Wattenrat

Ost-Friesland

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Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 320 (Oktober 2009)

Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Immer mehr Kitesurfer

Peterchens Irrfahrt im Weltnaturerbe

Die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven mit ihrem Leiter Peter Südbeck ist unter Druck: Das Umweltministerium in Hannover will den Nationalpark und das "Weltnaturerbe" Wattenmeer "erlebbar" machen, für noch mehr Tourismus. Innerhalb von wenigen Wochen häuften sich die Anträge verschiedener Kommunen auf Ausweisung von Flächen im Nationalpark für Kitesurfer, in den geschützten Zwischenzonen (Norddeich, Baltrum, Norderney, Wremen). Illegal wird in derzeit u.a. im Dollart, in Neuharlingersiel und in Dornumersiel in den Schutzzonen gesurft; eine Aufsicht durch Ranger gibt es nicht. Sechs Nationalparkwarte auf den Inseln sollen 2.800 qkm Nationalparkfläche überwachen, ohne Kompetenzen, ohne Boote.

Illegale Kitesurferausbildung im Rückseitenwatt von Norderney, (Riffgat). Diese Fläche in der Zwischenzone wurde inzwischen von der Stadt Norderney als Surffläche beantragt. Foto: © Voß/Wattenrat, 12.Juli 2009

Die Vögel des Wattenmeeres in ihren Brut- Rast- oder Nahrungsflächen reagieren sehr empfindlich auf Kiter mit ihren großen Zugsegel. Bei auflaufendem Wasser suchen die Vögel ihre Hochwasserfluchtplätze in den Salzwiesen oder auf Sandbänken auf. Dann kommen den Tieren aber die rasanten Surfer mit ihren großen Zugsegeln (Kites=Drachen) zu nahe. Die Schnelligkeit der Surfer mit den sich bewegenden Kites löst bei bestimmten Arten auf hunderte Meter Entfernung den Fluchtreflex aus. Die Kiter merken gar nicht, wenn z.B. ein Trupp unscheinbarer Alpenstrandläufer dicht über dem Wasser das Weite sucht, in ihren Schutzgebieten. Die Paragrafen 6 und 12 des Gesetzes verbieten eindeutig die Verwendung von Drachen in den Ruhe- und Zwischenzonen des Nationalparks. In den Erholungszonen, also den Strandbereichen, ist das erlaubt. Auch das Bundesnaturschutzgesetz verbietet die Störung von Vögeln an ihren Zufluchstätten, die gewerbliche Vertreibung kann als Straftat geahndet werden.

Unscheinbare Alpenstrandläufer (streng geschützte Art, unterhalb des Hinweisschildes auf die strengste Schutzzone=Ruhezone) werden von ihren Rastflächen vertrieben - Foto: © Voß/Wattenrat

Die Nationalparkverwaltung stützt die Genehmigung in den Schutzzonen des Nationalparks auf eine "Befreiung" nach § 17 des Nationalparkgesetzes; die darf aber nur erteilt werden, wenn es für den Antragsteller "zu einer nicht beabsichtigen Härte" führen würde, oder "überwiegende Gründe des Allgemeinwohls die Befreiung erfordern". Das trifft im Nationalpark für Kiter nicht zu, da in einem Nationalpark in der Abwägung bereits der Vorrang des Naturschutzes festgelegt wurde und es ausreichend Flächen in der Erholungszone zur Sportausübung gibt. Ergo ist auch die "Befreiung" rechtswidrig.

Nun muss Peter Südbeck als Leiter des Nationalparks auf Druck des Ministeriums handeln und sich dabei verbiegen, die Gesetzgebung spricht gegen seine "Befreiungen" für die Fun-Sportler, dennoch werden sie erteilt, das Nationalparkgesetz wird Makulatur. Um aus der Bredouille zu kommen, strapaziert die Nationalparkverwaltung neuerdings den §25 des Nationalparkgesetzes, völlig zeitgeitskonform: Danach kann mit dem Nationalpark auch die regionale Wirtschaft gefördert werden, aber nur "wenn es der Schutzzweck erlaubt". Aber die Wirtschaftsförderung mit Kitesurfern setzt nicht die gesetzlichen Vorgaben des Artenschutzes in einem EU-Vogelschutz- und FFH-Gebiet außer Kraft! Peter Südbeck in einem Artikel im Journal für Vogelbeobachter "Der Falke" 8/2009:

Ein intaktes Rastgebiet während der Hochwasserphase ist für die Zugvögel neben dem Nahrungserwerb also ein zweiter ganz wesentlicher Faktor, der das Überleben sichert.

