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Ost-Friesland

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Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 88 (März 2007)

IHK und Windkraftzahlen

Schön gerechnet

Das ist in der Tat der Gipfel: Die "Industrie und Handelskammer" für Ostfriesland und Papenburg rechnet uns die Windkraft als "erfülltes wesentliches Ziel" des EU-Klimagipfels vor: 74 Prozent soll der "Anteil" der Windenergie zur Stromerzeugung in Ostfriesland betragen haben. Stimmt das?

Man kann das ziemlich einfach nachrechen:
Im Zähler steht die erzeugte erzeugte eingespeiste Leistung aller Windkraftanlagen, die Arbeitsleistung. Im Nenner stehen die gesamte installierte Nennleistung der Windkraftanlagen (das, was auf der Anlage draufsteht) mal Jahresstunden, also das, was die Anlage theoretisch leisten könnte, wenn der Wind mit einer bestimmten Geschwindigkeit kontinuierlich über das ganze Jahr (8760 Stunden) wehen würde. Das ganze mal hundert ergibt die Auslastung, also über wie viele Stunden die Windkraft über das Jahr verteilt ihre Arbeitsleistung ins Netz eingespeist hat:

Formelgrafik

Heraus kommen da nicht mehr als 21,184 Prozent Auslastung der Anlagen, gemessen an theoretisch möglichen 8760 Jahrestunden.

D.h. alle Anlagen haben ihre Arbeitsleistung verteilt über 1855,72 Stunden des Jahres völlig unregelmäßig ins Netz eingespeist. An den restlichen 6904,26 Stunden Stunden des Jahres (78,816 %) kam aber dennoch Strom aus der Steckdose, und zwar verlässlich "on demand". Wo kam der her? Aus Wärmekraftwerken, die zudem ständig als sog. "Schattenkraftwerke" zusätzlich zur sicheren Stromversorgung Regelenergie für den ständig schwankenden Windstrom zur Aufrechterhaltung der Netzspannung zur Verfügung stellen müssen. Das kostet zusätzlich Kohle oder Gas und erzeugt zusätzlichen C02-Ausstoß und Wasserdampf der Kraftwerkskühlung. Diese Nummer wird als "Klimaschutz" verkauft!

Im Binnenland liegt die Auslastung in guten Windjahren bei ca. 14 %.

Niemand würde also an der Stromversorgung bemerken, wenn die Windkraftanlagen nicht einspeisten, aber keine Windkraftanlage könnte ohne eine bestehendes stabiles Stromnetz durch Wärmekraftwerke einspeisen.

Papier ist geduldig, kein Redakteur rechnet nach, und Zeitungsleser lassen sich offenbar viel gefallen.

In der Tat hat sich aber die Auslastung der Windkraftanlagen seit 2003 um 5,171 Prozentpunkte erhöht. Das lag aber nur am launischen Wind.

Siehe auch: "Zahlenjongleure der IHK Ostfriesland und Papenburg rechnen Windkraftleistung schön".

Wir zitieren aus dem Anzeiger für Harlingerland,Wittmund, online, für 16. März 2007:

Klimaziel übertroffen

Im Nordwesten boomt Windenergie

Ostfriesland/ah - Wesentliche Ziele des EU-Klima-Gipfels sind im Bezirk der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg (IHK) längst erfüllt. Allein im vergangenen Jahr seien in dieser Region insgesamt 1570 Millionen Kilowattstunden aus Windkraft erzeugt worden, schreibt die Kammer in einer Pressemitteilung. Das entspricht einem Anteil von 74 Prozent (2005: 63 Prozent) der tatsächlich verbrauchten Strommenge in Ostfriesland und Papenburg. "Der Anteil der regenerativen Energien soll laut EU-Gipfel bis 2020 insgesamt 20 Prozent betragen. Dieses Ziel hat der Nordwesten bereits 1998 erstmals erfüllt", erklärt IHK-Geschäftsführer Dr. Jan Amelsbarg. Zum Jahresende waren im IHK-Bezirk 866 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 846 MW in Betrieb. Gegenüber dem Vorjahr ist somit die Leistung um 6,5 Prozent, die Zahl der Windenergieanlagen um drei Prozent gestiegen.[...]

 
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