Die Zeitschrift „Nationalpark“ aus dem Oekom-Verlag brachte im Heft 3/2019 einen Kurzbeitrag zum Zustand der Wattenmeer-Nationalparks in Deutschland. Dabei fanden auch kritische Anmerkungen des Wattenrates zum Niedersächsischen Großschutzgebiet Erwähnung. Zur Anzahl der Tagestouristen liegen dem Wattenrat keine Daten vor, aber zu den Übernachtungen. Allein in Niedersachsens Wattenmeernationalpark werden fast 17 Millionen Tourismusübernachtungen (pdf: Tourismus_IHK_Inseln_Kueste_2018) auf den Inseln und in den Küstenbadeorten von der Industrie und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg registriert – jährlich, ohne die Übernachtungen in der daran angrenzenden „dritten Linie“, und ohne die nicht registrierten Beherbergungsbetriebe. Dazu kommen die Übernachtungszahlen aus dem Bereich Cuxhaven („Cuxland“) mit noch einmal ca. 7 Millionen.
Zusammen mit dem Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer dürften die Übernachtungszahlen die 40-Millionen-Marke in diesem „Weltnaturerbe“ überschreiten. Der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer mit seiner Größe von lediglich 137,5 qkm ohne größere Beherbergungsbetriebe auf der Insel Neuwerk bleibt hier unberücksichtigt. Während in den Medien überwiegend der unterhaltsame und werbende Lifestyleaspekt im, am und über das Wattenmeer gepflegt wird, berichtet der Wattenrat weniger unterhaltsam über die abträglichen Auswirkungen des Massentourismus auf diesen eigentlich – auch nach europäischem Recht – geschützten Lebensraum. Die Frage im Nationalpark-Heft „Weltnaturerbe oder Freizeitpark?“ ist also durchaus berechtigt.
Aus: Zeitschrift „Nationalpark“, Oekom-Verlag, Heft 3/2019
NIEDERSACHSEN Weltnaturerbe oder Freizeitpark?
Seit zehn Jahren ist das grenzüberschreitende Wattenmeer von den Niederlanden bis Dänemark durch die UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt. Naturschützer sehen anlässlich des Jubiläums trotz vieler Erfolge gravierende ungelöste Probleme in dem Ökosystem. Der Massentourismus mit 40 Millionen Tagesgästen und millionenfachen Übernachtungen in den Küstenbadeorten und auf den Inseln geht zulasten der Natur und der Küstenvögel. In Niedersachsen sollen elf Ranger das 3.500 km2 große Nationalparkgebiet überwachen, ohne Kompetenzen und ohne Boote! Die Bestandszahlen der Strandbrüter wie Zwergseeschwalbe, Sand- oder Seeregenpfeifer, sind in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen, die Tourismuszahlen steigen dagegen weiter. Nach wie vor werden fossile Rohstoffe im Wattenmeer gefördert. Das passt nicht zu einem Welterbegebiet! Auch die umstrittenen Kitesurfzonen von Cuxhaven bis Emden in den zweitstrengsten Schutzzonen des Nationalparks, die unter fragwürdigen Umständen eingerichtet worden waren, haben nach wie vor Bestand. Dazu kommt, dass die von der Nationalparkverwaltung unterstützten Biosphärenreservate binnendeichs (an den Nationalpark angrenzend) längst mit riesigen Windparks vollgestellt sind. Stand der Dinge nach zehn Jahren: Der Weltnaturerbestatus des Wattenmeeres wird als Werbe- und Vermarktungslabel der Tourismuswirtschaft an der Küste ge- und missbraucht. Die Natur hat das Nachsehen.
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