[...]

Die Bestände dieser Arten zeichnen sich dadurch aus, dass der gleichzeitig in Niedersachsen anwesende Maximalbestand mehr als 10 % der gesamten biogeographischen Populationsgröße umfasst. Hieraus leitet sich eine immense Verantwortung Niedersachsens für den Erhalt vor allem auch dieser Arten ab.

[...]

Die kürzlich erfolgte Anerkennung durch die UNESCO zum Weltnaturerbegebiet unterstreicht nachdrücklich die Bedeutung des Wattenmeeres in seiner gesamten Ausdehnung, auch und vor allem für den Schutz der Zugvögel. Ohne Wattenmeer kein Ostatlantischer Zugweg, das Wattenmeer ist nicht ersetzbar!

Diese Irrfahrt des Nationalparkleiters provozierte den Widerspruch des Wattenrates; die "anerkannten" Naturschutzverbände wie BUND, NABU oder die Stiftung WWF haben sich bisher dazu nicht öffentlich aus ihren Geschäftsstellen zu Wort gemeldet. BUND oder NABU könnten gegen die "Befreiungen" in einem Widerspruchsverfahren von der gesetzlich zugelassenen Verbandsklage Gebrauch machen; das würde Rechtssicherheit schaffen. Nur diese Sprache wird noch im Umweltministerium verstanden! Der Wattenrat erläuterte seine Bedenken im Rundfunk, Fernsehen und in Zeitungen, da auch mit beigefügten Bildern von ge- und verstörten geschützten Vogelarten des Nationalparks, die von Kitern von ihren ebenfalls geschützten Rastflächen gescheucht wurden. Diese Arten sind in der Bevölkerung kaum bekannt: Alpenstrandläufer, Große Brachvögel, Austernfischer, Ringelgänse, Pfeifenten oder Brandenten halten sich derzeit zwar zu abertausenden im Watt auf, sind aber dennoch überwiegend völlig unbekannte Wesen. Den Vogel der Regelverletzungen schoss der Betreiber der Surfschule in Upleward im Landkreis Aurich ab; auf Antrag der Gemeinde Krummhörn wies die Nationalparkverwaltung eine Fläche in der Zwischenzone aus, auf der der Betreiber Volker Wicht nun gewerblich einen Surfschulbetrieb betreiben kann, zu Lasten der Vögel. Die angrenzende Ruhezone ist nur 150m von der Bojenbegrenzung der Kitesurfer entfernt, eine Sandbank in der Ruhezone, von Wat- und Wasservögeln als Brut-oder Rastplatz genutzt, nur 650 m. Eilert Voß, ein in der Region nicht unbekannter Naturfotograf und seit mehr als 30 Jahren ehrenamtlicher Datenerfasser für die Staatliche Vogelschutzwarte, fotografierte am 03. Oktober 2009 bei starkem Wind und Hochwasser den Surfbetrieb: Alle Surfer hielten sich zwar in der mit Bojen markierten Fläche auf, aber dennoch wurden (fast) alle Wat- und Wasservögel aus dem nördlichen Bereich der strengsten Schutzzone von ihren Hochwasserrastplätzen vertrieben, nur die Möwen störte das kaum. Die Vögel reagieren vor allem auf die sich bewegenden Drachen, wenn sie von unten plötzlich hochgezogen werden.

Einige Bilder und ein Kommentar wurden am nächsten Tag vom Wattenrat an die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven geschickt, eine Antwort liegt bis heute noch nicht vor. Aber Herrn Wicht liegen das Wattenrat-Schreiben und genau die Bilder, die nur an die Nationalparkverwaltung geschickt wurden, vor. Wicht veröffentlichte davon ein Bild ohne Genehmigung des Bildautors Voß auf seiner Webseite und malte darin herum. Er ist überzeugt, dass das Bild "gefaked", also gefälscht ist. Einen Beweis konnte er nicht liefern. Eilert Voß fertigte eine Serie von 88 Fotos an, die den Störeffekt durch Kiter auf die Rastvögel deutlich macht.

