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Land Niedersachsen will FFH- Meldedefizite beseitigen

Pressemitteilung  11. Januar 2006  Nr. 04/2006

Land Niedersachsen will FFH-Meldedefizite beseitigen. Umweltminister Sander: "Die Sicherung der Flächen werden wir mit den mildesten geeigneten Mitteln vornehmen".

Umweltminister Sander ist beleidigt: "Die Sicherung der Flächen werden wir mit den mildesten geeigneten Mitteln vornehmen" und "Landschafts- und Naturschutzgebiete werden dort gemacht, wo dies nötig ist." Das sagt eigentlich alles zum Naturschutzverständnis und zur Qualität der Flächensicherung im Lande dieses "Umwelt"ministers, der aus Brüssel für seine Sicht der Dinge keinen Applaus, sondern Strafandrohungen bekam. Aber auch die ausgewiesenen Naturschutzgebiete und der Nationalpark Wattenmeer sind vor Sanders Sendungsbewusstsein und seinen Einflüsterern im Ministerium nicht sicher, Schutzgebiete werden rücksichtslos für den Besucherverkehr erschlossen.

Die Pressemitteilung des Wattenrates zur "mit Gründen versehenen Stellungnahme" der EU ganz unten.

Herausgeber: Nds. Umweltministerium

FFH-Meldungen

Sander: Wir beseitigen die von der EU gesehenen Defizite 24. Jan. 2006

Pressemitteilung 06/2006

Hannover. Das Landeskabinett hat heute (Dienstag) beschlossen, weitere gut 14.000 Hektar in 18 FFH-Gebieten zu melden. "Damit beseitigen wir die von der EU gesehenen Meldedefizite in Niedersachsen", erklärte Umweltminister Hans-Heinrich Sander dazu. Die EU hatte auf der Meldung weiterer Flächen insbesondere zum Schutz von wandernden Fischarten und verschiedenen Fledermausarten sowie der vollständigen Meldung aller Ästuare beharrt. Die nachgemeldeten Flächen liegen in den Landkreisen Aurich, Cuxhaven, Emsland, Grafschaft Bentheim, Gifhorn, Göttingen, Helmstedt; Hildesheim, Holzminden, Leer, Nienburg, Northeim, Oldenburg, Osnabrück, Osterholz, Peine, Verden und Wesermarsch sowie den Städten Emden und Osnabrück sowie auch in der Region Hannover.

Niedersachsen und 11 weitere Bundesländer waren mittels einer so genannten "mit Gründen versehenen Stellungnahme" aufgefordert, ihre FFH-Meldungen aufgrund von der EU gesehener Meldedefizite nachzubessern. Daraufhin hatte das Kabinett das Umweltministerium am 20.12.2005 gebeten, entsprechende Nachmeldevorschläge auszuarbeiten.

"Unser Ziel war es, die FFH-Richtline eins zu eins umzusetzen. Hinsichtlich der Frage der Meldung der Ästuare, sprich der tidebeeinflussten Brackwasserbereiche, von Weser und Ems hat die EU auf ihrem Standpunkt beharrt und die Meldung aller Ästuarflächen gefordert. So standen wir vor der Entscheidung, ob wir einen Prozess mit ungewissem Ausgang vor dem Europäischen Gerichtshof riskieren oder nicht. Nachdem das Kabinett die Risiken abgewogen hat, haben wir uns gezwungen gesehen, auch gegen unsere Auffassung die Flächen nachzumelden", erklärte Sander.

Im Oktober 2004 hatte die Landesregierung 253 FFH-Gebiete mit einer Fläche von 53.500 Hektar an die EU nachgemeldet. Die 1997 und 1999 von der Vorgängerregierung gemeldeten mehr als 500.000 Hektar waren von der EU als nicht ausreichend bemängelt worden. Daher war die Landesregierung zu einem weiteren Nachmeldeverfahren gezwungen. "Im Rahmen einer umfangreichen Beteiligung der Menschen vor Ort konnten in den von uns damals durchgeführten Nachmeldeverfahren viele Anregungen und Bedenken berücksichtigt werden", so Umweltminister Sander. Insgesamt wurde von Niedersachsen damit rund 11,7 Prozent mit einer Fläche von rund 600.000 Hektar gemeldet.

"Damit sind die Flächen gemeldet. Die Sicherung der Flächen werden wir mit den mildesten geeigneten Mitteln vornehmen. Das heißt, Vertragsnaturschutz genießt Vorrang. Landschafts- und Naturschutzgebiete werden dort gemacht, wo dies nötig ist. Für Flüsse wird eine ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung sichergestellt. Auf eigenen Flächen wird das Land von der Möglichkeit gebrauch machen, Selbstverpflichtungen einzugehen", erläuterte der Umweltminister.

Gemeldet werden: Die tiedebeeinflußten Brackwasserbereiche von Unterweser und Ems werden trotz anderer naturschutzfachlicher Auffassung Niedersachsens gemeldet, da die EU dies gefordert hat. Ausgenommen bleiben die stark von Menschenhand veränderten Hafenanlagen und das Emssperrwerk. Die Weser wird beginnend ab Brake, die Ems und Außenems beginnend im Bereich der Ledamündung bei Leer gemeldet. Nicht gemeldet werden Flächen im mit den Niederlanden grenzstrittigen Bereich. Damit wird der nicht prioritäre Lebensraumtyp Ästuar, der in Niedersachsen liegt, vollständig gemeldet. Dort lebende Fische, wie Finte, Meer- und Flussneunauge sollen dadurch geschützt werden. Um Froschkraut zu schützen, werden nährstoffarme Stillgewässer bei Kluse im Landkreis Emsland gemeldet. Aus demselben Grund wird ein Weiher am Syenvenn in der Grafschaft Bentheim gemeldet.

