Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Qualität soll „unabhängig“ überprüft werden, frisches MakeUp nach 25 Jahren

Die "ungestörte Entwicklung" der Natur im Nationalpark Niedersächsisches Watttenmeer, hier: Norderney

Rechtzeitig zum 25-jährigen Jubiläum des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer sollen nun dessen „Qualität“ evaluiert werden, ausgerechnet mit Hilfe derer, die das Großschutzgebiet seit Jahren an die Wand fahren: Kitesurfer in Schutzgebieten oder keine Ranger mit hoheitlichen Aufgaben auf 3.500 qkm Nationalparkfläche, dafür 6 Dünenwärter auf den Inseln als Nationalparkwarte, ohne Kompetenzen, Fahrzeuge oder Boote, um nur ganz wenige Beispiele zu nennen.

Dieser Nationalpark wird seit Jahren gezielt zum Freizeitpark ausgebaut, 37 Millionen Tourismusübernachten werden hier bereits  jährlich gezählt, ohne ausreichende fachliche Aufsicht im Schutzgebiet. Nun soll die „Qualität“ der Managementmaßnahmen im Nationalpark durch die Bereisung eines „unabhängigen Komitees“ aus Vertretern von Land und Bund, von Universitäten und Naturschutzverbänden, aus Nationalparks sowie vom Dachverband der Nationalen Naturlandschaften (Europarc)  geprüft werden. Die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer nimmt derzeit freiwillig an einer bundesweiten Initiative zur Überprüfung der Managementqualität in Großschutzgebieten teil. Allerdings: Einen expliziten Managementplan für diesen Nationalpark gibt es seit 25 Jahren gar nicht, noch nicht einmal als Faltblatt.

Dann bleibt zu hoffen, dass das „unabhängige Komitee“ auch die WebSeiten des Wattenrates zur Kenntnis nimmt, um sich ein Bild vom ungeschminkten Zustand des Nationalparks zu machen. Wenn das noch nicht reicht, dann auch bitte auch die „Bilanz“ der Naturschutzverbände zum 20-jährigen Bestehen des Nationalparks 2006 ansehen, auch die wurde unter Mitarbeit des Wattenrates erstellt. Kitesurfer in eigentlich geschützten Zwischenzonen gab es damals noch nicht, die wurden erst später trotz des ausdrücklichen Verbotes im Nationalparkgesetz zugelassen. „Ranger“ mit hoheitlichen Aufgaben im Nationalpark gibt es bis heute nicht.

Dafür gibt es mittlerweile mehr als 37 Millionen Tourismusübernachtungen jährlich, ohne ausreichende fachliche Aufsicht im Schutzgebiet. Nationalparkleiter Südbeck hat sich nicht nur einmal öffentlich als Tourismuspromoter gezeigt.

Es ist zu befürchten, dass es nur wieder ein Schaulaufen sein wird, bei dem dem Komitee die Schokoladenseiten des Nationalparks gezeigt werden, man sich gegenseitig lobt wie vor drei Jahren mit den Mitarbeitern der IUCN vor der „Weltnaturerbe“-Ausweisung! Holger Wesemüller, heute in führender Position bei Europarc und nun auch Mitglied des „Komitees“, hat viele Jahre seine „Qualitäten“ im Wattenmeernaturschutz beim industrienahen WWF bewiesen, und wurde dort fristlos entlassen:  Es wurden während seiner WWF-Zeit als Leiter des WWF-Büros „Meere und Küsten“ in Bremen die Insider-Kenntnisse der Ehrenamtlichen „vor Ort“ bei gemeinsamen Sitzungen der AG-Nationalpark abgefragt, dann ohne Rückkopplung in undurchsichtige Strategien eingebaut,  abgesprochene Positionen oft bis zur Unkenntlichkeit verwässert und schließlich der Politik oder Verwaltungen als „Lösungen“ angeboten. Es ist also zu erwarten und zu befürchten, dass die „Qualität“ rechtzeitig zum 25ten des Nationalparks hervorragend sein wird und die „Überprüfung“ mit viel Pressegetöse im Jubiläumsjahr in die Öffentlichkeit gedrückt wird, um die gravierenden Missstände wie gewohnt propagandistisch zu übertünchen, PR statt Naturschutz.  Nur: Behördlicher Naturschutz muss nichts mit der Realität zu tun haben!

