Armutszeugnis: Untere Naturschutzbehörde Landkreis Aurich: keine Handhabe gegen lautstarke Veranstaltungen am Nationalpark Wattenmeer

Laerm-macht-doof_1Lautstarke „Events“ direkt an den Grenzen des Großschutzgebietes „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ zur Touristenbespaßung, das als „Weltnaturerbe“ von der Tourismusindustrie vermarktet wird, nehmen zu. Dazu gehören Höhenfeuerwerke zur Brutzeit, dröhnende Musikveranstaltungen an den Stränden oder die Silvesterpartys. Der Lärm und die Lichteffekte reichen weit in das Schutzgebiet hinein und verursachen erhebliche Störungen der Brut- oder Rastvögel. Der Wattenrat Ostfriesland macht seit Jahren auf diese Missstände aufmerksam. Die 15 „anerkannten“ Naturschutzverbände in Niedersachsen rühren sich nicht, die Nationalparkverwaltung versteckt sich hinter dem „Argument“, man könne nicht eingreifen, weil diese Veranstaltungen außerhalb der Nationalparkgrenzen stattfänden, obwohl der Lärm oder die Lichteffekte an den Grenzen nicht haltmachen. Die professionellen Touristenbespaßer frohlocken und machen weiter wie bisher, nun sogar unterstützt von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Aurich. Professionalität sieht anders aus…

Ostfriesen Zeitung, 02. Sept. 2016

[…] Aurich/Norddeich – Gegen Silvesterknallerei an der Grenze zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer ist kein Kraut gewachsen. Das wurde am Mittwoch in der Sitzung des Kreisumweltausschusses Aurich deutlich. Auf Antrag der Grünen war das Thema Silvesterfeier in Norddeich auf die Tagesordnung genommen worden. Man wolle „nicht jedes Jahr wieder diese Auseinandersetzung“, sagte die Grünen-Politikerin Gila Altmann. Daher könne der Landkreis Aurich womöglich moderierend eingreifen. […] Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Aurich hatte der Party damals zugestimmt, da der Abstand der Veranstaltungsfläche zum Nationalpark groß genug war. Sachgebietsleiter Wolfgang Ippen machte in der Ausschusssitzung deutlich, dass keine naturschutzrechtlichen Bedenken gegen die Party bestanden hätten.  […]

Mit einer Pressemitteilung hat der Wattenrat auf diese windelweichen Rechtfertigungsversuche reagiert, die – wie gewohnt – nicht veröffentlicht wurde.

Bildzitat: Ostfriesischer Kurier, Norden/NDS, S. 3, 02. Dezember 2015

Bildzitat: Ostfriesischer Kurier, Norden/NDS, S. 3, 02. Dezember 2015

– Wattenpresse –
Infodienst des Wattenrates Ost-Friesland
www.wattenrat.de
Datum:  02. September 2016
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Presseinfo:

Wattenrat-Stellungnahme zur Beratung im Kreisumweltausschuss des Landkreises Aurich zum Feuerwerk am Strand von Norddeich und den Auswirkungen auf den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer:

Die Aussage im Kreisumweltausschuss zum angeblich zulässigen Feuerwerk in unmittelbarer Nähe des Großschutzgebietes Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer sind unvollständig, die Einlassung
ausgerechnet des Vertreters der Unteren Naturschutzbehöre, Ippen, ist zudem fragwürdig. Lärmintensive Veranstaltungen im Nationalpark sind nach dem Nationalparkgesetz ebenfalls verboten. (siehe §6, gilt auch
für alle Zonen, „…ist es verboten…die Ruhe der Natur durch Lärm oder auf andere Weise zu stören…“)

Der Lärm von Feuerwerken und auch lautstarke Musikbeschallung von der Grenze des Nationalparks reichen weit in den Nationalpark hinein und hören an den Grenzen des Schutzgebietes nicht auf, der Ort der Lärmquelle ist nebensächlich, alles andere wäre Haarspalterei! Unabhängig von einem in diesem Falle verneinten Straftatbestand ist anzumerken, dass der Nationalpark ein Natura-2000-Gebiet ist (EU-Vogelschutzgebiet und überwiegend FFH-Gebiet). Nach den rechtsverbindlichen EU-Richtlinien unterliegen auch Einwirkungen von außen, die die Erhaltungsziele des Schutzgebietes gefährden, einem Prüf- und Genehmigungsvorbehalt; das wird von der Unteren Naturschutzbehörde und dem Auricher Kreisausschuss einfach ignoriert und lässt Zweifel an der Qualifikation aufkommen. Der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer als Natura-2000-Gebiet ist also gar nicht ausreichend geschützt. In das Nationalparkgesetz müssten daher zwingend die von außen einwirkenden Verbotstatbestände nachträglich eingearbeitet werden.

Man will in Norddeich und anderswo offensichtlich auf diese zunehmenden lärmintensiven Großveranstaltungen an den Nationalparkgrenzen aus touristischen Gründen nicht verzichten. Das ist ein Armutszeugnis der Auricher „Unteren Naturschutzbehörde“ und auch der Nationalparkverwaltung, die das Problem seit Jahren aussitzt,
aber dennoch in jedem Jahr auf die enormen Vogelstörungen durch Feuerwerke im und am Nationalpark appellativ und stets vergeblich hinweist. Der Kurbetrieb von Norddeich mit seinem Kurdirektor Korok (einer der Veranstalter der Silvesterparty zusammen mit dem NDR) wurde zu allem Überfluss im März 2016 von der Nationalparkverwaltung auch noch zum „Nationalparkpartner“ geadelt; diese Auszeichnung verpflichtet eigentlich zum schonenden Umgang mit der Natur. Von den 15 „anerkannten Naturschutzverbänden“ hört man nichts dazu im Lande.

Der Wattenrat wird daher jetzt auf Landtagsebene versuchen, die Gesetzeslücke mit einer Ergänzung im Nationalparkgesetz zu schließen, damit in Zukunft störende Einflüsse von außen unterbunden werden können.

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