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Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 98 (Juni 2008)

Windenergie: Offshore-Kabeltrassen in ostfriesischen Wattenmeer

Eon und der Umweltschutz: "Wir achten bei den Arbeiten sehr auf die Umwelt" und begann mitten in der Brutzeit

Am 24. Juni lud der Energieriese Eon zu einem Pressegespräch nach Georgsheil im Landkreis Aurich, um die "Umweltfreundlichkeit" seiner Baumaßnahmen zu dokumentieren, auch ein Wattenrat-Mitarbeiter war dabei.

Pressegespräch

Die Ostfriesen Zeitung schickte keinen Redakteur, sondern einen Praktikanten zum Termin, der auch alles das brav aufschrieb, was ihm die Pressedame diktierte, nur hatte das wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Tatsächlich achtete Eon überhaupt nicht auf die Umwelt der Brutvögel im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.

Hier sind die Fakten:
Am 31. März 2008 beantragte die E.ON Netz Offshore GmbH in Bayreuth bei der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer eine "Befreiung" von den Verboten des Nationalparkgesetzes, um

mit Bauarbeiten der Kabeltrassenverlegung beginnen zu können und ihre Baustellenlogistik und eine Bohrstelle einzurichten.

Die Nationalparkverwaltung genehmigte die Bauarbeiten mit Schreiben vom 04. Juni 2008, um ab "frühestens 05.06.2008" (also am Tag des Posteingangs bei Eon!) mit den Arbeiten beginnen zu können, mitten in der Brutzeit. Die Nationalparkverwaltung, zuständig für die Einhaltung der Schutzvorschriften im Großschutzgebiet, hatte wegen des "bestehenden Termindrucks" des Antragstellers keine Bedenken gegen den frühen Termin im Juni.

Die beteiligten Naturschutzverbände BUND und NABU sowie die Stiftung WWF (die gar kein zu beteiligender der Naturschutzverband ist!) stimmten dann auch nach viel rhethorischer Eierei in ihren Antwortschreiben dem frühen Baubeginn in der Brutzeit zu. Ironie des Verfahrens: Ausgerechnet der Landesverband Niedersachsen des Deutschen Gebirgs- und Wandervereins in Osnabrück als "anerkannter" Naturschutzverband, der eigentlich mit dem Wattenmeer wenig zu tun hat, lehnte den frühen Baubeginn im Nationalpark aus Naturschutzgründen ab. Das, und eine deutliche Pressearbeit, hätte von allen 14 anerkannten Verbänden in Niedersachsen erwartet werden können. Die Schreiben liegen dem Wattenrat vor.

Kabel

Trassenkabel

NLP

Blick in den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer während der Brutzeit

Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung, 25.06.2008:

Längste Gleichstromleitung der Welt

Seit dem 2. Juni wird bei Oldeborg in der Nähe von Georgsheil gearbeitet. Mit dem Bau der Verbindung ist die Firma ABB beauftragt.

Georgsheil - Etwas mehr als 300 Millionen Euro lässt sich der Stromanbieter Eon die Errichtung von Offshore-Windparks in der Nordsee kosten.

[...]

Die Kabeltrasse wird von Hilgenriedersiel zum Umspannwerk Diele (Stadt Weener) reichen. Es werden 120 Kilometer Seekabel hinzukommen, die die zukünftigen Windparks mit dem Festland verbinden.

[...]

Schon fast beendet sind die Arbeiten auf Norderney. Dort wird das Seekabel durch die Insel verlegt. Die dafür benötigten Rohre sind bereits verlegt, so dass nur noch einige Bohrungen erforderlich sind. In die Rohre werden dann die Kabel von weiteren Windparks gezogen.

Um besonders umweltfreundlich und wirtschaftlich zu bauen, bündelt Eon die Kabelverbindungen von mehreren Windparks. Diese werden dann in vier so genannten Clustern (Gruppen) zusammengefasst und über ein Kabel mit dem Festland verbunden.

[...]

"Wir achten bei den Arbeiten sehr auf die Umwelt und haben während des Baus einen ökologischen Berater", sagt Cornelia Junge, Pressesprecherin von Eon-Netz.

Besonders schwierig sei es mit den Arbeiten in den Schutzgebieten, so Junge. Dort könne man nur von Mitte Juli bis Ende August arbeiten, um die Brutzeit der Vögel nicht zu stören.

Doch die Zeit drängt. Schon im September 2009 soll der erste Windpark betriebsbereit sein. "Wir haben bisher immer unsere gesteckten Ziele erfüllt", gibt sich Constantijn Steinhusen jedoch selbstbewusst.

Ostfriesen Zeitung, 04. Juli 2008:

Zustimmung der Verbände ist ein Skandal

Zum Bericht "Längste Gleichstromleitung der Welt" (OZ vom 25. Juni) schreibt Manfred Knake aus Esens.

In dem Bericht wird die Pressesprecherin von Eon, Cornelia Junge, mit den Worten zitiert: "Wir achten bei den Arbeiten sehr auf die Umwelt und haben während des Baus einen ökologischen Berater." Weiter im Text: "Besonders schwierig sei es mit den Arbeiten in den Schutzgebieten, so Junge. Dort könne man nur von Mitte Juli bis Ende August arbeiten, um die Brutzeit der Vögel nicht zu stören." Die Ausführungen haben mit der Realität nichts zu tun und sind unwahr. Richtig ist, dass Eon am 31. März 2008 bei der Nationalparkverwaltung den Antrag auf Befreiung von den Verboten des Nationalparkgesetzes gestellt hat, um bereits Anfang Juni, also mitten in der Brutzeit in eine ausgewiesenen Schutzgebiet und EU-Vogelschutzgebiet, mit den Bauarbeiten beginnen zu können. Dazu gehört die Einrichtung der wasserseitigen Baustellenlogistik im Watt nördlich der Salzwiese vor Hilgenriedersiel in der Zwischenzone des Nationalpark (ein EU-Vogelschutzgebiet), die Einrichtung der wasserseitigen Baustellenlogistik im Watt südlich der Insel Norderney vor dem Grodeheller (ebenfalls EU-Vogelschutzgebiet) sowie die Wiederinbetriebnahme der Bohrbaustelle im Lütetsburger Sommerpolder am Festland (auch ein EU-Vogelschutzgebiet). Diesem Antrag hat die Nationalparkverwaltung entsprochen, die Naturschutzverbände BUND, NABU und die Stiftung WWF haben diesem Antrag zugestimmt. Das ist der eigentliche Skandal.

 
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