Zum Schutz der Fledermäuse hat Niedersachsen deren Wochenstuben gemeldet. Nun sollen auch deren Nahrungsgebiete gemeldet werden. Für die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus werden mehrere Flächen geschützt. So ein Waldgebiet in der Nähe von Rodewald im Landkreis Nienburg und Teile des Wiehengebirges bei Osnabrück. Zur Sicherung von Jagdrevieren des Großen Mausohrs werden das Waldgebiet Leinholz im Landkreis Göttingen und Wälder bei Belm im Landkreis Osnabrück sowie ein Wald bei Kirchlinteln im Landkreis Verden gemeldet.

Zusätzlich wird zum repräsentativen Schutz der Eichen-Hainbuchenwälder das Waldgebiet bei Stühe im Landkreis Oldenburg gemeldet. Als Fließgewässer mit flutender Wasservegetation werden Abschnitte der Erse und der Leine von Friedland bis Niedernjesa gemeldet. Das Naturschutzgebiet Lutterlandbruch im Landkreis Helmstedt wird als FFH-Gebiet zum Schutz der schmalen Windelschnecke ausgewiesen. Ferner werden Flächen am Kleinen Deister in der Region Hannover und am Thüster Berg im Landkreis Hildesheim als FFH-Gebiete gemeldet, um dortige Höhlen zu schützen.

"Dem Wunsch, weitere Lebensräume für Gelbbauchunken und Nordseeschnäpel zu melden, können wir nicht nachkommen, da keine weiteren natürlichen Vorkommen bekannt sind. Lebensräume für Lachse und Luchse sind noch nicht gesichert, da diese Tierarten erst wieder neu angesiedelt werden. Daher können wir auch hierfür keine natürlichen Lebensräume nachmelden", erläuterte Minister Sander.

Pressemitteilung des Wattenrats 04/2006, 11 Jan. 2006

Umwelt/Naturschutz/EU-Kommission/FFH-Richtlinie

EU-Kommission: Nach wie vor unzureichende FFH-Gebietsmeldungen in Niedersachsen und an der Küste

Die EU-Kommission hat am 19.12.2005 eine sog. "mit Gründen versehene Stellungnahme" wegen unzureichender FFH-Gebietsmeldungen an die Bundesrepublik Deutschland geschickt. Die von der EU bemängelten Defizite gehen allerdings weit über die bisher bekannt gewordenen Forderung nach der Meldung der Mündungsgebiete von Ems und Weser hinaus.

Bereits im September 2001 hatte der Europäische Gerichtshof in einem Urteil entschieden, dass Deutschland seiner Verpflichtung, die sich aus der FFH-Richtlinie zur Erhaltung natürlicher Lebensräume ergeben, nicht ausreichend nachgekommen sei und damit gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen habe. Deutschland sei gehalten, alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung dieser Pflichtverletzung zu ergreifen.

Im Schreiben der EU-Kommission vom Dezember 2005 wird eingeräumt, dass Deutschland die 2001 festgestellten Meldedefizite zwar WEITGEHEND beseitigt habe, allerdings sei es nicht gelungen, ALLE bestehenden Defizite der Gebietsmeldungen zu beheben.

Für Niedersachsen moniert die Kommission die fehlende beziehungsweise unvollständige Meldung der Lebensraumtypen der Flussmündungen von Elbe, Weser und Ems sowie die ungenügende Meldung für verschiedene Fischarten wie Meerneunauge, Flussneunauge, Finte oder Nordsee-Schnäpel sowie verschiedene andere Lebenraumtypen.

Die Kommission geht davon aus, dass alle Flussmündungen von Ems, Elbe, und Weser in Niedersachsen VOLLSTÄNDIG vom Ende des Brackwassereinflusses bis zur eigentlichen Mündung zu melden sind.

Neben den Flussmündungen gibt es aber gerade im ostfriesisch-friesischen Bereich erhebliche einzelgebietliche detaillierte Defizit-Bewertungen, die durch den Naturschutzbund-Osnabrück aufgrund der EU-Bewertung vorgenommen wurden. Dazu gehören der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, aus dem durch die Gesetzsnovellierung 2001 wesentliche Flächen für die touristische Nutzung herausgenommen wurden. Dagegen hatte der Wattenrat Kommissions-Mitarbeitern in Brüssel eine umfangreiche Beschwerde überreicht. Weiter gehören Flächen des Knockster Watts bei Emden, das Große Meer, das Loppersumer Meer, Teile des Ewigen Meeres bei Aurich, das Große Moor bei Aurich, das Mansholter Holz sowie das Teichfledermausgebiet Aurich zu den unzureichend gemeldeten Gebieten.

Anmerkung: Die Stellungnahme der EU-Kommission kann auszugsweise direkt beim Wattenrat angefordert werden. Unter dem Link (www.nabu-os.de, weiter: "FFH", weiter: "Neuigkeiten 2006") finden Sie eine aktuelle Auswertung für die Detail-Gebiete der mit Gründen versehenen Stellungnahme und die sich daraus für die niedersächsischen FFH-Gebiete ergebenden Verpflichtungen.

 
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