Bearbeitet und ergänzt am 25. Nov. 2024
Am 15. November 2024 berichtete die Lokalzeitung „Anzeiger für Harlingerland“ aus Wittmund über die Sorgen der Küstenfischer und den Rückgang der Fangergebnisse bei den Krabben. Demnach sind 63 Fischereibetriebe sind im Deutschen Fischerei-Verbandes (DFV) organisiert. Beklagt wird die wirtschaftliche Lage der Küstenfischer. Mit 1881 Tonnen (= 1.881.000 Kilogramm!) gefangenen Nordseekrabben bezifferte die Landwirtschaftskammer in Oldenburg die Anlandung im Jahr 2023, das seien rund 30 Prozent weniger als 2022 an. Der Jahresumsatz mit Krabben und Fisch betrug 2023 ca. 17,2 Millionen Euro und lag damit laut Fischerei-Verband rund 22 Prozent unter dem des Vorjahresumsatzes 2022.
Die Fischer beklagen, dass Offshore-Windkraftanlagen, der Bau neuer Kabeltrassen und das Verklappen von Hafenschlick die Fanggebiete verkleinerten. Bereits Mitte August 2024 wurde deshalb in Cuxhaven ein „Zukunftspakt Küstenfischerei 2050“ anlässlich der 1. Norddeutschen Fischereikonferenz in Cuxhaven vorgestellt. Geleitet wurde die Veranstaltung von Dirk Sander (Neßmersiel, Präsident Landesfischereiverband Niedersachsen), Holger Heymann (SPD, Landrat Landkreis Wittmund), Uwe Santjer (SPD, Oberbürgermeister Stadt Cuxhaven) und Jürgen Peters (Bürgermeister Gemeinde Neuharlingersiel/Samtgemeinde Esens). Ungefähr 20 Vertreter aus Fischerei, Wirtschaft, Tourismus und Nationalparken waren Teilnehmer des Treffens, auf dem der „Zukunftspakt“ vorgestellt wurde . Ziele der Veranstaltung waren laut Cuxhavener WebSeite:
Kernpunkte des Zukunftspaktes:
Erhalt der Fanggebiete und wirtschaftliche Stabilität: Schutz der bestehenden Fanggebiete im Küstenmeer sowie Einführung spezifischer Managementansätze wie Schonzeiten und Fangtagebeschränkungen.
-
Diversifizierung und Einkommensmöglichkeiten: Förderung alternativer Fangtechniken, der Aquakultur und touristischer Angebote, die die Küstenfischerei einbeziehen.
-
Infrastruktur und Zusammenarbeit: Einrichtung eines Fischereirates zur dauerhaften Unterstützung der Küstenfischerei sowie Verbesserung der Hafeninfrastruktur und der regionalen Wertschöpfung
Immerhin werden jetzt die Begriffe „Schonzeiten“ und „Fangtagebeschränkungen“ verwendet, das Wort „Überfischung“ kommt jedoch überhaupt nicht vor. Untermaßige, nicht marktfähige Krabben werden zu Zierfischfutter verarbeitet. Diesmal sind es nicht die Seehunde, die zuvor von den Fischern für den Preisverfall verantwortlich gemacht wurden. Den aktuellen Schuldigen für den Krabbenschwund hat die Fischereiwirtschaft auch schon ausgemacht: Angeblich soll es der dorschartige Wittling sein, der neben Fischen, Weichtieren und Würmern auch Krabben frisst, der aber selbst gefangen und vermarktet wird.
Die Jungfische halten sich in Küstennähe und den Wattenbereichen als „Kinderstube“ auf und wandern nach einem Jahr Wachstum ins offene Meer ab, wenn sie nicht vorher als Beifang mitgefangen werden. Diese Art gilt ebenfalls als überfischt.
Die enormen Krabben-Fangmengen werden auch aus den Wattenmeer Nationalparken (UNESCO-„Weltnaturerbe“, Natura 2000-Gebiete) entnommen. Die Nationalparkvertreter als Teilnehmer des „Zukunftspaktes“ gehören inzwischen offensichtlich zu den Ko-Akteuren der Fischereiindustrie, die nur herausholt und nichts zum Schutz der Großschutzgebiete beiträgt. Statt sich für notwendige fischereifreie Zonen in den Nationalparken einzusetzen, unterstützen die Nationalparkvertreter die Krabbenfischerei.
Mit ihren Bodenschleppnetzen planieren die Kutter den Wattenboden und entnehmen dabei nicht nur Krabben, sondern auch einen enormen Beifang an Fischen, Krebsen oder Seesternen, der anschließen tot oder verletzt wieder über Bord geht. Die EU plant ein Schleppnetzverbote in Schutzgebieten, dagegen laufen die Küstenfischer Sturm.
Der WWF schreibt: „Die Grundschleppnetzfischerei schädigt empfindliche Bodenlebensgemeinschaften und wird in der südlichen Nordsee für die Vernichtung eines Viertels der Biomasse der Bodenlebewesen verantwortlich gemacht. Wiederholtes Befischen mit Grundschleppnetzen kann die Artzusammensetzung der Bodengemeinschaft verändern und damit das gesamte Nahrungsnetz beeinträchtigen.“
Die Tourismusindustrie ist auf die Kutter als umsatzfördernde maritime Folklorekulisse in den Sielorten an der Küste angewiesen.
Am 18. November 2024 fand die 2. Norddeutsche Fischereikonferenz in Cuxhaven statt. Dort ging es ums Geld, berichtet der NDR: „Konkret fordern die Fischer beim Verkauf von Flächen für Offshore-Windkraftanlagen einen Erlös von mindestens fünf Prozent als Strukturhilfe für die Fischerei. Außerdem soll ein Fischereifonds die Diversifizierung der Branche, Modernisierung von Schiffen sowie die Vermarktung und Forschung finanzieren. Ein Fischereirat mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Politik und den Kommunen könne über die Bewirtschaftung dieses Fonds entscheiden, teilte das Bündnis mit.“
Schlussbemerkung:
Diese Wattenmeer-Nationalparke „haben fertig“, sie sind als Schutzgebiete oder gar als „UNESCO Weltnaturerbe“ wegen der vielen zugelassenen Nutzungen nicht mehr ernst zunehmen.
Nationalparkgesetz Niedersächsisches Wattenmeer in der Fassung von 2022 – Auszug:
[…]
§ 2 – Schutzzweck:
(1) In dem Nationalpark soll die besondere Eigenart der Natur und Landschaft der Wattregion vor der niedersächsischen Küste einschließlich des charakteristischen Landschaftsbildes erhalten bleiben und vor Beeinträchtigungen geschützt werden. Die natürlichen Abläufe in diesen Lebensräumen sollen fortbestehen. Die biologische Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten im Gebiet des Nationalparks soll erhalten werden.
[…]
§ 9 – Fischerei in der Ruhezone
(1) Der berufsmäßige Fisch- und Krebsfang und die berufsmäßige Stellnetzfischerei einschließlich der Verwendung von Schlickschlitten sind in der Ruhezone erlaubt; ausgenommen sind die Gebiete I/8, I/10, I/18, I/24, I/28, I/30, I/32, I/33, I/34 und I/48.
[…]
[Anmerkung: Bei den „Ruhezonen“ handelt es sich um die strengsten Schutzzonen im Nationalpark.]
Video-Link: Vorsicht Krabben!