Wattenrat

Ost-Friesland

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Verölte Gänse an der Ems

Pressemitteilung  27. Dezember 2005  Nr. 13/2005

Dem Wattenrat Ost-Friesland liegen Berichte über verölte Gänse an der Ems vor

[Wie die Emder Zeitung diese Pressemitteilung verwurstete und ein Brief an die Redaktion weiter unten]

In der letzten Woche wurden bei Zählungen im Bereich Memgaste, Middelsterborg, Hatzum und Nenndorp ca. 100 verölte und zum Teil flugbehinderte Bless- und Graugänse gesehen.

Die normalerweise grau gefärbten Tiere sind von geübten Beobachtern mit Ferngläsern als verölt zu erkennen. Die hellen Unterseiten sind dann ebenfalls dunkel und mit Öl verklebt, so dass der Vogel insgesamt sehr schwarz wirkt und das Gefieder deutlich "zerzaust" aussieht. Öl verklebt das Gefieder der Vögel. Daher kann das kalte Wasser und der winterliche Wind das normalerweise dichte wärmende Federkleid durchdringen. Gerade bei den derzeit kalten Temperaturen müssen die Vögel so erfrieren. Nicht derart stark verölte Vögel nehmen die Ölreste bei der Gefiederpflege auf und gehen an dem verschluckten Öl qualvoll zugrunde. Da bereits in der Vorwoche eine geringere Zahl verölter Vögel beobachtet wurde, sehen Vogelkundler die Quelle der Verschmutzung im Bereich der Ems. Auf dem Wasser der Ems ist derzeit kein Öl zu entdecken.

Der Wattenrat geht daher davon aus, dass sich Ölreste aus der Havarie des Binnenschiffes "Eberswalde" im November in die Schilfgebiete der Ems verteilt haben, in denen die Gänse ihre Schlaf-, Trink- und Badeplätze haben. Nach dem Wattenrat vorliegenden Informationen trat aus dem havarierten Schiff ca. 1 Woche lang ungehindert Treibstoff aus, bevor die Lüftungsschächte von Tauchern abgedichtet wurden.

Da die Uferbereiche der Ems bereits als EU-Vogelschutzgebiet gemeldet sind und der Wasserkörper der Ems zusätzlich als Flora-Fauna-Habitatgebiet gemeldet werden soll, fordert der Wattenrat dringend Aufklärung und eine sofortige Suche nach den Ölresten sowie deren rückstandsfreie Entfernung. Gleichzeitig kritisiert der Wattenrat das offenbare Fehlen eines Problembewußtseins für Ölverschmutzungen sowie eines wirkungsvollen Notfallmanagements seitens der zuständigen Behörden. So muss für die Zukunft eine wesentlich zügigere Abdichtung von Leckstellen innerhalb weniger Stunden und eine zeitnahe Bergung von havarierten Schiffen garantiert werden können.

Auch die "Emder Zeitung" bekam diese Pressemitteilung, und machte das Folgende daraus, wir zitieren:

Emder Zeitung, 28. Dez. 2005:

Keine verölten Gänse an Ems gefunden

Ostfriesland. Als Folge der Havarie der "Eberswalde" im November vor Ditzum (wir berichteten) sollen nach Angaben des Wattenrat Ostfriesland im Bereich Memgaste, Middelsterborg, Hatzum und Nendorp etwa 100 verölte Bless- und Graugänse gesehen worden sein. Dies konnte die zuständige Wasserschutzpolizei nach mehreren Einsätzen vor Ort nicht bestätigen. Befragte Schiffsführer sagten übereinstimmend:" Öl treibt auf der gesamten Ems nicht." Das teilte ein Beamter auf Anfrage der Emder Zeitung mit.

Emder Zeitung, 30. 12. 2005:

Kein Öl und keine verölten Vögel gesehen

FDP- Fraktionsvorsitzender Erich Bolinius bekräftigt nach Gesprächen mit Vertrauensleuten die Angaben der Wasserschutzpolizei , dass nach der Havarie der "Eberswalde" kein Öl in die Ems ausgelaufen ist. Auch seien keine verölten Vögel gesehen worden. Dies hatte der Wattenrat Ost- Friesland behauptet (wir berichteten ).

Brief an die EZ:

An die Redaktion der Emder Zeitung

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Berichterstattung zu den verölten Bless- und Graugänsen entwickelt langsam zur Provinzposse. Offensichtlich verstehen Sie die Kunst, mit Verkürzungen und Textauswahl Geschehnisse genau ins Gegenteil zu verkehren und den Wattenrat damit in die Nähe von Märchenerzählern zu rücken. Es wird Ihnen nicht gelingen.

