Textübernahme von den KlimaNachrichten – Täglicher Newsletter zu Klima- und Energiethemen, mit freundlicher Genehmigung.
Erst verspottet, dann gewonnen: Der Windschatten-Disput
15. September 2024 von KlimaNachrichten Redakteur
Was ist Professor Gerd Ganteför [Video] nicht beschimpft worden als er im Frühjahr 2024 über den sogenannten Wake-Effekt bei Windkraftanlagen auf hoher See berichtete. Windkraftanlagen in Windparks nehmen sich nicht nur gegenseitig den Wind weg, sie können auch Auswirkungen auf den Wind hinter den Anlagen haben und das bis zu 100 Kilometer. Mittlerweile ist die Erkenntnis auch bei den Betreibern angekommen.
Das Unternehmen Orstedt, stark involviert in die sogenannten Erneuerbaren Energien, hat auf seiner Webseite einige interessante Ergebnisse dazu.
Verklausuliert steht da, dass die Anlagen im Verbund weniger Ertrag liefern, was bedeutet, dass die Wirtschaftlichkeit pro Anlage sinkt.
Insgesamt würde die Stromproduktion mit mehr Windparks steigen, allerdings auch die Zeit bis zu der sich die Investition pro Anlage bezahlt macht. Die Rendite sinkt, wenn nicht die kalkulierten 4.000 – 4.500 Stunden Stromerzeugung im Jahr erreicht werden. Der Effekt dürfte sich mit immer mehr Windparks verstärken. Es ist wie eine Abwärtsspirale. Mal sehen, wie die deutsche Antwort darauf lautet. Es wäre nicht verwunderlich, wenn diese wäre, noch mehr Einspeisevergütung zu zahlen.
„Dabei ist die Größe der deutschen Flächen gar nicht der entscheidende Punkt. „Theoretisch könnte man dort noch viel höhere Kapazitäten als 70 Gigawatt aufbauen“, sagt Martin Dörenkämper vom Fraunhofer IWES am Standort Oldenburg. Zwar würden die Abschattungseffekte zunehmen, wenn man die Windräder noch dichter plante als bisher schon. Doch die Stromproduktion insgesamt würde trotzdem steigen, auch wenn der Ertrag pro Anlage niedriger läge. Die Frage ist deshalb nicht, ob Deutschland genügend Platz für 70 Gigawatt hat, sondern wie viele Terawattstunden Strom sich damit jedes Jahr produzieren lassen – und zu welchem Preis. Denn je höher die Leistungsdichte und je niedriger entsprechend der Ertrag pro Turbine, desto schwieriger wird es für den Betreiber, den Bau zu refinanzieren und eine Rendite zu erwirtschaften.“
Ganteför führt in seinem Video aus, dass es mittlerweile mit Hilfe von Radaraufnahmen des Satelliten Sentinel 2 möglich ist, den Wake-Effekt sichtbar zu machen. Im Frühjahr wurde er noch verhöhnt für die These. Er gibt zu bedenken, dass der Wake-Effekt verschiedene Auswirkungen haben kann. Da sind zum einen die Anlagen an Land, die weniger Wind abbekommen könnten, die mögliche Erwärmung hinter den Anlagen und auch die Beeinflussung von Niederschlag. Ganteför plädiert für mehr Forschung in diesem Bereich. Vor zwei Jahren wies das Fraunhofer Institut Hereon bereits auf eine andere Problematik hin. Ein weiterer Effekt: Die Störung der Schichtung des Wasser kann sich auf die Plankton-Produktion auswirken und das wäre der Beginn der Nahrungskette.
„Eine weitere Konsequenz der Wirbelschleppen ist die Minderung von scherungsbedingten Prozessen an der Meeresoberfläche. In anderen Worten: Die vom Winden hervorgerufene turbulente Durchmischung der Wasseroberfläche wird dutzende Kilometer um den Windpark reduziert.
Wasser ist meist geschichtet, so liegt z.B. eine Schicht mit wärmerem Wasser auf einer Schicht mit kaltem.
Durch die Windparks wird die natürliche Schichtung gestört. Aufgrund der reduzierten Durchmischung wird eine stabilere Schichtung des Wassers begünstigt. Besonders auffällig war das während des Rückgangs der Sommerschichtung. Die natürliche Sichtung des Wassers ist im Sommer besonders markant und nimmt zum Herbst hin ab. Im Gebiet der Windparks wurde jedoch eine stabilere Schichtung außerhalb der jahreszeitlichen Schwankung berechnet.
„Was bedeuten die Ergebnisse für die Nordsee?
„Die Größenordnung der induzierten mittleren Veränderungen deutet nicht auf schwerwiegende lokale Auswirkungen hin, allerdings treten weitreichende strukturelle Veränderungen im System auf“, sagt Christiansen. „Die Veränderungen in der Strömung und Durchmischung beeinflussen voraussichtlich die Planktonproduktion und die Struktur des Nahrungsnetzes und können die Wirkungsweise von Schutzgebieten beeinflussen. Es ist also wichtig diese Folgen bei der Entwicklung von Meeresschutzkonzepten zu berücksichtigen“, sagt die Hereon-Institutsleiterin Prof. Corinna Schrum und gibt einen Ausblick für die Implementierung der Ergebnisse.Es seien aber weitere Untersuchungen erforderlich, um mögliche Rückkopplungen auf den Luft-Meer-Austausch zu analysieren. Eine Änderung dieses Austausches wirke sich potenziell auf regionale atmosphärische Bedingungen und die Ökosystemdynamik aus und wird Gegenstand weiterführender Studien sein.“
Das klingt alles andere als nach Science is settled.