Sommer 2020: Fotos aus dem ´Weltnaturerbe´ Wattenmeer

Norderney 2020: Stelzenläufer (Himantopus himantopus) als nachgewiesener Brutvogel auf der Insel – Foto (C): Eilert Voß

Der Sommer ist vorbei, Zeit für einen kleinen Foto-Rückblick auf die Saison im und am Wattenmeer. Wie in jedem Jahr war unser Mitarbeiter Eilert Voß wieder mit seinem Segelboot an der ostfriesischen und niederländischen Küste unterwegs und brachte auch Fotos mit, die bestimmt nicht Aufnahme in die Tourismusprospekte dieses „Weltnaturerbes“ gefunden hätten. Papier ist eben geduldig.

Der Tourismus an der Küste „brummt“, trotz oder wegen der Corona-Pandemie. Nur in der Meeresbucht „Dollart“, auf deutscher Seite auch Teil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, war es deutlich ruhiger als in den touristisch (über)nutzten Teilen dieses Großschutzgebietes. Was auch auffällt: Weite Teile des Nationalparks und „Weltnaturerbes“ sind umstellt mit Windkraftanlagen. Die Fotos aus dem Dollart mit einem Text von Eilert Voß finden Sie am Ende dieses Beitrages.

Nachfolgend seine Fotoserie:

Norderney, Juni 2020: Erfolgreiche Vergrämung von Strandbrütern aus einem Strandbereich im südostlichen Hafenbereich. Dort, wo im letzten Jahr ein Schutzzaun gezogen wurde, dass Regenpfeifer, Flußseeschwalben und Austernfischer erfolgreich brüten konnten, verzichtete man in diesem auf den Zaunbau und stellte stattdessen zur Vergrämung von Bruvögeln flatternde Mülltüten in die Fläche.- Foto (C): Eilert Voß

 

Norderney, Juni 2020: abgezäunte Kleinparzelle für Strandbrüter -Foto (C): Eilert Voß

 

Borkum, Oststrand, Juni 2020: Schlauchboot der Bundesmarine passiert Seehundliegeplatz – Foto (C): Eilert Voß

 

Borkum, Blick nach Westen in das Industriegebiet Eemshaven/Niederlande – Foto (C): Eilert Voß

 

Norddeich, Juli 2020: Postkartenidyll – Foto (C): Eilert Voß

 

Norddeich, Juli 2020: Touristenfreuden und Bauarbeiten – Foto (C): Eilert Voß

 

Norderney, Juli 2020, Schweinswale im Wattfahrwasser – Foto (C): Eilert Voß

 

Mit Fullspeed durchs Wattfahrwasser, im Hintergrund Norderney, Juli 2020 – Foto (C): Eilert Voß

 

Norderney, Wattfahrwasser, Juli 2020, abtauchender Seehund – Foto (C): Eilert Voß

 

Norderney, Ostland, Juli 2020, abgezäunter Seehundliegeplatz. Wo sind die Seehunde? – Foto (C): Eilert Voß

 

Norderney, Juli 2020: Austernfischer auf Abwegen – Foto (C): Eilert Voß

 

Juist, Juli 2020: gesammelter Strandmüll – Foto (C): Eilert Voß

 

Langeoog, Juli 2020: 700.000 Kubikmeter Sandentnahme zur Strandaufspülung als Sicherung des Pirolatals auf der Insel. Durchführender ist der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Ohne die ständigen Aufspülungen würden die Ostfriesischen Inseln ganz natürlich durch Wind und Wellen zerbrechen oder ihre Lage verändern – oder ganz verschwinden. – Foto (C): Eilert Voß

Eilert Voß unternahm im August noch einen Abstecher ins Lauwersmeer/Niederlande. Auch hier: Badefreuden statt Naturschutz.

 

Nationalpark Lauwerszee/Niederlande, August 2020: Badefreuden im Schutzgebiet – Foto (C): Eilert Voß

 

Lauwerszee/Niederlande, August 2020, Hinweisschild wird ignoriert – Foto (C): Eilert Voß

 

02. Sept. 2020: Delfzjil/NL, Schleuse Eemskanal: extreme Eutrophierung durch landwirtschaftliche Einträge. Das Wasser gelangt über die Emsmündung ins angrenzende Wattenmeer – Foto (C): Eilert Voß

Der Dollart-Bericht von Eilert Voß, September 2020:

Die Meeresbucht „Dollart“ an der Unterems im deutsch-niederländischen Grenzgebiet. Der östliche deutsche Teil ist Bestandteil des Nationalparks Wattenmer- Google Earth

