Wattenrat

Ost-Friesland

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Änderung der Küstenfischereiordnung

Pressemitteilung  02. Mai 2005  Nr. 07/2005

Umwelt/Naturschutz/ Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer/ Fischerei

Niedersachsen plant Änderung der Küstenfischereiordnung mit Erleichterungen für die Muschelfischerei im Wattenmeer
Wattenrat: Anpassung an FFH-Richtlinie und Nationalparkgesetz versäumt

Ostfriesland. Das Niedersächsische Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz kündigte an, die Niedersächsische Küstenfischereiordnung "für eine Erleichterung der Muschelfischerei und die Zulassung der Elektrofischerei in Küstengewässern" zu ändern. Der Entwurf der Verordnung sieht vor, dass das Fischereiamt "auf Antrag die Erlaubnis zur Fischerei auf Wildmuscheln" erteilt. Nicht besonders erwähnt wird die Herzmuschel, die aber auch zu den Wildmuscheln gehört, jedoch zur Zeit nicht mehr im Wattenmeer gefischt werden darf; ebenfalls nicht erwähnt wird auch die Pazifische Auster, die durch Verwilderung aus künstlich angelegten Muschelkulturen inzwischen auch zu den Wildmuscheln zählt.

Es bleibt also unklar, ob auch diese Muschelarten zukünftig auch befischt werden dürfen. Besonders aufgeführt werden aber Wildbestände von Miesmuscheln im trocken fallenden Watt, dabei dürfen Besatzmuscheln (Saatmuscheln) bis 4 cm und ausgewachsene Miesmuscheln für den Konsum ab 5cm gefischt werden. Der Wattenrat Ost-Friesland hält diesen Verordnungsentwurf für nicht vereinbar mit den Schutzzielen des Nationalparks und der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie der Europäischen Union. Dieser Verordnungsentwurf ist ein erheblicher Rückschritt im Bemühen um die Erhaltung von Wildmuschelbänken im Wattenmeer, die nach dem vorliegenden Verordnungsentwurf sowohl für Saat- als auch Konsummuscheln abgeräumt werden dürfen.

Das Nationalparkgesetz sieht die Befischung von Konsummuscheln nur auf Wildbänken vor, die ständig unter Wasser liegen, also nicht trocken fallen. Für Saatmuscheln sieht das Nationalparkgesetz einen Bewirtschaftungsplan zusammen mit der obersten Naturschutzbehörde, also dem Umweltministerium vor. Der Verordnungsentwurf hätte, so der Wattenrat, mindestens an das Nationalparkgesetz und die seit 1992 geltende FFH-Richtlinie angeglichen werden müssen.

Nach den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes bedarf es zusätzlich einer Verträglichkeitsprüfung für diese schweren Eingriffe in ein FFH-Gebiet, da das Abreißen der Muscheln vom Wattenoden mit schweren Ketten den Erhaltungszustand des europäischen Schutzgebietes beeinträchtigen wird. Die Forschungsstelle Küste im inzwischen aufgelösten Niedersächsischen Landesamt für Ökologie kam schon 1999 zu dem erschreckenden Ergebnis, dass bereits das einmalige Abräumen von Muschelbänken zum Schwinden oder gänzlichem Erlöschen der dortigen Vorkommen führte; nur die Fangreduzierung und Schonung der Bestände könnten nach dem Forschungsbericht die einzigen Maßnahmen für eine Widerherstellung beständiger Muschelbänke sein. Fanggeräte wie Reusen müssen nach dem Verordnungsentwurf keine Vorsatznetze zum Schutz von Seehunden oder Vögeln haben, diese Sicherheitsvorsätze sind in den Niederlanden längst Standard und helfen unnötige Tierverluste zu vermeiden.

Der Wattenrat fordert zudem die Ausweisung von Fischschonbezirken im Nationalpark Wattenmeer, Flächen also, die ganzjährig nicht befischt werden dürfen. Beifänge von Schweinswalen und anderen Delfinen sollten meldepflichtig gemacht werden. Die geplante Küstenfischereiordnung des Landwirtschaftsministeriums ignoriert bereits vorliegende Forschungsergebnisse und die Schutzziele in einem europäischen Schutzgebiet und öffnet für nur vier Muschelfischereibetriebe die Zerstörung der letzten Wildmuschelbänke im Nationalpark Wattenmeer.

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