„Partner und Förderer“ von Europarc, Mitglied des „unabhängigen Komitees“, sind u.a.:

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, das nachgeordnete Bundesamt für Naturschutz, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Kuratoriumsmitglied: Hans-Heinrich Sander, nds. Umweltminister) und die Commerzbank

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Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung, 10.02.2011

Wie steht’s um die Qualität im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer?

Ein unabhängiges Komitee prüft den Nationalpark. Das Landesministerium erhält die Ergebnisse.
Das Evaluierungskomitee vor Ort mit Vertretern der Nationalparkverwaltung
Das Evaluierungskomitee vor Ort mit Vertretern der Nationalparkverwaltung
© Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer
Gemeinsame Presseinformation der Nationalen Naturlandschaften und der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer

(Berlin/ Wilhelmshaven, 10. Februar 2011) Die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer nimmt derzeit freiwillig an einer bundesweiten Initiative zur Überprüfung der Managementqualität in Großschutzgebieten teil. Dazu hat jetzt ein Fachkomitee aus Vertretern von Land und Bund, von Universitäten und Naturschutzverbänden, aus Nationalparks sowie vom Dachverband der Nationalen Naturlandschaften den Nationalpark bereist.

Während der zweitägigen Evaluierung wurden Gespräche mit Mitarbeitern der Parkverwaltung geführt und Handlungsansätze für Verbesserungen diskutiert. Im Rahmen einer Exkursion an den Jadebusen konnte sich das Komitee ein Bild von Informationseinrichtungen und verschiedenen Managementstrategien machen. Einschätzungen von Interessensvertretern und Kooperationspartnern aus Kommunen, Tourismus, Küstenschutz, Fischerei und Naturschutzverbänden ergänzten die Informations- und Bewertungsgrundlage. Auch ein Vertreter des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz nahm an der Evaluierung teil.

Im Vorfeld hatte die Nationalparkverwaltung einen umfangreichen Fragebogen ausgefüllt, der von einem unabhängigen Planungsbüro ausgewertet worden war. Das Komitee wird jetzt einen Bericht erstellen und die Ergebnisse und Empfehlungen dem Park und dem zuständigen Landesministerium übergeben. Ziel ist es, die Qualität des Managements langfristig zu sichern und zu steigern und Aufgaben wie Naturschutz, Forschung und Bildung sowie umweltgerechte Regionalentwicklung effektiv umzusetzen.

In den kommenden Monaten führt das Evaluierungskomitee die Überprüfung in den restlichen der 14 deutschen Nationalparks durch. Angestoßen von EUROPARC Deutschland, dem Dachverband der Nationalen Naturlandschaften, ist diese Initiative weltweit die Erste ihrer Art für Nationalparks.

Hintergrund:

Zur Überprüfung der Managementeffektivität von Nationalparks sind in einem mehrjährigen Prozess Qualitätskriterien und -standards in zehn Handlungsfeldern entwickelt worden. Damit kann nunmehr in Deutschland in den drei Schutzkategorien – Nationalparks, Naturparks und Biosphärenreservaten – auf anspruchsvolle Qualitätsstandards zurückgegriffen werden. Den Fragenkatalog „Qualitätskriterien und -standards für deutsche Nationalparke“ finden Sie online unter www.nationale-naturlandschaften.de/infothek.
Unterstützt wird die erstmalige Evaluierung der deutschen Nationalparks im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens „Anwendung von Qualitätskriterien und -standards zur Evaluierung der deutschen Nationalparke“ vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) im Zusammenwirken mit den Ländern und EUROPARC Deutschland.

Teilnehmer

des Vor-Ort-Komitees und der Nationalparkverwaltung – NLPV – (auf dem Foto von links): Jürn Bunje, Arndt Meyer-Vosgerau (beide NLPV), Dr. Volker Scherfose (Bundesamt für Naturschutz), Josef Seidenschwarz (Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz – LANA), Vera Knoke (LANA), Holger Wesemüller (EUROPARC Deutschland), Karl Friedrich Sinner (Projektleitung), Peter Südbeck (NLPV), Andrea Hoffmann (EUROPARC – Projektkoordination), Manfred Bauer (AG Nationalparke), Prof. Ludwig Ellenberg (Wissenschaft), Theodor Schröder, Heinz-Hermann Kathmann (beide NLPV), Wolfgang Fremuth (Naturschutzverbände). Nicht auf dem Foto: Prof. Peter Schmidt (Wissenschaft), Dr. Gerald Millat (NLPV).
(Foto: Christian Abel, NLPV)
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