Kiter Upleward, 3.10.2009,12:52:04; Foto: © Voß/Wattenrat
Brand- Stock- und Pfeifenten verlassen panikartig die Muschelbank in Campen, Ruhezone im Nationalpark Wattenmeer. Deutlich sieht man eine Boje als Grenzmarkierung für die Kiter (vorne links - hier in der verkleinerten Webversion kenntlich gemacht durch den roten Pfeil). Dieses Bild soll laut Herrn Wicht "gefaked" sein. Der Wattenrat würde niemals mit manipulierten Bilddateien argumentieren.

Auf die mehrfache Aufforderung, dies zu unterlassen, die unter Urheberrechtsverletzung eingestellten Bilder und eine private eMail-Adresse sowie Telefonnumer von seiner Webseite zu entfernen, reagierte Herr Wicht zunächst nicht, er formulierte stattdessen seinen Vorwurf der Fälschung in eine Frage um. Wirkung zeigte Herrn Wichts Web-Veröffentlichung bereits: Es gab Drohanrufe und Hatemails, von diesmal tatsächlich "gefakten" Absenderadressen. In den einschlägigen Surfer-Foren wie surfandkite.de oder oase.com ließen sich viele Surfer mit ihren "Argumenten" gegen den Wattenrat und den Koordinator Manfred Knake aus. Am 13.Okt. 2009 nahm Volker Wicht, Betreiber der genannten Surfschule in Upleward/LK Aurich, alle Anschuldigungen gegen den Wattenrat Ost-Friesland fristgerecht wie aufgefordert von seiner WebSeite. Er hätte anderenfalls mit einer kostenpflichtigen Unterlassungsaufforderung rechnen müssen.

Nun soll ein Gutachten die Unbedenklichkeit der Surfer für die Vögel in Upleward beweisen: Die Gemeinde beaufragte ausgerechnet den ex NABU-Mitarbeiter Matthias Bergmann, der bis Anfang 2008 der Regionalgeschäftsführer des NABU-Ostfriesland war. Bergmann wurde im April 2009 vom Schöffengericht in Leer zu 3000 Euro Geldbuße im Zusammenhang mit den schlecht gepflegten und schließlich verendeten 16 Heckrindern des Woldenhofes, den der NABU betreibt, verurteilt und hatte eine persönliche Verantwortung stets betritten. Er wurde vom NABU entlassen. Er soll sich "dem Vernehmen" nach schon dahingehend geäußert haben, dass Kiter keine Vögel stören. Das Ergebnis dieses Gutachtens ist also vorhersehbar und wird sicherlich triumphierend von der Gemeinde und der Nationalparkverwaltung präsentiert werden, um dann noch mehr Flächen für Kiter im Großschutzgebiet und "Welterbe" auszuweisen. Jeder, der Vögel des Wattenmeeres beobachtet, kann die Störungen der Tiere selber sehen, ganz ohne Gutachten. Wäre es der Nationalparkverwaltung tatsächlich ernst mit einem geordneten Genehmigungsverfahren gewesen, hätte man eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach §34 des Bundesnaturschutzgesetzes VOR der Genehmigung durchführen müssen, das unterblieb. Auch hier: Freistil einer Naturschutzverwaltung. Die einfache Bedienung einer Suchmaschine bringt es aber bereits an den Tag: Kiter stören Vögel, nicht nur im Wattenmeer. Man könnte auch gutachterlich aufwändig feststellen lassen, was mit einer Sektflasche geschieht, die aus zwei Meter Höhe auf einen Betonfußboden fällt; das Ergebnis ist auch ohne Gutachten klar.

Foto: © Voß/Wattenrat

Aber nicht nur der Wattenrat äußerte sich ablehnend zu den Anträgen und Genehmigungen. Völlig unerwartet meldete sich der Landkreis Aurich als Untere Naturschutzbehörde mit seinem stellvertretenden Landrat Puchert öffentlich zu Wort und argumentierte ebenfalls mit naturschutzfachlicheh Gründen gegen den Kiterstandort in Uplward und den die zu erwartenden weiteren Genehmigungen in den Schutzzonen im Landkreis Aurich. Kurz darauf besuchte die SPD-Kreistagsfraktion Aurich die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven und erklärte zusammen mit dem Landrat Theuerkauf (SPD), dass man die Kiterfläche in Upleward für "unbedenklich" halte. Theuerkauf ist, man höre und staune, Vorsitzender des Nationalparkbeirates. Er ist mitverantwortlich für die Demontage des Nationalparks (siehe auf unseren Seiten vom Juni 2009: "Noch ein Etikett: UNESCO-Weltnaturerbe für das Wattenmeer") durch die Gesetzesnovellierung 2001, in der fast 90 wertvolle Naturschutzflächen aus dem Natinalpark herausgenommen oder herabgestuft und der Tourismusnutzung zugeführt wurden. Der Landrat fiel also seinem eigenen Vize öffentlich ins Kreuz, die feine SPD-Art eben. Es geht um die politisch gewollte Förderung des Tourismus im "Welterbe" Wattenmeer, in geschützten Flächen. Da hat das Kiten im Schutzgebiet einen höheren Stellenwert als der gesetzliche Naturschutz.

