verlagerung der Werft an tiefes Wasser - auch im Hinblick auf Arbeitsplätze und Flexibilität der Werft - nach wie vor der sinnvollste Schritt ist.

Die Idee des Kanals ist eine "Notlösung", die seitens der Umweltverbände an mehrere Voraussetzungen gebunden ist: die Sommerstaurichtlinien müssten erhalten bleiben und eine weitere Einschränkung der Ems durch neue Baumaßnahmen darf nicht stattfinden. Ferner müsste für ein Kanalvorhaben auch eine Kosten/Nutzen-Rechnung erstellt werden. Im Ergebnis kann nur eine Verlagerung der Werft herauskommen. Weitere Subventionen durch den Steuerzahler sind nicht hinnehmbar.

Die Bürgerinitiative Rettet die Ems distanziert sich weiterhin von der Idee, einen Meyer Kanal quer durchs Land zu graben.

Am 10.02 wird in Leer, im Taraxacum eine gemeinsame öffentliche Veranstaltung mit den Umweltverbänden zu den Themen stattfinden.

Bürgerinitiative Interessengemeinschaft Ems

Emder Zeitung, 23. Dez. 2008:

Ehemaliger Hafenamts-Chef regt an: die Ems kanalisieren!

Von EZ-Redakteur AXEL MILKERT

Emden. Die Ems von der Knock bis Herbrum als Kanal - damit wäre ein Großteil der vielfältigen Probleme in und an der Ems gelöst. Dieser Ansicht ist der ehemalige Leiter des Niedersächsischen Hafenamtes in Emden, Gerd Frerichs. Deshalb hat er eine entsprechende Vision entwickelt.

Diese sieht grob gesagt vor: Der Geisedamm von der Knock bis Pogum wird als neue Deichlinie aufgebaut. Die Zufahrt zu den Emshäfen befände sich etwa in Höhe Knock, wo eine 500 Meter lange und 60 Meter breite Seeschleuse eingebaut würde. Der gesamte Bereich bis Herbrum wäre dadurch von der Tide abgekoppelt und zu einem Kanal umfunktioniert.

Ausgelöst wurden diese Überlegungen von den jüngsten Plänen für eine Schleuse im Emssperrwerk. Das Wasser- und Schifffahrtsamt hat dafür eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Frerichs ist fest davon überzeugt, dass damit eine zusätzliche Verschlickung des Emder Fahrwassers sowie der Liegewannen für die Schiffe an Emskai und Emspier verbunden sein wird. Seine Idee fußt also zunächst darauf, "die Zukunftsfähigkeit des Emder Hafens zu sichern". Zugleich würde eine Eindeichung die bestehende Baggerproblematik deutlich minimieren und Auswirkungen auf die Natur reduzieren, ist Frerichs überzeugt. Eine Schleuse im Sperrwerk setze "die neue Seeschleuse mit der verlegten Deichlinie voraus". [...]

Eine Kanalisierung der Ems würde seiner Auffassung nach all diese Schwierigkeiten aufheben. Obendrein könnten so die Baggermengen "in ganz erheblichem Maße reduziert werden". Damit einher ginge auch eine Renaturierung der Ems "mit positiven Auswirkungen auf den Naturschutz, die Fischerei und gegebenenfalls den Tourismus". Bestehende Deiche könnten auf den Status "Hochwasserschutz gegen Oberwasserzuflüsse der Ems" zurückgestuft werden.

Frerichs räumt ein, dass die Ems durch diese große Maßnahme zu einem reinen Süßwassergewässer würde und sich Flora und Fauna entsprechend verändern würden.

Was das Megaprojekt kosten würde, kann der Ex-Behördenchef nicht sagen. Entsprechende Berechnungen habe er nicht angestellt. Er verweist aber auf die seit Jahren anfallenden jährlichen Unterhaltungekosten, die größtenteils wegfallen würden, wäre die Ems ab der Knock ein kanalisierter Fluss.

Ostfriesland Kompakt, 1. Jahrgang-Nr. 18 08, Sonntag, 07. Dez. 2008:

Überführungskanal für Meyer-Schiffe?

Land Niedersachsen lässt prüfen - Idee aus 1930er Jahren

Von Holger Hartwig

Leer/Hannover - Der Blick auf den Kalender könnte den 1. April vermuten lassen. Doch hinter den behördlichen Kulissen wird seit etwa einem Vierteljahr eine neue Idee für die Zukunft der Ems diskutiert: Der Bau eines Überführungskanals für die auf der Meyer Werft gebauten Kreuzfahrtschiffe.

Nach OK-Informationen hat die Niedersächsische Staatskanzlei in Hannover dieWasser-und Schifffahrtsdirektion Nordwest in Aurich gebeten, erste Überlegungen für den Bau eines solchen Kanals von Papenburg in Richtung Nordseeküste anzustellen. Streckenverlauf und Länge sind dabei noch nicht im Detail festgezurrt worden. In der Überlegung ist als eine Option ein Kanal östlich der Ems durch Westoverledingen bis nach Leer.

Die Idee eines Kanals parallel zur Ems bis an die Küste ist nicht neu. Bereits in den 1930er Jahren wurde mit dem Bau zwischen Lingen und Meppen im südlichen Emsland begonnen. 1942 wurden die Arbeiten an dem im Volksmund als Adolf-Hitler-Kanal bezeichneten Projekt allerdings aus Kostengründen eingestellt. Teile der Trasse sind auch im nördlichen Emsland nahe der Meyer Wert zu finden ("Gesprengte Brücke"). Ein gutes Dutzend kleiner Wasserflächen dieses einstmals geplanten Kanals ist heute besonders unter Anglern beliebt.

