Am Dienstag, 23. Januar 2018, berichtete das NDR-Fernsehen auf dem Programmplatz Panorama3 über die nur unzureichende und damit eigentlich gesetzwidrige Entfernung von Betonfundamenten von Windkraft-Altanlagen: „Rückbau bei Windrädern oft mangelhaft“. Der ursprünglich darin auch vorgesehene Beitrag aus dem gerade repowerten Windpark Utgast und der „Zeiger“-Mühle im Landkreis Wittmund/NDS wurde allerdings „aus redaktionellen Gründen“, so die Mail eines Mitarbeiters der Panorama3 – Redaktion (Zeitgeschehen / Abt. Innenpolitik) vom 19. Januar, gestrichen. Gedreht wurde in Utgast und am Altfundament der „Zeiger“-Mühle in Oldendorf/Bensersiel mit Wattenrat-Mitarbeiter Manfred Knake im November 2017.
Monatelang wurden im repowerten Windpark Utgast im LK Wittmund mit Baggern und Betonmeißeln die Altfundamente der Tacke TW-600 bis auf eine Tiefe von nur ca. 1,5 m unter Geländeoberkante entfernt, das war kilometerweit zu hören. Fundamentreste und die mehr als zehn Meter langen stützenden Betonpfähle der Fundamentplatten verblieben im Boden. Laut Baugesetzbuch und dem dazugehörigen Kommentar von u.a. Krautzberger sowie dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (3. Senat, Aktenzeichen 3 UZ 2619/03, vom 12.01.2005) müssen die Fundamentrückstände aber vollständig aus dem Boden entfernt werden, und das ist für den Betreiber sehr teuer. Ausgerechnet am Drehtag im Nov. 2017- und nur an diesem Drehtag mit dem NDR – war im Windpark kein Meißelhämmern zu hören, die Bagger standen still. Die Arbeiter (weißer Dacia mit rumänischem Kennzeichen) fuhren am Drehteam vorbei und verließen das Gelände des Windparks. Am nächsten Tag wurde bis in den späten Dezember 2017 hinein wieder die Arbeit aufgenommen.
In der dann ausgestrahlten Sendung am 23. Januar wurde eine Karte mit den Landkreisen verschiedener Bundesländer aus Norddeutschland eingeblendet und diese farblich mit rot, grün oder grau markiert. Rot: In diesen Landkreisen werden die Betonfundamente nur unvollständig entfernt, grün: vollständige Entfernung, grau: keine Angabe. Die Landkreise Wittmund und Aurich werden jedoch in der Karte „grün“ dargestellt, also „keine Fundamente im Boden“. Das trifft definitiv nicht zu. Es darf vermutet werden, dass die Auskunft gebenden Landkreise mit der Wahrheit kreativ umgegangen sind, es wäre nicht das erste Mal. Aus hier vorliegenden Quellen ist bekannt, dass auch im Landkreis Aurich Fundamentreste im Boden verblieben sind. Wittmund ist der „Vorzeigelandkreis“, in dem die Altfundamente nur bis 1,5 m unter Geländeoberkante abgetragen werden. Darüber hat der Wattenrat bereits vor Jahren ausführlich berichtet. Zudem liegt dem Wattenrat ein Schriftstück des Wittmunder Bauamtsleiters Hillie vor, der das auf eine Anfrage des Wattenrates in einem Vermerk bestätigte. Der Vermerk lag der NDR-Panorama3-Redaktion vor:
Auszug aus dem Vermerk:
Bauamt
60/1
Wittmund, den 14.03.2012
Rückbau von Windenergieanlagen
Vermerk:[…]
Soweit keine verbindlichen rechtlichen Vorgaben bestehen, müssen die zu treffenden Regelungen zwischen fachlichen Notwendigkeiten und Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen abgestimmt werden. Der Ansatz liegt hier bei 1 -1,50 m unter Geländeoberkante (GOK). Ein solcher Rückbau lässt wieder eine „durchwurzelbare Bodenschicht“ (= Bodenschutz) entstehen und minimiert die Auswirkungen der Versiegelung auf ein vertretbares Maß (= Naturschutz). Seit neuestem gibt es hierzu auch eine Empfehlung des MU, der eine Beseitigung zwischen 1,50 – 2,00 m unter GOK empfiehlt. Hieran werden wir uns künftig auch orientieren. […]
Der vollständige Vermerk ist hier abrufbar WKA_LK Wittmund_Rueckbau_Vermerk_14Maerz2012 . Es darf vermutet werden, dass es nicht um die Einhaltung geltenden Rechts geht, sondern um die Schonung der Geldbeutel der Windkraftbetreiber, die jahrzehntelang satteste Renditen über das Erneuerbare Energiengesetz gezogen haben, zu Lasten aller Stromkunden.
Seit einigen Jahren enthält der Genehmigungsbescheid für Windkraftanlagen den Passus der Rücklagenbildung für den Abbau der Altanlage; ob die darin aufgeführten Beträge auch für die komplette Fundamententfernung und -entsorgung ausreichend sein werden, ist fraglich. Es bleibt abzuwarten, ob die Grundeigentümer, auf deren Böden die Windkraftanlagen errichtet wurden, irgendwann für die Komplettentsorgung der Fundamente zur Kasse gebeten werden. Der jeweilige Windkraftbetreiber muss nur die entsprechende Betreibergesellschaft liquidieren, dann bleibt der Grundeigentümer ggf. auf den restlichen Rückbaukosten sitzen.
Es bleibt zu hoffen, dass in nicht zu weiter Zukunft eine rechercheintensive Redaktion eines öffentlich-rechtlichen Senders oder eine Zeitung außerhalb der Region diese Unstimmigkeiten aufgreifen und darüber berichten wird. Immerhin sind langsam verrottende Stahlbetonverbindungen in dieser Massierung für die Grundwasserqualität nicht gerade förderlich. Die Panorama3-Redaktion des NDR wäre dafür eine gute Adresse, wie schon dieser Beitrag aus dem Landkreis Aurich gezeigt hat „Windiges Geld: Dubiose Geschäfte mit der Windkraft“