Darüber berichtete die OZ verkürzt und unrichtig; der OZ-Redakteur versucht das Problem auf die Kiter und den Wattenrat mit der Person Manfred Knake zu reduzieren und zu polarisieren, eine Hintergrundberichterstattung fand gar nicht statt. Eine Richtigstellung durch den Redakteur erfolgte nicht, eine anschließende Gegendarstellung wurde gedruckt. Andere Zeitungen von außerhalb der Region berichteten wesentlich sachlicher.

#edit - 05. November 2009:

Volker Wicht, Betreiber der Kiteschule in Upleward, hatte die vom Wattenrat beanstandete WebSeite mit der falschen Tatsachenbehauptung eines "gefakten" Bildes (Störung von Rastvögeln durch Kiter) unter rechtswidriger Verwendung eines urheberrechtliche geschützten Bildes zwar fristgerecht entfernt, die identische Seite aber an anderer Stelle seiner Internetpräsenz Ende Oktober erneut veröffentlicht (nicht im Cache einer Suchmaschine!). Daraufhin wurde er von einem Anwalt kostenpflichtig abgemahnt. Wicht unterzeichnete am 04.November 2009 eine anwaltliche Unterlassungserklärung und verpflichtete sich, nicht mehr zu behaupten, der Wattenrat habe ein "gefaktes" Foto an die Nationalparkverwaltung geschickt. Damit ist der Fälschungsvorwurf vom Tisch. Eilert Voß vom Wattenrat hatte eine Serie von 88 Bildern von der Muschelbank in Campen bei Upleward/LK Aurich angefertigt, auf denen eindeutig die Störung von Rastvögeln in der nur 150 Meter entfernten Ruhezone des Nationalparks durch Kiter in der ausgewiesenen angrenzenden Zwischenzone zu sehen sind.

#edit - 06. November 2009:

Beim heutigen Termin am Deich in Upleward mit einem Pressevertreter von dpa "durften" Mitglieder des Wattenrates den vielgelobten Ausgleich zwischen Tourismus und Naturschutz made by Südbeck/Theuerkauf erleben:

Knapp daneben ist auch vorbei - die für Kiter erlaubte Zone beginnt hinter der roten Boje Foto: © Voß/Wattenrat

Zerstörter Zaun als nicht mehr wirksame Abgrenzung zur Ruhezone Foto: © Knake/Wattenrat

Wir zitieren eine kleine Auswahl themenbezogener Artikel aus den Zeitungen:

Ostfriesen Zeitung, Teil Emden/Krummhörn, S.21, 20.Okt.2009:

Gegendarstellung

"Kein gehässiger Mailaustausch"

"In seinem Artikel "SPD: Kitesurfen ist möglich" in der Ostfriesen- Zeitung vom 16. Oktober 2009 schreibt der Redakteur Heiner Schröder wörtlich über den Wattenrat, dessen Arbeit ich koordiniere: "Ärger gibt es mittlerweile zwischen dem Naturschutzverein Wattenrat und der Kitesurfschule in Upleward. Beide Seiten schickten sich zuletzt teilweise gehässige EMails." Dies ist unrichtig. Richtig ist, dass der Wattenrat dem Betreiber der Surfschule Upleward, Volker Wicht, nie eine "gehässige E-Mail" geschickt hat. Er wurde aber mit einer Fristsetzung unter Androhung von Rechtsmitteln schriftlich aufgefordert, den Vorwurf der Fälschung von Fotos, die Veröffentlichung eines urheberrechtlich geschützten und eigenmächtig veränderten Fotos und die Veröffentlichung von privaten Daten zu unterlassen und von der Webseite zu entfernen. Dem kam Herr Wicht fristgerecht nach. Herr Wicht hat uns nie eine E-Mail geschrieben, einen "gehässigen" Mailaustausch gab es also nicht."

