Der landespolitische Berg kreiste und gebar eine Maus: Vollmundig hatte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) eine Novellierung des Jagdgesetzes mit der Abschaffung der Jagd auf Zugvögel in den europäischen Vogelschutzgebieten angekündigt. Herausgekommen ist dabei wenig: Die Änderung des Jagdgesetzes wird auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben, die Abschaffung der Jagd in Schutzgebieten wurde zur Intervall-Jagd umdeklariert, nun wird nur noch im zweiwöchigen Turnus in den Schutzgebieten getötet. Erfreulich: Die Verwendung von Bleischrot wurde völlig verboten, wer das kontrolliert, ist eine andere Frage. Und in Zukunft dürfen Jäger auch mit Schalldämpfern schießen, was allerdings für Spaziergänger nicht ungefährlich ist. Gescheitert ist Minister Meyer am Koalitionspartner SPD, die sich faktenblind an die Hobbyjäger angebiedert hat. Die Landtagsabgeordnete und SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Johanne Modder, hat zusammen mit schießfreudigen Genossen eine tatsächliche Wende zum Besseren verhindert, sie stammt aus dem zugvogelreichen Rheiderland in Ostfriesland, dort, wo Bauern wegen tatsächlicher oder vermeintlichger Fraßschäden politischen Druck ausüben. Bauern, die am Vertragsnaturschutz teilnehmen, bekommen aber 250 Euro/ha/a Ausgleich, egal ob Fraßschäden aufgetreten sind oder nicht.Parallel hatten 9 Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer am 28. April 2015 Normenkontrollanträge gegen die seit Oktober 2014 geltende neue Jagd- und Schonzeitendverordnung beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingereicht, unterstützt vom Zentralverband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in Niedersachsen e.V. und der Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. (LJN).
Die LJN ist „anerkannter“ Naturschutzverband in Niedersachsen, genau wie die anderen 14, wie BUND oder NABU. Im Vorfeld der Entscheidungen machte die LJN gehörigen Druck, von den Naturschutzverbänden kamen, wenn überhaupt, nur laue Presseproteste. Es darf also weiter in den Schutzgebieten auf bestimmte Gänse- und Entenarten geschossen werden, verbunden mit der Vertreibung von anderen, streng geschützten nicht jagdbaren Arten. Spaziergänger dürfen diese Gebiete aus Naturschutzgründen nicht betreten, ein einziger Jäger reicht aber aus, um ein Schutzgebiet durch die Fluchtdistanzen der Vögel weiträumig leer zu fegen.
Heimische Graugänse werden bereits ab dem 01. August geschossen; die Unruhe und die Störungen beginnen also schon bald.
Naturschutzfachliche Fakten wurden in den vorangegangenen nicht ergebnisoffenen Diskussionen, die vom Landtagsabgeordneten Wiard Siebels (SPD) vor allem intensiv mit der Jägerschaft geführt wurden, kaum berücksichtigt. Wie auch, Jäger wollen Beute machen. Wiard Siebels, auch agrarpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, der auf seiner WebSeite schwadroniert „Es werde mit der SPD keine ideologischen Änderungen am Jagdrecht geben„ ist wohl fachlich nicht ganz auf der Höhe und deshalb auch nicht ernst zu nehmen, leider ist er aber mit an der Macht, kein Einzelfall in der Politik. Nichtsdestotrotz hat unser Mitstreiter Eilert Voß in der letzten Jagdperiode wieder akribisch Buch über die vielfältigen Störungen im und am Naturschutzgebiet „Petkumer Deichvorland“ an der Ems bei Emden geführt. Seine Dokumentation der „Gänsewacht“ , erstellt an vielen kalten Tagen bei jedem Wetter, veröffentlichen wir hier: Gaensewachtbericht 2014/2015 und 2013/2014 (.pdf, 6,2MB) .
Erfreulich ist, dass es auch wesentlich nüchternere Anregungen zur Jagd in Schutzgebieten gibt, von Jägern! Der „Ökologische Jagdverein Niedersachsen und Bremen e.V.“ der mit dem Wattenrat zusammengearbeitet hat, erstellte 2013 den „Fachbeitrag Jagd“ zum „Integrierten Bewirtschaftungsplan Emsästuar“, den Sie hier als .pdf-Beitrag nachlesen können: ÖJV_Fachbeitrag Jagd IBP Ems
Link: Warum Wissenschaft und Vogelschutz die Gänsejagd in Deutschland ablehnen: .pdf Gaensejagd_Kruckenberg_Mooij_2007