Kaum im Amt, befördert der niedersächsische Ministerpräsident
Wulff, selbst Mitglied im Bundesverband Windenergie (BWE), den Auricher
Enercon-Chef zum "Leitbild für die Jugend". Ob das so zutrifft,
ist höchst zweifelhaft.
Von Manfred Knake
Kaum im Amt, befördert der neue niedersächsische Ministerpräsident
Wulff den Auricher Ingenieur und Windkraftanlagenhersteller Aloys Wobben
zur "Leitfigur und Vorbild für die Jugend" , so u.a. das
"Heimatblatt" der Emder Zeitung am 12. März 2003 auf Seite
1: "Enercon-Chef soll Forscher-Vorbild für die Jugend im Land
werden"
Was sind Wobbens Verdienste?
Er baut Windkraftanlagen, nicht mehr und nicht weniger, und das machen
andere Firmen auch. Und er fing klein an, ganz klein, angeblich in einer
Garage. Also ein Selfmademan wie er im Buche steht, auch gut. Aber wo
bleibt das Vorbild Wobben?
Enercon surft wie alle anderen Windkrafthersteller auf der hohen Woge
des Erneuerbaren Energien Gesetzes, das ihm und anderen Herstellern volle
Auftragsbücher beschert. Die Betreiber seiner Anlagen treibt nicht
die Sorge um die Umwelt an, sondern der nackte Profit aus der "Gelddruckmaschine"
Windkraft. Sie bekommen eine gesetzlich garantierte Einspeisevergütung
pro Kilowattstunde vom Energieversorger, der sich seine höheren Kosten
von jedem Stromkunden durch Preiserhöhungen zurückholt. Andere
nennen das Abzocken von ganz wenigen auf Kosten der Allgemeinheit. Direkte
Anwohner von Wobbens riesigen Maschinen, auch euphemistisch in Wind"parks"
zusammengestellt, beschweren sich oder klagen gegen die Dauerbeschallung
und den nervtötenden Diskoeffekt auch seiner Riesenpropeller; sechshundert
Bürgerinitiativen soll es inzwischen in Deutschland gegen den "rotierenden
Windwahn" wie es heißt, geben. Ganze Landstriche wurden gegen
gesetzliche Bestimmungen in weithin sichtbare Techno"parks"
verunstaltet, Lebensräume von streng geschützten Vogelarten
nachhaltig entwertet oder zerstört. Der ökologische Nutzen der
windabhängigen Standriesen und Enercon-Leistungszwerge, die kein
konventionelles Kraftwerk überflüssig machen, dafür aber
neue Hochspannungstrassen verlangen, ist dabei kaum messbar. Vorbildlich?
Und Herr Wobben geriet selbst, gänzlich unvorbildlich, in nicht
gerade rühmliche Schlagzeilen.
Wobbens wahrheitswidrige Angaben zu eigenen Windparkplanungen
Am 05.07.1993 (Az: Wo/rf) beantragte Aloys Wobben beim Niedersächsischen
Ministerium für Wirtschaft und Verkehr die Anpachtung von Land in
der sog. Leybuchtnase bei Greetsiel (jetzt Naturschutzgebiet) direkt am
Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, um dort fünfzig Windkraftanlagen
des Typs E-55 mit einer Gesamthöhe von 86 Metern zu errichten. Der
damals (!) im ostfriesischen Naturschutz noch sehr rührige und kritische
Naturschutzbund Deutschland (Nabu) bekam Wind von den Planungen und ging
an die Öffentlichkeit. Wobben dementierte wahrheitswidrig am 01.
September 1993 im Wittmunder "Anzeiger für Harlingerland"
mit der Schlagzeile "Kein Mega-Windpark in der Leybucht geplant":
"Wir sind Hersteller; wir planen überhaupt keinen Windpark".
Die damalige "Konferenz der Natur- und Umweltschutzverbände
Ost-Friesland", seinerzeit vom Verfasser koordiniert, zog sofort
die Kopie von Wobbens Antrag beim Wirtschaftsministerium aus dem eigenen
Aktenschrank und ging ebenfalls an die Öffentlichkeit. "Knake:
Enercon erliegt dem Goldrausch der Windenergie, offenbar bewusst falsche
Angaben von Geschäftsführer A.Wobben" titelte darauf der
"Anzeiger für Harlingerland" am 02. September 1993, andere
Regionalzeitungen berichteten ebenfalls.
Kritische Mitarbeiter entlassen
Am 14. November 1994 setzte Wobben gezielt 15 Mitarbeiter vor die Tür,
die sich in den verschiedenen Enerconfirmen für die Bildung von Betriebsräten
eingesetzt hatten. Wobben bezeichnete diese Mitarbeiter allesamt als "Untüchtige",
obwohl ihre Arbeitszeugnisse das Gegenteil aussagten. Die damals für
den Fall zuständige Arbeitsrichterin Martha Jansen, gleichzeitig
Direktorin des Arbeitsgerichtes, zeigte sich selbst als "befangen"
an, weil sie von Wobben am Vormittag des 14. November durch die Firmenräume
geführt wurde und nichts von den Entlasssungen erfahren habe. Sogar
der Hardcore-Windenergieverfechter Hermann Scheer (MdB, SPD) sprach daraufhin
ein ernstes Wort mit Wobben; nachzulesen in "Richterin zeigte sich
wegen Befangenheit an, Enercon-Mitarbeiter wehren sich gegen Aussage von
Wobben", Ostfriesen-Zeitung, Leer, 17. Dez. 1994.
