Der Skandal um die Genehmigung von Kitesurferflächen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer durch die Missachtung geltenden Naturschutzrechts zieht Kreise. Nun äußert sich öffentlich sehr deutlich die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Aurich. Wann äußern sich eigentlich die „anerkannten“ Naturschutzverbände, die z.T. über hauptamtliche Pressesprecher verfügen? Wann wird vom Verbandsklagerecht Gebrauch gemacht?
Ostfriesischer Kurier/Norden und gleichlautend im Anzeiger für Harlingerland/Wittmund, 16. Dezember 2011
Kitesurfer: Landkreis Aurich nicht mit auf dem Brett . KRITIK Genehmigungsverfahren ohne Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde gelaufen / Gutachten fehlten
AURICH/WILHELMSHAVEN/FR Der Landkreis Aurich fühlt sich in seiner Eigenschaft als Untere Naturschutzbehörde bei der Entscheidung über die Genehmigung von neuen Flächen für Kitesurfer in Dornumersiel und Norderney ausgebootet. „Wir sehen das Genehmigungsverfahren sehr kritisch“, zeigte sich gestern Aurichs Erster Kreisrat Dr. Frank Puchert von der Vorgehensweise der Nationalparkbehörde sehr überrascht. Puchert stufte das Kitesurfen im Nationalpark als ein äußerst sensibles Thema ein, das hinsichtlich seiner möglichen Auswirkungen auf die Natur sehr sorgfältig untersucht werden müsse.
Wie berichtet, hat die Wilhelmshavener Behörde trotz massiver Bedenken von Naturschützern neue Flächen für Kitesurfer in Dornumersiel, auf Norderney, Neuharlingersiel und auf Langeoog genehmigt. Das Genehmigungsverfahren hatte im Frühjahr 2010 begonnen. Damals wurden Verbände und Behörden um eine Stellungnahme gebeten. Auch der Landkreis erhielt ein Schreiben. Das hatte jedoch aus Sicht der Unteren Naturschutzbehörde einen erheblichen Mangel: Ihm fehlten jegliche Gutachten wie zum Beispiel eine FFH-Prüfung (EU-Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume so- Wie der wildlebenden Tiere und Pflanzen). „Der Landkreis konnte gar keine fachliche Stellungnahme abgeben, weil uns die Nationalparkverwaltung elementare Gutachten nicht vorgelegt hat“, erinnert sich Wolfgang Ippen, Leiter des Sachgebietes Naturschutz. Der Kreis habe aus diesem Grund auch keine naturschutzfachliche Beurteilung zu den Vorhaben in Dornumersiel und Norderney abgegeben, sondern die Nationalparkbehörde schriftlich gebeten, die Gutachten nachzureichen.
Aus Wilhelmshaven sei jedoch keine Reaktion erfolgt. „Wir haben seit dem Sommer 2010 nichts mehr gehört“, kritisierte Erster Kreisrat Puchert. Erst Dienstag dieser Woche sei der, Kreis zum Abschlussgespräch des Genehmigungsverfahrens eingeladen worden, habe aber auf die Teilnahme verzichtet. Schließlich war aus Auricher Sicht die Sache gelaufen. „Der Landkreis hätte formal gar nicht beteiligt werden müssen. Dennoch haben wir ihn angeschrieben“, stellte gestern die Pressesprecherin der Nationalparkverwaltung, Imke Zwoch, fest. Der ausgewiesene Bereich für das Kitesurfen liege unterhalb der sogenannten MTHW-Linie (Mittleres Tidehochwasser) . Und dort sei die Nationalparkverwaltung zuständig.
Dem widerspricht Frank Puchert: „Die Kitesurfer ziehen sich beispielsweise oberhalb der MTHW-Linie um. Und für diesen Bereich sind wir verantwortlich.“ Wie Zwoch weiter ausführte, sei ein FFH-Hauptverfahren gar nicht durchgeführt worden: „Eine Vorprüfung aller umweltrelevanten Belange hat damals ergeben, dass sich durch die Kitesurfer keine erheblichen Beeinträchtigungeneinstellen werden. Darum haben wir auf ein Hauptverfahren verzichtet.“