
22. Nov. 2025 im Naturschutzgebiet Unterems: zwei erlegte Blässgänse, keine Jagdzeit. Blässgänse haben die typischen dunklen Streifen auf dem Bauchgefieder- Foto: Eilert Voß/Wattenrat
Wattenrat-Mitarbeiter Eilert Voß beobachtet seit Anfang November 2025, wie in jedem Jahr, bei jedem Wetter das jagdliche Geschehen mit Fernglas und Kamera in den Bereichen des Naturschutzgebietes Unterems: die Gänsewacht. Das Gebiet ist fast vollständig auch als FFH-Gebiet „Unterems und Außenems“ und in Teilbereichen als das EU-Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von Leer bis Emden“ ausgewiesen. Hier befinden sich u.a. große Überwinterungsplätze von arktischen Gänsen. Die Jagd auf bestimmte Gänse- und Entenarten ist dort erlaubt, was zu erheblichen Störungen der nicht jagdbaren Arten führt; allein die bloße Anwesenheit von Jägern im Schutzgebiet vertreibt die Vögel. Nicht jagdbar ist z.B. die arktische Blässgans, die dort ihre Überwinterungsgebiete hat. Dennoch wird dort immer wieder, auch bei schlechtesten Sichtbedingungen, auf Gänse geschossen. Ein sicheres Ansprechen der verschiedenen Arten ist dann nicht mehr möglich, es kommt zu Fehlabschüssen oder zum Verletzen der Vögel durch Schrotschüsse. Es wird auch in hochfliegende Gänsepulks geschossen, was unwaidmännisch ist, weil die Vögel dann „angebleit“ und verletzt werden können. Auch bei guter Sicht kommt es zu Fehlabschüssen, wie aktuell am 22. November 2025, als dort von einer Jagdgesellschaft nicht jagdbare Blässgänse erlegt wurden. Das kann als Straftat gewertet werden.

Eindeutiger Jagdverstoß: mindestens zwei erlegte Blässgänse, 22. Nov. 2025, NSG Unterems – Foto: Eilert/Voß/Wattenrat
Damit wurde wieder einmal bestätigt, dass Wasservogeljäger im Jagdeifer oft nicht in der Lage sind, beim schnellen Blick über die Laufschiene der Flinte jagdbare von nichtjagdbaren Arten zu unterscheiden, zumal sich die „grauen“ Gänsearten nur beim genauen Hinsehen oder durch die verschiedenen Lautäußerungen sicher unterscheiden lassen. Eilert Voß hat den Vorfall beobachtet und fotografiert und den Sachverhalt anschließend bei der Polizeiinspektion Leer angezeigt. Alle Anzeigen ähnlicher Art der vergangenen Jahre verliefen im Sande ; man darf gespannt sein, ob es diesmal Folgen für die Jäger hat.

22. Nov. 2025, 08:35h, NSG Unterems: Jagdgesellschaft mit Kind kommt von der Gänsejagd – Foto: Eiler Voß/Wattenrat
Hier die anonymisierte Strafanzeige:
Antragsteller: Eilert Voß, […] 26725 Emden, […]
An die
Polizei-Inspektion Leer
Ermittlungs-Abteilung für Jagd-Angelegenheiten […]
Am Hafenkopf 2
26789 Leer
Betreff: Anzeige gegen „Unbekannt“ Emden, den 25.11.2025
Sehr geehrter Herr […],
Im Rahmen meiner ehrenamtlichen Zähl-Tätigkeit für die Staatliche-Vogelschutzwarte im Nieders. Landesbetrieb für Wasserbau, Küsten- u. Naturschutz, NLWKN, erfasse ich seit Jahrzehnten Vogelbestände im Naturschutzgebiet „Emsauen zwischen Ledamündung und Oldersum“. Bei monatlich durchgeführten Ems-Zählungen ist von besonderem Interesse, den vielfältigen Störungen der Vogelwelt auf die Spur zu kommen, denen negative Einflüsse auf Brut- Nahrungs- und Schlafgebiete zugeschrieben werden
Am Sonnabend dem 22. Nov. 2025 stand ich bei EMS-Km 28,3 mit einem Begleiter zwischen
08:32 Uhr und 08:40 Uhr, südlich der Ortschaft Woltersterborg, auf dem Emsdeich. Von den Deichanlagen aus wurde gehört, dass Unbekannte aus dem Deichvorland heraus offensichtlich auf sehr hoch fliegende, geschützte Bless- und Nonnengänse schießen, die nach gültigen Regelungen im Jagd- und Naturschutz-Gesetz im FFH-Gebiet „Emsauen“ keinesfalls bejagt werden dürfen.
Von der Deichkuppe aus wurden Jäger im Ried der NSG-Zone entdeckt, die offensichtlich die Jagd auf Gänse ausübten, oder diese kurz zuvor unterbrachen. Zwei weitere Jäger trugen in großer Eile zwei tote Blessgänse zu einem VW-Bus mit polizeilichem Kennzeichen, LER-[ …]. Der Wagen wurde von […], Oldersum, gefahren und war auf dem Teekweg in schneller Fahrt zu drei verschiedenen Jagd-Standorten unterwegs. (Belegfotos). Innerhalb weniger Minuten verließ der VW-Bus mit mind. fünf (5) jagdlich gekleideten Personen, einem kleineren Kind, einem Hund und mind. zwei toten Blessgänsen als Jagdbeute, geschützte Vorländer. Blessgänse haben in Niedersachsen keine Jagdzeit. Die Bejagung im NSG „Unterems“ ist eine Straftat. Nach Öffnung eines Zugangstores zu den Deichanlagen wurde die Fahrt über den Deichweg und der Deichlandstraße Richtung Oldersum fortgesetzt. Anwohner aus Oldersum berichteten, dass es 8 Stunden später und am selben Ort bis spät in den Abend und in völliger Dunkelheit, aus dem Emsvorland erneut heftig knallte.
Nach meiner Kenntnis sind zumindest während meiner Beobachtungszeit von der Jagdgesellschaft Belange des NJagdG, des Nieders.NatSchG u. der BNatSch Gesetze verletzt worden.
Hiermit zeige ich die beobachteten Jagdverstöße bei der zust. Leeraner-Polizeiinspektion an. Ich bitte um eine Aufklärung des fotografisch dokumentierten Sachverhalts und die Weiterleitung an die zuständige Staatsanwaltschaft. Bitte teilen Sie mir Ihr Aktenzeichen der Bearbeitung meiner Anzeige per Mail mit.
Mit freundlichem Gruß
Eilert Voß
Im Mail-Anhang:
13 Bilddateien. Fotografiert mit einer NIKON-D750-Digital-Spiegelreflex mit eingeschalteter Authentifikations-Funktion. Das Doku-Material wird der Polizei u. Staatsanwaltschaft für Ermittlungen zur Verfügung gestellt.
Zeuge: […], 26826 Weener