Werbeetat für die Weltnaturerbe-Vermarktung geht an Hamburger Agentur

„Pitch“ bezeichnet in der Werbebranche einen Wettbewerb von Agenturen um einen Werbeetat. Den Werbeetat für die touristische Vermarktung der Wattenmeer-Nationalparks gewann die Agentur „Publicis“ in Hamburg.

Action im UNESCO-Weltnaturerbe auf Norderney

Ausgeschrieben wurde der Pitch vom Common Waddensea Secretariat in Wilhelmshaven, einer zwischenstaatlichen Behörde, die die Wattenmeerarbeit der drei Anliegerstaaten Niederlande, Deutschland und Dänemark koordiniert. Die Agentur „Publicis“ ist damit ab sofort für die internationale Kommunikation rund um das Wattenmeer zuständig. Die Kampagnen-Strategie umfasst einen Zeitraum von fünf Jahren. Zu den geplanten Maßnahmen zählen unter anderem Anzeigen, Banner, Informationsmaterial sowie Online-Aktivitäten für die Zielmärkte Deutschland und Niederlande. Damit sollen neben Anwohnern auch Touristen angesprochen werden.

Es hat sich langsam herumgesprochen, dass das UNESCO-Weltnaturerbe-Etikett nichts mit Arten-, Landschafts- oder Naturschutz gemeinsam hat. Die Tourismusverbände benutzen dieses Etikett ausschließlich als Marketinginstrument für noch mehr Massentourismus im Wattenmeer, die „Globalisierung“ des Tourismusmarketings. Es hat den Anschein, als soll damit der Begriff „Nationalpark Wattenmeer“, der eine Schutzkategorie mit entsprechenden Verpflichtungen darstellt, in der öffentlichen Wahrnehmung ersetzt werden.

Von den anerkannten Naturschutzverbänden oder der Stiftung WWF hört man wenig zu den verstärkten Nutzungsanstrengungen; es gibt derzeit kein Naturschutz-Korrektiv zu den Anmaßungen der Tourismusindustrie im Wattenmeer.

Zitat Sven Ambrosy (SPD) , Vorsitzender des Tourismusverbands Niedersachsen und Tourismusverband Nordsee, Landrat des Landkreises Friesland (Pressekonferenz desTourismusverbandes Niedersachsen e. V. am 16. Juli 2010 in Hannover):

„Wir müssen das UNESCO-Weltnaturerbe im In- und Ausland bekannt machen und auf die Bedeutung als einzigartiges Ökosystem mit besonderer Artenvielfalt hinweisen“, sagt Frieslands Landrat Sven Ambrosy. Bislang weist der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer trotz seines Alters noch einen vergleichsweise niedrigen Bekanntheitsgrad auf.[…] Nur, wenn eine Region stolz auf sich ist und sie liebt, kann sie sich auch selbst vermarkten.“

Dem „einzigartigen Ökosystem“  sind noch mehr Touristen und markiges Geschwätz sicherlich abträglich, zumal Herr Ambrosy noch mehr Zuwegungen zum Nationalpark fordert. Anders als die offiziell verkündeten Übernachtungszahlen liegen die Tourismusübernachtungen allein an der Küste von Cuxhaven bis Emden bei ca. 37 Millionen/Jahr, wenn man die Häuser unter 9 Betten und Campinggäste mitrechnet. Die Einhaltung der Regeln des Nationalparkgesetzes obliegt in Niedersachsen sechs hauptamtlichen „Rangern“, auf einer Fläche von 2.800 qkm, ohne Kompetenzen und Boote.

Es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Touristiker jemals für die Einrichtung eines qualifizierten Rangersystems in den Wattenmeer-Nationalparks mit entsprechendn hoheitlichen Kompetenzen, Fahrzeugen und Booten ausgesprochen haben. Der WWF und die Naturschutzverbände sprachen davon zuletzt 1992 auf dem 12. Internationalen Wattenmertag in Wilhelmshaven.

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