Manfred Knake
Wattenrat

Weser-Kurier, Bremen, online und Print, 01. Okt. 2009:

Grabenkrieg am Wattenmeer

Kitesurfer, Naturschützer und Behörden streiten über die Nutzung der Nordseeküste

Von Justus Randt, Wilhelmshaven.

[...]

Der Wattenrat Ostfriesland protestiert. Die Naturschützer sprechen von "verbogenem Recht". Die Genehmigung weiterer Kitesurf-Gebiete geschieht auf Antrag der Kommunen durch die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven. Aktuell ist die Ausweisung von Flächen vor Norddeich, den Inseln Baltrum und Norderney (Kreis Aurich) und Wremen (Kreis Cuxhaven) beantragt. Wattenratsprecher Manfred Knake geht davon aus, dass sich Nationalparkleiter Peter Südbeck "derzeit ohne ausreichende Rechtsgrundlage" ein ums andere Mal "dem Druck der Freizeitlobby beugen" werde. Wie im friesischen Hooksiel. Und wie in Upleward im Kreis Aurich, wo im Mai an einer Muschelschillbank ein weiteres Kitesurf-Revier genehmigt wurde.

[...]

Nationalparkverwaltung setzt auf Kompromiss

Theodor Schröder, Justitiar der Nationalparkverwaltung, räumt ein, dass von einem "grundsätzlichen Verbot" auszugehen sei. Schließlich sei auch das Drachensteigenlassen in Ruhe- und Zwischenzonen untersagt. "Auf dieser Basis haben wir gesagt: Es kann nicht sein, dass Kindern, die dagegen verstoßen, ordnungswidriges Verhalten vorgeworfen wird" - während mit hoher Geschwindigkeit fahrende Kitesurfer unbehelligt blieben. Die Kontrolle ist ein Problem.

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Dennoch setzt die Nationalparkverwaltung auf einen "Kompromiss": Die Ausweisung von Kite-Revieren sei grundsätzlich eine Ausnahme - wird bisher aber regelmäßig betrieben. "Vorausgesetzt, sie bedeutet keine Beeinträchtigung", sagt Schröder. "Damit versuchen wir die Kanalisierung in weniger oder unsensible Bereiche. Das ist ein schwieriger Prozess, der aber dieses Jahr Erfolge gezeigt hat: Die Surfer ziehen mit."

[...]

Der Auricher Erste Kreisrat Frank Puchert ist verärgert über das Kitesurf-Areal bei Upleward: "Uns ist nicht begreiflich, warum es dort eine Genehmigung des Antrags der Gemeinde Krummhörn gegeben hat. Das ist nur 600 Meter von der Schillbank entfernt, dort rasten bedrohte Vogelarten", sagt er.

[...]

Theodor Schröder argumentiert anders: "Als Nationalparkverwaltung haben wir zum Beispiel auch die Aufgabe, die regionale Wirtschaft zu fördern, wenn es nicht den Bestimmungen zuwiderläuft." Damit sei man "fast gezwungen" gewesen, die Ausnahmegenehmigung zu erteilen - um nicht die Küstengemeinden gegen sich aufzubringen, die Interesse an Sporttouristen haben. "Einerseits wächst der Druck auf diese Gebiete", weiß Schröder, "andererseits ist es doch so: Je weniger die Leute reinkönnen, desto weniger können sie auch die Schutzbedürftigkeit der Bereiche nachvollziehen.

[...]

Unterdessen hat gestern die Uplewarder Kitesurf-Schule ihren für das Wochenende angekündigten Wettbewerb mit Saisonabschlussfeier abgesagt. "Wir möchten diesen konservativen und engstirnigen Menschen keine Angriffsfläche bieten", teilte der Betreiber mit.

Foto: © Voß/Wattenrat

Ostfriesischer Kurier, Norden, S.27, 24.September 2009:

Nationalparkverwaltung in der Kritik

Kitesurfen Landkreis Aurich sieht eine Vernachlässigung von Naturschutzbelangen

Der Trendsport führe zu ganz erheblichen Störungen im Wattenmeer, so die Bedenken.