Offiziell bestätigen will die aktuellen, millionenschweren Überlegungen weder die Staatskanzlei noch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion. Aus Hannover hieß es auf Anfrage lediglich, dass es regelmäßig Gespräche mit der Meyer Werft und den Umweltverbänden zur Situation an der Ems gebe. "Die Inhalte dieser Gespräche kommentieren wir nicht", so der Sprecher der Landesregierung.

Wie konkret sind die Überlegungen? Nach Recherchen unserer Zeitung handelt es sich um Arbeitsaufträge an die zuständigen Behörden im Status einer Vorplanung. Ziel: Untersuchen, was machbar ist und rechnen, in welchem finanziellen Rahmen sich der Bau eines solchen Ka- nals bewege könnte. Im Gespräch ist dem Vernehmen nach eine hohe dreistellige Millionensumme. Im Anschluss an diese Vorplanungen soll entschieden werden, ob eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben und eine Meldung des Vorhabens bei der zuständigen Bundesanstalt für Wasserbau (Karlsruhe) vorgenommen wird.

Die Überlegungen für den Überführungskanal stehen nach Recherchen unserer Zeitung im Zusammenhang mit der beantragten Aufhebung der Sommerstau-Restriktionen für die Ems. Bisher kann der Fluss von Mitte März bis Mitte September auf 1,75 Meter über Normalnull aufgestaut werden. Für die Überführung von jährlich drei Kreuzfahrtschiffen benötigt die Papenburger Werft die Genehmigung, auch im Sommerhalbjahr den Fluss auf 2,20 Meter aufzustauen. Auch die Meyer-Werft äußert sich zu den Kanalüberlegungen nicht. "Kein Kommentar", hieß es von Werftsprecher Peter Hackmann.

Ostfriesland Kompakt, Lokales 07. Dez. 2008:

Kellner: Chance, die Ems zu renaturieren

Kanalbau: Janssen-Kucz nennt Idee "unausgegoren" - Rutenberg: "Ein Aprilscherz zu Nikolaus"

Leer/Papenburg (trg) - Umweltschützer lehnen die Idee ab, Politiker äußern sich skeptisch bis vorsichtig zustimmend: Die Überlegungen der niedersächsischen Staatskanzlei, einen Kanal für die Schiffe der Meyer Werft von Papenburg in Richtung Nordseeküste zu bauen, rufen im Kreis Leer unterschiedliche Reaktionen hervor.

Der Leeraner Bürgermeister Wolfgang Kellner (parteilos) hält einen Kanalbau "im Prinzip durchaus für eine Lösung, allerdings nur langfristig". Zunächst gelte es, die Interessen von Naturschutz, Tourismus und Wirtschaft "unter einen Hut" zu bekommen. Hinsichtlich der Finanzierung müsse erst einmal eine Machbarkeitsstudie erstellt werden. Kellner verweist auf die Möglichkeit einer Förderung durch die EU, gleichsam würde sich der Millionenaufwand des Bundes für die Schlick-Baggerungen in der Ems minimieren. "Da muss man ausrechnen, was sich sparen lässt." Mit Blick auf den Naturschutz eröffne sich bei einem Kanalbau die Chance, den Fluss zu renaturieren.

Gedanklich geht der Bürgermeister dann noch einen Schritt weiter. Vielleicht lasse sich ein solcher Kanal auch mit einer künstlichen Wasserstraße zwischen Winschoten und Soltborg verbinden. Eine Vision, die nicht ganz neu sei - genau wie die Idee eines Kanals für die Kreuzfahrtschiffe der Meyer Werft.

"Unausgegoren" nennt auch Meta Janssen-Kucz die Idee. Der Bau eines Kanals wäre für die Vorsitzende der Grünen im Kreis Leer ein "Herumgedoktere" an den Problemen. "Es ist mehr als überfällig, einen Masterplan mit allen Beteiligten zu erstellen." Diese müssten gemeinsam herausarbeiten, welcher Weg der beste ist - sowohl für die Zukunftssicherung der Meyer Werft als auch für den Zustand der Ems. "Denn es wurden schon viele Steuergelder verschwendet, weil Projekte nicht zu Ende gedacht worden sind und negative Auswirkungen hatten", sagt die Politikerin.

Hajo Rutenberg, Sprecher der Bürgerinitiative "Rettet die Ems", lacht, als er auf die Kanalidee angesprochen wird. "Ich musste ich ersteinmal auf den Kalender schauen. Die Idee kam mir vor wie ein Aprilscherz zum Nikolaustag." Er bezeichnet die Kanalbau-Idee als "unausgegoren". Bei voraussichtlichen Kosten in dreistelliger Millionenhöhe stelle sich die Frage, wer ein Projekt dieser Art finanziere.

"Wenn die Werft einen Kanal gegraben haben will, soll sie ihn bezahlen", so Rutenberg. "Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler dafür herhalten muss, auch vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise." Zudem würde eine solche Maßnahme nach Ansicht des Weeneraners nicht zur ökologischen "Rettung der Ems" beitragen: "Mit dem Sperrwerk in Gandersum und dem Tidenstrom hätten wir immer noch die selben Gegebenheiten wie heute." Darüber hinaus, gibt Rutenberg zu bedenken, würde der Bau eines Kanals weitere Naturschutzgebiete beeinträchtigen.

 
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