Nicht nur, dass Sie unserer Pressemitteilung vom 27. Dez. 2005 unzulässig verkürzt und ins Gegenteil verkehrt haben, fahren Sie nun auch noch den ausgewiesenen Fachmann für alles und jenes an der Ems, den Emder Ratsherrn Erich Bolinius (FDP), als Zeugen der Unbedenklichkeit auf. Er führt auf seiner Webseite Gespräche (Wattenrat: Ölverschmutzte Gänse! Beobachter vor Ort sagen etwas anderes) mit einen Jäger an, der ab und zu mit einem Boot des Wasser- und Schifffahrsamtes die Ems abfährt, als Gewährsmann an, wahrlich überzeugend.

Ich hätte es für überzeugender gefunden, wenn Sie oder Herr Bolinius mit uns Kontakt aufgenommen hätten, dann hätten Sie ggf. weitere Details wie z.B. die abgelesenen Ringkombinationen an zwei Gänsen erhalten.

Es spricht für die Qualität des Datenerfassers und seines optischen Gerätes, der aus tausenden von Gänsen an der Ems ca. hundert verölte an bestimmten Plätzen ausmachen konnte. Zudem verteilen sich die Gänse in diesem Gebiet wieder sehr schnell, so dass man nicht "mal eben so" im Vorbeifahren verölte Gänse beobachten kann. Diese Akribie erwarte ich weder von Herrn Bolinius noch von der Wasserschutzpolizei.

Sie können davon ausgehen, dass wir genau recherchieren, unsere Quellen auf Seriösität überprüfen, bevor wir damit an die Öffentlichkeit gehen. Das kann ich von Ihnen als Berufs- Schreibern ebenfalls erwarten. Immerhin gilt für Sie der Pressekodex des Deutschen Presserates, den ich hier nicht näher erläutern muss; ich rege aber an, sich diesen wieder einmal bei Gelegenheit als hilfreiche Verpflichtung durchzulesen.

Das Binnenschiff "Eberswalde", das fast vor der Haustür des rührigen Herrn Bolinius nach einer Kollision am 29. Nov. mit einem Dalben leckgeschlagen und gesunken ist, wurde erst am 04. Dez. für die Bergung vorbereitet, dann erst wurde es abgedichtet. Nach zwei weiteren Wochen wurde das Schiff gehoben und nach Leer geschleppt.

Sie waren es selbst, die über einen Ölaustritt aus dem Wrack berichteten. Am 13.12.05 berichtete die EZ: "...Taucher hatten in der vergangenen Woche Lüftungsrohre abgedichtet, aus denen eine geringe Menge Diesel ausgetreten war." Wie "gering" die Menge an ausgelaufenem Treibstoff nach einer Woche ungehinderten Austritts war, kann ich nicht beurteilen. Immerhin hatte das Schiff nach anderen Pressemeldungen mindestens 5000 Liter gebunkert.

Das hat Herr Bolinius, der sonst jeden Setzriss im Ems-Stauwerk beäugt und öffentlich kommentiert, offensichtlich übersehen. Ich bin sicher, dass es auch Leserinnen und Leser Ihrer Zeitung gibt, die sich durchaus noch an diese nur zwei Wochen alte Meldung erinnern; es wäre für Sie ein Leichtes gewesen, diesen deutlichen Ölaustritt im möglichen und naheliegenden Zusammenhang mit den verölten Gänsen erneut zu erwähnen.

Offensichtlich fühlt sich Herr Bolinius bemüßigt, jede Pressemitteilung des Wattenrates in seinem politischen Dunst- und Residenzbereich zu kommentieren und ins Gegenteil zu verkehren, weil wir in seinem vermeintlichen Revier gepinkelt haben. Das war bei den Vorgängen bei der Nutzung des Naturschutz- und EU-Vogelschutzgebietes Petkumer Deichvorland für den Tourismus, die Herr Bolinius mit seinem Parteifreund Umweltminister Sander in diesem Schutzgebiet vorangetrieben hat, schon genau so. Und auch da haben Sie überwiegend unkritisch die offiziellen Positionen vertreten, ohne von unserem Angebot Gebrauch zu machen, Bild- und Untersuchungsmaterial des Wattenrates zu verwenden.

Sie bilden in Ihrem Blatt eine Wirklichkeit ab, die sich an Interessengruppen orientiert, nicht aber an der Realität.

Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Mit durchaus verärgerten Grüßen
Manfred Knake

 
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