AURICH/MG-Durch die Genehmigung des Kite-Surfens im Watt bei Upleward werde deutlich, dass Naturschutzbelange bei der Niedersächsischen Nationalparkverwaltung zunehmend in den Hintergrund geraten. Diese Kritik habender Auricher Kreisrat Frank Puchert und Eberhard Giese vom Amt für Bauordnung, Planung und Naturschutz geübt. Beide sprachen von einer bedenklichen Entwicklung, die ihre "Entsprechung im Umweltministerium finde", sagte Puchert gestern in Aurich.

"Wenn man in so einen sensiblen Bereich reingeht, wird eine Grundauffassung deutlich", meinte der Kreisrat vor dem Hintergrund weiterer Vorstöße. Fünf potenzielle Kite-Zonen befinden sich derzeit im Genehmigungsverfahren, davon zwei bei Norderney. So will eine Surfschule im Watt beider Hohen Plate Schulungen anbieten, was der Landkreis kritisch sieht. Für Norddeich und Baltrum liegen ebenfalls Anträge bei der Nationalparkverwaltung vor.

[...]

Im Falle Upleward hätten sich die Landkreisvertreter mehr "Detailliertheit und Mühe" von der Nationalparkverwaltung gewünscht.

Wenn das Führen von Hunden am Deich verboten werde, das Kite-Surfen aber erlaubt ist, sei dies - trotz unterschiedlicher Verantwortlichkeiten - nach außen hin nur schlecht zu vermitteln. Dann gerate auch der Landkreis gegenüber der Öffentlichkeit immer wieder in Zugzwang, obwohl er gar nicht zuständig sei.

Seit diesem Sommer steht den Kite-Surfern eine begrenzte Fläche in der Nationalpark-Zwischenzone bei Upleward zur Verfügung. Die Gemeinde Krummhörn hatte diese Nutzung beantragt und die Nationalparkverwaltung gab grünes Licht - zunächst nur zeitlich befristet bis zum Jahresende 2010. In dieser Zeit sollen die Einflüsse auf die Tier- und Pflanzenwelt untersucht werden. "Art und Umfang dieser Untersuchung" müssten allerdings erst noch abgestimmt werden, heißt es in der Genehmigung, aus der Puchert gestern zitierte. Dass diese Festlegung nicht bereits im Vorfeld geschehen ist, macht den Kreisrat fassungslos.

[...]

Der Landkreis Aurich hatte als Untere Naturschutzbehörde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu Upleward eindeutig Nein gesagt: "Wir haben ganz erhebliche Bedenken", sagte Puchert gestern. Hauptgrund ist eine nur wenige Hundert Meter entfernte Schillbank. Dort haben sich auf einer großen Fläche Muschelsschalen abgelagert, auf denen Rastvögel selbst bei Hochwasser nisten können. Es handele sich um einen einmaligen Lebensraum. Da die Schillbank in nördlicher Richtung einen "kleinen Ableger" gebildet hat, der ebenfalls als Nistplatz genutzt wird, seien die Abstände zur Kite-Fläche auf jeden Fall zu gering, um Störungen der Vögel auszu schließen, machte Giese deutlich. Die extrem windabhängigen Sportgeräte seien "nicht hundertprozentig zu kontrollieren" und rasend schnelle "Spielbälle der Elemente". Dies könne nicht nur zu Unfällen und Schäden an der Natur führen, sondern löse auch ein extremes Fluchtverhalten bei den Vögeln aus. Die Störwirkung sei deutlich höher als bei normalen Surfern.

Auf die Auswirkungen von Störungen der hatte ausgerechnet der Leiter der Nationalparkverwaltung, Peter Südbeck, selber noch im August dieses Jahres in der Zeitschrift "Der Falke - Journal für Vogelbeobachter" hingewiesen. Dass gerade Südbeck nun die Öffnung für Kite-Surfer genehmige, passe schlecht zu seinen Äußerungen, bemängelte Giese.

Südbeck beuge sich dem "Druck der Freizeitlobby" hatte auch der Wattenrat Ost-Friesland kritisiert. Dessen Sprecher Manfred Knake erneuerte gestern seine Kritik. Er warf dem Leiter vor, die Genehmigungen ohne ausreichende Rechtsgrundlage zu erteilen. liegen ebenfalls Anträge bei der Nationalparkverwaltung vor.

