Die Bauern- und Jagdlobby als Staat im Staate hat sich mal wieder durchgesetzt, ihr CDU-Arm im niedersächsischen Landtag hat den mühsam ausgehandelten „Kompromiss“ (der ohnehin umstritten war) der rot-grünen Vorgängerregierung zur sog. „Intervalljagd“ im 14-tägigen Turnus auf Gänse in EU-Vogelschutzgebieten (!) wieder kassiert und zu einer „Kann-Bestimmung“ gemacht. Verantwortlich ist die neue Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) in der SPD-CDU-Koalition. Damit können arktische Gänse (Zugvögel!) wieder stärker bejagt werden, in ihren Schutzgebieten. Nicht jagdbare Arten wie streng geschützte Watvögel werden dadurch von ihren Nahrungsflächen vertrieben; es kommt auch zu – strafbaren – Fehlabschüssen nicht jagdbarer Arten.
In der rot-grünen Vorgängerregierung war es die SPD-Fraktionsvorsitzende im niedersächsischen Landtag, Johanne Modder aus dem Rheiderland, die zusammen mit SPD-Jägern die vollständige Einstellung der Jagd auf Wasservögel in EU-Schutzgebieten torpedierte. Und es war der Wattenrat Ostfriesland mit seinem Mitarbeiter Eilert Voß und nicht der NABU (den musste man mit seinem Protest „zum Jagen tragen“), der seit Jahren auf eine Änderung der Jagdzeitenverordnung in den EU-Vogelschutzschutzgebieten gedrängt und die Initiative zur Abschaffung der Jagd in Vogelschutzgebieten angestoßen hatte. Die Initiative wurde sogar vom Ökologischen Jagdverband (ÖJV) unterstützt. Mit der Unterstützung der Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN) für die Aufhebung der Jagdzeitenbegrenzung haben sich die Freizeit-Gänsejäger selbst als Schießerlobby disqualifiziert! Die Landesjägerschaft in Niedersachsen darf sich „anerkannter Naturschutzverband“ nennen, ein Skandal! Der Präsident der niedersächsischen Landesjägerschaft ist der Landtagsabgeordnete Helmut Damann-Tamke (CDU), stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion und Sprecher für den Bereich Landwirtschaft, wie praktisch für die Jäger.
Der Wattenrat weist seit Jahren auf unhaltbare und illegale Jagdzustände in EU-Vogelschutzgebieten hin: Jagd bei Nebel oder Schneetreiben, bei der die jagdbaren von den nicht jagdbaren Arten nicht unterschieden werden können, Fehlabschüsse von nicht jagdbaren Arten, Jagd mit an Gewässern verbotener Bleimunition, Jagd ohne einen gebrauchsfähigen Jagdhund. Viele Gänse werden nur „angebleit“ und fristen dann ihr Dasein als flugunfähige Krüppel, die sich zusammenfinden.
Das alles hat Eilert Voß vom Wattenrat jahrelang akribisch auf seiner „Gänsewacht“ an der Ems protokolliert. Alle Anzeigen gegen die namentlich bekannten Jäger verliefen im Sande, aber Voß wurde 2011 zu einer Geldstrafe von 2000 Euro wegen Jagdstörung verurteilt, weil er während einer Gänsejagd im Schutzgebiet „Petkumer Deichvorland“ an der Ems in ein Nebelhorn geblasen hatte.
Bericht aus dem Weser Kurier in Bemen: WK_Gaensekompromiss_07Dez2017