Windenergie: politischer Druck auf die staatlichen Vogelschutzwarten

Toter Uhu vor dem Windpark Düren/NRW

Fachlicher Natur- und Vogelschutz jenseits von Meisenknödeln und Nistkästen kann Windkraftanlagen verhindern. Das hat sich auch in der Politik und der damit eng verbandelten Windenergiewirtschaft herumgesprochen. Die Fachleute des staatlichen Vogelschutzes sitzen in den Vogelschutzwarten der Bundesländer, nicht zu verwechseln mit den staatlichen Vogelwarten Helgoland oder Radolfzell. Diese Fachleute kommen wegen ihrer Aussagen zu den Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Vogelarten und deren Lebensräume unter politischen Druck, wie die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V (EGE) in einer aktuellen Veröffentlichung dargestellt hat. Naturschutz ist ein wesentliches Genehmigungshemmnis für den weiteren Ausbau der Windenergie im Lande. Naturschutzverbände, die eigentlich Anwälte der Natur sein sollten, machen dagegen oft gemeinsame Sache mit der Politik und der starken Windkraftlobby. Wir veröffentlichen den nachfolgenden Beitrag der Eulenfreunde mit deren freundlicher Genehmigung.

August 2014: Die Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten hat ihre Empfehlungen aus dem Jahr 2007 „Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten“ zu einer Fachkonvention fortentwickelt. Die Arbeitsgemeinschaft national wie international angesehener Experten des Vogelschutzes wird aber seit langem an der Veröffentlichung dieser Fachkonvention gehindert. Wer die Veröffentlichung zu hintertreiben sucht, liegt auf der Hand: die Windenergiewirtschaft und ihre Anhänger, die in den Länderumweltministerien die Ministersessel einnehmen. Ministerieller Widerstand wird besonders aus dem nordrhein-westfälischen Umweltministerium gemeldet. Dort ist Johannes Remmel Ressortchef. Die Veröffentlichung hängt am seidenen Faden. Die Autoren der Fachkonvention können sich nicht frei äußern; sie stehen unter der Kontrolle der Umweltministerien, die sich als verlängerter Arm der Windenergiewirtschaft aufführen.

Dabei ist die vorbereitete Fachkonvention keineswegs revolutionär. Gegenüber der Fassung von 2007 senkt sie den empfohlenen Prüfumfang für die Zulassung von Plänen und Projekte der Windenergiewirtschaft teilweise drastisch ab. In der Hauptsache enthält das Papier nur zwei Verbesserungen: erstens die Erhöhung des Mindestabstandes zum Schutz des Rotmilans auf 1.500 m (gegenüber zuvor 1.000 m) und zweitens die Feststellung, dass auch Vogelarten, die nicht bereits auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen, bei der Entscheidung über die Zulassung der Pläne und Projekte u. U. zu schützen sind. Die Windenergiewirtschaft läuft gegen beide Anforderungen Sturm. Arten, die wie beispielsweise Mäusebussard, Turmfalke oder Schleiereule nicht bereits auf der Roten Liste stehen, sollen unter Ausschluss der artenschutzrechtlichen Verbote und ohne Weiteres einzeln oder gar in großer Zahl an den Anlagen zu Tode kommen dürfen. Eine solche Praxis ist zwar weithin üblich, aber sie ist rechtswidrig. Deshalb ist es höchste Zeit, dass die Vogelschutzwarten an dieser Stelle ein Signal setzen.

Es zählt zu den gravierendsten Versäumnissen des politischen wie praktischen Vogelschutzes in Deutschland, dass keine der großen Naturschutzorganisationen, die über die Lage im Bilde sind, der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten helfend in diesem Politikkrimi zur Seite eilt und der Windenergiewirtschaft in den Arm fällt. Stattdessen marschieren Umweltverbände und Windenergiewirtschaft Arm in Arm.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Umweltministerien den Vorgang um die Fachkonvention zum Anlass nehmen, die Vogelschutzwarten einer noch stärkeren Kontrolle zu unterwerfen. An Fachpositionen des Vogelschutzes könnten künftig nur noch gearbeitet werden, wenn sie von vornherein für politische Bestrebungen bedeutungslos sind. Ein beispielloses Einzelschicksal wäre das nicht. Bereits vor Jahren ist die frühere Arbeitsgemeinschaft der Landesämter und des Bundesamtes für Naturschutz aus politischen Gründen faktisch aufgelöst worden. Auch damals auf Druck der Windenergiewirtschaft. Wann endlich wachen die Naturschutzorganisationen und ihre still zahlenden Mitglieder auf?

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