Ostfriesen Zeitung, online, 24. Sept. 2009:

Aurich

Kitesurfen neben rastenden Zugvögeln

Von Monika Bogena, 24. September 2009

Der Landkreis Aurich als Naturschutzbehörde ärgert sich über die Genehmigung der Nationalparkverwaltung für die Freizeitsportler. Seine Stellungnahme wurde im Verfahren überhaupt nicht berücksichtigt.

Aurich - Beim Landkreis Aurich wundert man sich nicht nur, man ärgert sich auch maßlos über eine Entscheidung der Nationalparkverwaltung. Es geht um die Genehmigung für das Kitesurfen vor Upleward. An der Küste träfen viele Nutzungsinteressen aufeinander, so Kreisrat Frank Puchert, für die Kompromisslösungen getroffen werden müssten. In diesem Fall sei jedoch für ihn völlig unverständlich komplett gegen den Naturschutz und zugunsten einer Extremsportart entschieden worden.

Die Gemeinde Krummhörn hatte den Antrag auf Nutzung des Küstenstreifens vor Campingplatz und Badezone für Kitesurfer gestellt. Der Landkreis musste im Verfahren dazu eine Stellungnahme abgeben. "Die ist nicht berücksichtigt worden", so Puchert. Auf der einen Seite dürfe man im Sommer nicht mit Hund an der Leine auf dem Deich spazieren, aber hier sei Extremsport neben rastenden Zugvögeln möglich.

Foto: © Voß/Wattenrat

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, S.9, 08.10.2009:

"Kitesurfer verscheuchen Zugvögel"

Wattenrat kritisiert Nationalparkverwaltung: Geschenke für Fun-Sportler

OSTFRIESLAND/FRIESLAND NC -Alljährlich nutzen Millionen von Zugvögeln das Wattenmeer als Zwischenstopp auf ihrer langen Reise zwischen Brut- und Überwinterungs­gebieten. Mit den ersten Zugvogeltagen will die National­parkverwaltung in Wilhelmshaven das faszinierende Naturschauspiel der Öffentlichkeit nahebringen und aufzeigen, warum es wichtig ist, dass das Wattenmeer als Lebensraum für Zugvögel intakt bleibt. Sie startet daher, wie berichtet, am Sonnabend die ersten Vogelzugtage. Anlass für den Wattenrat Ost-Friesland, heftige Kritik an der Nationalparkverwaltung, aber auch an den Naturschutzverbänden NABU und BUND zu üben.

"Eigentlich eine gute Idee, der interessierten Bevölkerung das Schauspiel des jährlichen Vogelzuges im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer durch fachkundige Führungen oder Vorträge nahezubringen - wenn da nicht die Nationalparkverwaltung wäre, die genau das Gegenteil von dem macht, was sie in der Öffentlichkeit propagiert", ärgert sich Wattenrat-Sprecher Manfred Knake in einer Pressemitteilung. Denn Kitesurfer dürften sich über ganz besondere Geschenke der Nationalparkverwaltung freuen. Für sie seien eigentlich geschützte Zwischenzonen des Nationalparks auf einer nicht ausreichenden Rechtsgrundlage geöffnet und damit die Zugvögel an ihren Rückzugsgebieten vertrieben worden.

Das bekannteste Beispiel sei die Muschelschillbank in Campen (Kreis Aurich), ein bekannter Hochwasserrastplatz für Wat- und Wasservögel und strengste Schutzzone. Im unmittelbar benachbarten Upleward dürften nun Kitesurfer mit Genehmigung der Nationalparkverwaltung ihre Fun-Sportart ausüben, auf einer markierten Wasserfläche direkt nördlich der Muschelschillbank. Das Ergebnis habe der Wattenrat bereits dokumentiert: "Ein großer Teil der Muschelschillbank steht den Vögeln als Rastfläche durch die ständigen Störungen der Kitesurfer nicht mehr zur Verfügung, die Tiere werden von ihren Zufluchtsstätten vertrieben", so Knake.

[...]

Manfred Knake bissig: "Und nicht nur in Upleward werden Zugvögel gestört. Auch in Norddeich, auf Baltrum oder Norderney dürfen bald Zugvögel durch Kiter in den Zwischenzonen verscheucht werden. Das ist zwar nach dem Nationalpark- und Bundesnaturschutzgesetz verboten, aber Nationalparkleiter Peter Südbeck hats erlaubt. Mit Zugvogeltagen bekommt er eine gute Presse - mit behördlicher Genehmigung verscheuchte Zugvögel passen da weniger ins inszenierte positive Nationalparkbild."

 
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