Während meiner diesjährigen Sommertour zu verschiedenen Inseln und durch Teile des deutsch-niederländischen Wattengebietes stelle ich vor allem in den Gebiete starke Rückgänge von Vogelarten fest, in denen der Tourismus brummt. Auffällig ist das vor allem in Strandarealen und an Hochwasserrastplätzen im Wattenbereich. Sogar beim „robusten“ Austernfischer ist der Bestandseinbruch unübersehbar. Auf meiner spätsommerlichen Tour von Delfzijl über Groningen und dem einst vogelreichen Norden des Groningerlandes, dem Lauwersmeer und der Insel Schiermonnikoog bemerkte ich nur einen einzigen Kiebitz! Die Gründe liegen auf der Hand: fast die gesamten Wiesengebiete der Nordsee-Anrainer- Staaten sind mittlerweile zu monotonen landwirtschaftlichen Graswüsten verkommen. Sogar auf Schiermonnikoog wird die Weidewirtschaft intensiv betrieben, d.h. mit mindestens vierfacher Mahd pro Jahr. Wo sollen denn die Limikolen noch herkommen, wenn in den landwirtschaftlich genutzten Agrarflächen alles platt gemacht wird? Das Wattenmeer ist ein Spiegelbild der verfehlten Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte. Es reicht also nicht, Nationalparke seeseitig zwischen den Deichen und den Inseln zu gründen und gleichzeitig das „Hinterland“, (die sturmfutsicheren Habitate des Festlandes), nicht in Schutzkonzepte einzubinden. Bevor ich am 11.Sept. mit meinem Boot nach Emden zurück segelte, beschloss ich spontan, nach einigen Jahren mal wieder in den niederändischen Teil des Dollarts hinein zu segeln. Was ich da erlebte, kann ich immer noch nicht glauben: da segle ich zu touristisch viel gepriesenen angeblichen Naturoasen, wie Borkum-Juist-Norderney-Langeoog-Schiermonnikoog und vor meiner Haustür finde ich all das, was ich an anderen Orten so vermisse. Am Eingang des Dollarts, am Punt van Reide, wurde ich schon mal von einer Alpenstrandläufer-Wolke begrüßt.

Alpenstrandläufer über dem Dollart – Foto (C): Eilert Voß

Wenige Augenblicke später waren es Ansammlungen von Goldregenpfeifern, Krickenten und Limikolen, wie Grün- und Rotschenkel, Dunkle- Wasserläufer u. Säbelschnäbler. Die Ursache: der Dollart ist an den Rändern für den Tourismus zum Glück nur schwach erschlossen, Fischerei findet kaum statt, der Bootstourismus spielt ebenfalls keine Rolle, Überflüge mit Flugzeugen halten sich in Grenzen und Wattwanderungen gibt es im Dollart ebenfalls nicht. Die Nationalpark-Enklave-Dollart zeigt mir zumindest, welche Potenziale Nationalparke haben könnten, ließe man diese Gebiete in Ruhe und höre endlich damit auf, das „Tafelsilber“ zu vermarkten.- Übrigens ging die einzige Störung, die ich im Dollart bemerkte, von einem Landwirt u. Schafhalter aus, der einen für die Öffentlichkeit gesperrten Deichabschnitt am Seehundruheplatz nutzte: Alle Seehunde verließen den Ruheplatz. Touristen halten sich in diesem Abschnitt des Dollarts in der Regel an die Verbote.

Goldregenpfeifer – Foto (C): Eilert Voß

 

Krickenten über dem Watt – Foto (C): Eilert Voß

 

Fahrwassertonne im Dollart- Foto (C): Eilert Voß

 

Graugänse im Dollartwatt, im Hintergrund der Windpark Wybelsumer Polder bei Emden, gebaut in einem europäischen Vogelschutzgebiet – Foto (C): Eilert Voß

 

Das Feindbild der „Sportangler“: Kormorane – Foto (C): Eilert Voß

 

Ungestörter Seehundliegeplatz – Foto (C): Eiert Voß

 

Löffler, Graugänse und Krickenten, im Hintergrund  der Windpark Zeehavenkanaal, Delfzjil/NL – Foto (C): Eilert Voß

 

Einsame Brandente – Foto (C): Eilert Voß

 

Vogelreiches Dollartwatt mit niederländischem Industriegebiet im Hintergrund – Foto (C): Eilert Voß

 

Säbelschnäbler im Dollart, im Hintergrund das VW-Werk in Emden – Foto (C): Eilert Voß

Nachtrag:

Tourismusdaten, erstellt von der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg, Stand 12. Mai 2020 für 2019, „nach Angaben der Kurverwaltungen“ (.pdf hier: IHK_Tourismusdaten_Ostfriesland_2020)_

Küstenbadeorte, Gäste: 993.776, Übernachtungen: 5.765.203

Inseln (einschl. Wangerooge), Gäste: 1.590.210, Übernachtungen: 11.051.310

Das sind nur die Zahlen aus Ostfriesland, ohne das östlich benachbarte Friesland, ohne die Wesermarsch und ohne die Stadt und den Landkreis Cuxhaven und ohne die sog. „Dritte Linie“, deren Urlauber auch an die Küste wollen. Realistisch beträgt also die Übernachtungszahl im und am niedersächsischen Wattenmeer mehr als 30 Millionen jährlich. Nicht erfasst sind die Tagestouristen, die noch dazukommen. Es gibt Touristiker, die diesen Massentourismus als nachhaltig“ bezeichen…

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