„Schwarzbau“ Umgehungsstraße Bensersiel: Straßensperrung steht bevor

Schluss mit lustig: Die Sperrung der illegal gebauten Umgehungsstraße in Bensersiel ist wohl nicht mehr abzuwenden. Foto (C): Manfred Knake

Nachtrag: Am 09. Mai 2017 kündigten die Stadt Esens und der Landkreis Wittmund in einer gemeinsamen Pressemitteilungen an, die Umgehungsstraße wegen der „ungeklärten Rechtslage“ – die keinewegs „ungeklärt“ ist – „gemeinsam die Vorbereitungen dafür zu treffen, baldmöglichst die kommunale Entlastungsstraße von Bensersiel für den Verkehr zu sperren und die Beschilderungen an den Zufahrtstraßen und den beiden Kreisverkehren entsprechend zu ändern“.

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Eine neue Runde in der Geschichte um die illegal gebaute Umgehungsstraße in Bensersiel wurde eingeläutet: die voraussichtliche Sperrung des längsten Schwarzbaus der Republik.

Vorangegangen war die Sitzung des Verwaltungsausschusses der Stadt Esens am 14. Februar 2017, auf der auch der Rechtsbeistand der Stadt, Prof. Gellermann (Osnabrück), anwesend war. Hier soll es „dem Vernehmen nach“ (nichtöffentliche Sitzung) zu deutlichen Worten gekommen sein. Der Anwalt wies auf die Notwendigkeit der Straßensperrung laut Landschaftsschutzgebietsverordnung des Landkreises vom Oktober 2016 hin, da die Straße gar nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet sei (§ 3, Abs. 2, Satz6 , siehe unten) und die Landschaftsschutzverordnung, die auch die Straßentrasse einschließt, die Nutzung mit Fahrzeugen aller Art verbietet. Die Straßentrasse wurde nach der Neuabgrenzung des Landschaftsschutzgebietes 2016 in die Landschaftsschutzverordnung mit aufgenommen, um die illegal in einem faktischen Vogelschutzgebiet gebaute Trasse nachträglich, aber fragwürdig, legalisieren zu können und um damit den teuren Abriss zu vermeiden.

Illegal gebaute Umgehungsstraße Bensersiel im Landkreis Wittmund, Foto (C): Manfred Knake

Wie verlautete, wollen einzelne Ratsmitglieder der Stadt Esens dennoch hartnäckig und faktenresistent mit Hilfe des Landkreises versuchen, eine Straßensperrung abzuwenden, obwohl bekannt ist, dass bei einem evtl. Verkehrsunfall auf der Straße, die nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist, auch Schadensersatzansprüche auf die Stadt Esens zukommen können. Die Stadt ist für die Verkehrssicherungspflicht veranwortlich.

Der erfolgreiche Kläger und zu Unrecht enteignete Landeigentümer hat indes längst einen Klage zur Sperrung der Straße, die über seine Ländereien führt, vor dem Verwaltungsgericht in Oldenburg eingereicht, die aber frühestens ab Herbst des Jahres 2017 verhandelt wird. Der Kläger hatte vorher erfolgreich bis zum Bundesverwaltungsgericht geklagt, die zugrundeliegenden Bebauungspläne der Stadt Esens wurden wurden als  „rechtsunwirksam“ beurteilt, ein Gericht hob die zu Unrecht erfolgte Enteignung seiner Flächen auf. Damit ist die Straße ein Schwarzbau.

Link: Bensersiel: die „kommunale Entlastungsstraße“ – Chronologie des Versagens der kommunalen Selbstverwaltung

Verordnung vom 13.10.2016 über das Landschaftsschutzgebiet 25 IIOstfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens im Bereich Bensersiel, Samtgemeinde Esens, Landkreises Wittmund“

Auszug: §3 Verbote (1) Im Landschaftsschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem besonderen Schutzzweck der Verordnung zuwiderlaufen. (2) Insbesondere ist verboten: […] 7. auf nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen, Plätzen oder Flächen mit Kraftfahrzeugen aller Art zu fahren oder Kraftfahrzeuge dort abzustellen, außer wenn es der ordnungsgemäßen Nutzung und der Unterhaltung von Gewässern und Deichen dient […]

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, S. 1, 08. April 2017

Sperrung der Umgehung ist möglich

VERKEHR Ortskernentlastungsstraße Bensersiel: Kreis prüft weiteres Vorgehen Verwaltungsausschuss der Stadt Esens schlägt vor, die Piste vorerst für den Verkehr zu schließen. VON MANFRED HOCHMANN

ESENS/BENSERSIEL – Die illegal gebaute Ortskernentlastungsstraße Bensersiel wird möglicherweise bald für den Verkehr gesperrt. Der Verwaltungsausschuss des Esenser Rates hat auf Anraten des Rechtsberaters der Stadt einen solchen Schritt eingeleitet. Der Landkreis Wittmund als Aufsichtsbehörde lässt das weitere Vorgehen derzeit rechtlich prüfen. Um die Entlastungsstraße wird seit Jahren juristisch gerungen. Etliche Gerichte befassten sich mit der Piste, die in einem EU-Vogelschutzgebiet liegt. Die Grundbesitzer und Kläger gegen die Straße – ein Ehepaar aus Dortmund – siegten in letzter Instanz: Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Straße so nicht hätte gebaut werden dürfen.

Die Stadt versucht derzeit in Absprache mit dem Land Niedersachsen und dem Landkreis, die Umgehung in einem neuen Bebauungsplan-Verfahren nachträglich zu „heilen“. Dagegen hat das Dortmunder Ehepaar wiederum eine Klage eingeleitet. Das Verfahren schwebt. Ein neuer Rechtsberater der Stadt Esens hat wegen der unsicheren Situation jetzt die Notbremse gezogen. Solange die Rechtslage und die Zuständigkeit nicht eindeutig geklärt sei, müsse man die Straße sperren. Die Kommunalpolitiker stimmten in nichtöffentlicher Sitzung zu. Der Landkreis bestätigte den Vorgang: Der Verwaltungsausschuss der Stadt Esens habe beschlossen, bei der Straßenverkehrsbehörde wegen der inzwischen in Kraft getretenen Landschaftsschutzgebietsverordnung einen Antrag auf Sperrung der Straße zu stellen. Problematisch sei insbesondere, dass „diese Straße nie formell für den öffentlichen Straßenverkehr gewidmet worden ist“. Nach der neuen Landschaftsschutzgebietsverordnung sei Fahrzeugverkehr nur auf gewidmeten Flächen möglich. Man werde die Sache nun umfassend prüfen lassen.

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