Ist dies das etwa auch das neue Vorbild für eine neoliberale Unternehmer-Jugend?
Naturschützer Wobben?
1997 entdecke Aloys Wobben sogar sein Herz für die Natur, und zwar
ausgerechnet in einem Windpark des damaligen Konkurrenz-Herstellers Tacke
in Utgast bei Esens im Landkreis Wittmund. Dieser Windpark sei "ein
Skandal" und ein "furchtbarer Eingriff in die Natur" (Anzeiger
für Harlingerland, 18. Februar 19197: "Enercon-Chef: Windpark
Utgast ist ein Skandal"). Die Anlagen stehen nur einige hundert Meter
vom Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer in der ostfriesischen
Marschenlandschaft; heute drehen sich in diesem Kraftwerksfeld auch Wobbens
Enercon-Anlagen, die nachgenehmigt wurden.
Aber Wobbens Ausflug in die Niederungen des ostfriesischen Naturschutzes
war schon längst vorher beendet. Ausweislich der Kommanditistenliste
des Windparks Georgshof bei Dornum, Handelsregister A 2874 des Registergerichtes
Norden vom 05. April 1994 ist Wobben Mitbetreiber dieses Windturbinenfeldes,
an sich nichts Ungewöhnliches. Nur: Exakt dieser Standort ist, oder
besser war, laut der avifaunistischen Fachkarte des Landesamtes für
Ökologie in Hildesheim, das jetzt auf Betreiben der neuen CDU-Landesregierung
aufgelöst werden soll, ein "national bedeutsamer Gastvogelraum"
(Informationsdienst Naturschutz in Niedersachsen 7/94: "Avifaunistisch
wertvolle Bereiche in Niedersachsen, Gastvögel 1986 - 1992").
Wobben befindet sich in illustrer Betreiber-Gesellschaft in Georgshof:
Der ehemalige Bundesgeschäftsführer des Bundes Umwelt und Naturschutz
(BUND), Onno Poppinga, davor langjähriger Mitarbeiter der ehemaligen
SPD-Landtagsfraktion in Hannover, ehemaliges Ratsmitglied in der Gemeinde
Dornum (und Duzfreund von Andreas Kohler, heute Leiter der Deutschen Energieagentur
in Berlin) sowie der stellvertretende Verwaltungschef der Gemeinde Dornum,
Helmut Brust, lassen ebenfalls als Kommanditisten ihre Windräder
in diesem Vogelschutzgebiet drehen. Bei dieser engen Verwaltungs-, Polit-
und Herstellerverzahnung gelang es den Genehmigungsbehörden in Wobbens
Heimatlandkreis Aurich und der Bezirksregierung Weser-Ems offenbar nicht,
diesen Standort fachaufsichtlich zu verhindern, kein Einzelfall in Ostfriesland,
sondern eher die Regel.
Ritter Aloys
Im Oktober 2000 schließlich erhielt das Vorbild Aloys Wobben sogar
den "grünen Ritterschlag", wie die Frankfurter Allgemeine
am 12. Oktober 2000 auf Seite 3 titelte; aber nicht ohne den vom Bundespräsidenten
Rau verliehenen "Umweltpreis Europa" der Deutschen Bundesstiftung
Umwelt in Höhe von 500.000 DEM als "fragwürdig" zu
bezeichnen.
Fragwürdig deshalb, so der FAZ-Redakteur Dr. Reiner Burger, weil
der Ausstoß von Kohlendioxyd durch windabhängige Windkonverter
nicht in nennenswerter Weise zur Reduzierung des Ausstoßes von Kohlendioxyd
beitrage, die Windkraft als Element symbolischer Politik zu deuten sei
und diese nur eine Energiewende vorgaukle. Und:"Unerwähnt bleibt,
dass Wobbens Erfolg am Subventionstropf hängt. Die an sich kaum marktfähige
Windbranche boomt vor allem deshalb, weil den Betreibern der Turbinen
seit Jahren schon ein hohes Entgelt für jede ins Netz gelieferte
Kilowattstunde garantiert wird."
Vorgeschlagen für den hochdotierten Preis wurde Aloys Wobben übrigens
vom Finanzminister der inzwischen abgewählten niedersächsischen
SPD-Landesregierung, Heinrich Aller, womit sich der Kreis des staatlich
verordneten Erfolgsrezeptes Windkraft auch für Aloys Wobben schließt.
Dieses Rezept garantiert dem politisch erfundenen "Vorbild"
aus Aurich nun auch die Wertschätzung des neuen Landesvaters Wulff,
der selbst Mitglied im "Bundesverband Windenergie" ist. |
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