Wattenrat

Ost-Friesland

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Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 254 (Oktober 2007)

Ems-Fischerei und Verklappung von Baggergut

Fischer und Politiker nicht gegen die Vertiefung der Außenems - "Greetsieler Erklärung" von Fischern und Politikern: Baggergut außerhalb der Zwölfseemeilen-Zone verklappen

Kaum rational nachzuvollziehen: Die Fischer aus Greetsiel und Ditzum sind "nicht gegen die die Emsvertiefung für den Emder Hafen". Das Baggergut soll dafür außerhalb der Zwölfseemeilen-Zone oder an Land verklappt werden. Politiker der Region, auch die Bündnsigrünen, zogen mit, für die Tourismusindustrie. Seit Jahren werden die Fischgründe der Ems durch das ständige Baggern für die riesigen Schiffe der Meyer-Werft zerstört, nun soll auch noch die Außenems für größere seegehende Schiffe des Emder Hafens ausgebaggert werden, das wird weitere Folgen für die Fischgründe haben.

Deshalb wollten die Fischer ursprünglich ihre traditionellen Häfen in Ditzum und Greetsiel aufgeben und drohten mit dem Umzug nach Hooksiel bei Wilhelmshaven. Die Tourismusindustrie, eng verwoben mit der Politik, will die Fischer aber allein aus Marketinggründen behalten und fordert daher ebenfalls den Stopp der Verklappung in der Außenems, aber nur da.

Emsbagger "Nordsee" (im Hintergrund) vor dem Ditzumer Hafen und die Holzschiffswerft Bültjer, Ditzum.
(Foto: 29.05.1994)

Mit der Forderung der Fischer, das Baggergut außerhalb der Zwölfseemeilenzone zu verklappen, werden die Probleme nur verlagert, nicht aber gelöst. "Aus den Augen, aus dem Sinn" kann keine Problemlösung sein! Auch außerhalb der Zwölfseemeilen-Zone leben Fische und Garnelen, die im Winter aus den Wattenbereichen in die tieferen Wasserschichten ziehen. Und: Baggergut enthält auch toxische Verbindungen aus Hafensedimenten, die machen durch den Wasseraustausch vor der Zwölfseemeilen-Zone nicht halt.

Zudem erhielten Ditzumer Fischer bereits von der EU und von der Meyer-Werft vor einigen Jahren nagelneue Kutter weitgehend "gesponsort", um sie im Revier zu halten. Oder anders gesagt: Die Fischer ließen sich ihren Schneid gegen das Ems-Stauwerk für die Meyer-Werft und gegen die ständigen Baggerungen in der Ems mit der Zerstörung ihrer Fanggründe abkaufen, und heute wird gejammert!

Moderner Kutter im Ditzumer Hafen, bezahlt u.a. von der Meyer-Werft und der Europäischen Union

Bereits 1991 forderte die Erklärung der Minister 6. trilateralen Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeeres in Esbjerg (Artikel 9), die Richtlinien zur Verklappung von Baggergut der Oslo-Kommission umzusetzen. 1997 schließlich in Stade anlässlich der 8. trilateralen Ministerkonferenz zum Schutz des Wattenmeeres hieß es dazu:

Unklar ist, inwieweit die Regelungen hinsichtlich Baggerarbeiten und Verklappung von Baggergut in den drei Anrainerstaaten des Wattenmeeres vergleichbar sind. 1993 wurden von der Oslo-Kommission Richtlinien zur Verklappung von Baggergut veröffentlicht. Auf der Wattenmeerkonferenz in Esbjerg wurde [1991!] vereinbart, bei der Entwicklung nationaler Kriterien für Baggerarbeiten und für die Verklappung von Baggergut gemäß den Osloer Richtlinien zusammenzuarbeiten und die Notwendigkeit einer Harmonisierung zu prüfen (Esbjerg Erklärung Art. 9). Angesichts der Bedeutung von Baggerarbeiten und Verklappungen für das Wattenmeerökosystem erscheint eine Prüfung dieses Beschlusses mit dem Ziel einer Fortsetzung des trilateralen Harmonisierungsprozesses angebracht.

In der Tat verbietet das seit 1993 geltende Oslo-Paris-Abkommen (OSPAR-Convention) zahlreiche Arten der Verklappung (dumping), erlaubt aber auch den Eintrag von Baggergut mit entsprechenden Genehmigungen.

Nach dem Wattenrat vorliegenden Daten wurden 1997 im gesamten deutschen Wattenmeer mit drei Nationalparks (!) 23,7 Millionen Tonnen Baggergut (naß) verspült oder verklappt, in den Niederlanden sind es jährlich ca. 25 Millionen Tonnen.

Offensichtlich geht die Verklappung auch in den Schutzgebieten des Wattenmeeres ungebremst weiter, Papier ist eben geduldig.

Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung vom 03.11.2007:

Schlickverklappung außerhalb der Küstenfischereizone - illusorisch so de Boer

Greetsieler Erklärung

"Tourismus und Fischerei haben einen enormen Stellenwert. Dieser Stellenwert darf auch durch die geplante Außenemsvertiefung nicht gefährdet werden. Der Status Quo muss erhalten bleiben. Wir fordern die Verklappung außerhalb der Küstenfischereizone." Das sind zentrale Punkte aus der Greetsieler Erklärung, die gestern von den Bürgermeistern Johann Saathoff (Krummhörn) und Johann Tempel (Jemgum), den Fischern und Abgeordneten aller Parteien unterzeichnet wurde. In Greetsiel waren unter anderem die Bundestagsabgeordneten Garrelt Duin (Hinte, SPD), Clemens Bollen (Ostrhauderfehn, SPD), Gitta Connemann (Leer, CDU) und Hans-Michael Goldmann (Aschendorf, FDP) sowie die Landtagsabgeordneten Wolfgang Ontijd (Aurich, CDU), Roland Riese (Emden, FDP), Reinhard Hegewald (Emden, CDU), Hans-Dieter Haase (Emden, SPD), Ulf Thiele (Remels, CDU) und Meta Janssen-Kucz (Leer, Grüne).

Vertreter der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung waren bewusst nicht eingeladen worden. Auf Anfrage der OZ sagte gestern Reinhard de Boer, Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamts Emden: "Die Forderung ist illusorisch, technisch kaum umsetzbar und deutlich teurer." Klaus Frerichs, Präsident der Wasser- und Schifffahrtsdirektion in Aurich, sagte: "Ich nehme das erst einmal so zur Kenntnis, kann aber nur warnen: Wenn das Baggergut aus dem System herausgenommen wird, verändert sich die Ems. Für Gespräche stehe ich übrigens jederzeit zur Verfügung."

Tiefensee ist die letzte Hoffnung

Von Heiner Schröder

TOURISMUS Forderung an den Verkehrsminister: Kein Baggergut mehr in die Ems

In der Greetsieler Erklärung sichern die Fischer zu, bei Schonung des Flusses in ihren Häfen zu bleiben. Aber die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung müsste dafür viel Geld ausgeben.

Greetsiel - Es gibt eine kleine Hoffnung, dass die Fischer doch noch in ihren Häfen in Greetsiel und Ditzum bleiben. Und diese Hoffnung ruht auf Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Gestern verabschiedeten Abgeordnete aller Parteien, die betroffenen Bürgermeister und die Fischer die "Greetsieler Erklärung". Darin steht: Wenn der beim Baggern anfallende Schlick nicht mehr in der Emsmündung verklappt wird, bleiben die Fischer. Dafür müsste die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung aber viel Geld ausgeben. Und darüber wird noch in diesem Jahre mit Tiefensee gesprochen.

Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden Jemgum und Greetsiel, Johann Tempel und Johann Saathoff, hatten die hiesigen Bundes- und Landtagsabgeordneten aller Parteien und Kommunalpolitiker zusammengetrommelt. Fast alle kamen. Es ging um ein Thema: Wie kann der Abzug der Fischer aus Ditzum und Greetsiel verhindert werden? "Wenn das passiert", so Saathoff, "darin waren wir uns alle einig, dann ist das für die Region eine Riesen-Katastrophe". Bei der Sitzung im Haus der Begegnung in Greetsiel ging es vor allem um ein Thema: um die Verklappung von Schlick und Sand, der bei den Baggerungen in der Ems anfällt und nach Überzeugung der Fischer die Bedingungen für den Fang von Granat verschlechtert. In der Außenems zwischen Emden und Borkum wird das Baggergut an bestimmten Stellen in der Ems wieder abgelassen, bleibt also im System. Genau das soll künftig unterbleiben. "Es wird dadurch zwar nicht besser in der Ems, aber der jetzige Zustand wird gewahrt. Dann bleiben wir", sagte Anton Bruhns, Fischer in Ditzum.

In der Greetsieler Erklärung steht die Forderung nach einer "Verklappung außerhalb der Küstenfischereizone". Konkret heißt das: Gebaggerter Schlick und Sand müssen entweder an Land gebracht werden oder mindestens zwölf Seemeilen nördlich von Borkum verklappt werden.

Die Kosten für das Baggern in der Außenems, die derzeit pro Jahr bei rund sechs Millionen Euro liegen, würden dadurch deutlich steigen. "Aber die Frage ist, ob das wirklich Mehrkosten sind", sagte Saathoff. Denn wenn die Fischer wirklich ihre Pläne umsetzen und nach Hooksiel übersiedeln, koste das allein wegen der Investitionen im Hooksieler Hafen Millionen. Hinzu kämen die Kosten für die Gemeinden Krummhörn und Jemgum, die mit spürbaren Einbrüchen im Fremdenverkehr rechnen, wenn keine Kutter mehr in Ditzum und Greetsiel liegen.

Die Entscheidung liegt jetzt beim Bundesverkehrsminister. Noch in diesem Jahr wird es einen Termin mit Abgeordneten, Fischern, Bürgermeistern und Tiefensee geben. "Dann müssen wir ein Ja oder ein Nein hören. Hinhalten geht nicht mehr", sagte Hilke Looden, Sprecherin der Interessengemeinschaft Fischerei in der Außenems.

"Wir haben alles getan und einen Kompromiss angeboten. Denn wir sind nicht gegen die Emsvertiefung für den Emder Hafen", sagte Saathoff. Im Januar werde es eine Neuauflage des gestrigen Treffens geben.

 
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