Wir sind dann mal weg: weniger Rast- und Brutvögel im Watt

Sandregenpfeifer: Einer der letzten seiner Art - von den Stränden im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und "Weltnaturerbe" vertrieben

Sandregenpfeifer: Einer der letzten seiner Art – von den Stränden im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“ vertrieben, Foto (C): Wattenrat

Gestern und heute wurde in einigen Küstenzeitungen der nachfolgende Bericht veröffentlicht:

02. Juli/03. Juli 2015:

Weniger Rastvögel im Watt

Wilhelmshaven – Das Wattenmeersekretariat veröffentlichte einen Bericht über die Entwicklung der Rastvogelzahlen im Wattenmeer. Insgesamt werden 33 Arten überwacht. Dabei zeigt sich: Die Zahlen von 14 Arten nehmen ab, bei 13 Arten zeigen sie keine Veränderung und bei sechs Arten nehmen sie zu. Zu den Arten mit abnehmenden Beständen gehören Austernfischer, Dunkler Wasserläufer, Ringelgans und die Silbermöwe. Diese Arten sind zwar noch nicht ausgesprochen selten geworden, aber ihre Zahlen gingen in den letzten 25 Jahren um bis zu 50 Prozent zurück. Zu den 13 beständigen Arten gehören der Rotschenkel, Großer Brachvogel und Pfuhlschnepfe. Zahlenmäßig zugenommen haben Arten wie Löffler und Weißwangengans. Die Gründe für die unterschiedlichen Entwicklungen sind unklar.

Siehe auch Common Wadden Sea Secretariat (CWSS): 25 years of joint monitoring of migratory birds in the Wadden Sea

Bereits 2013 berichtete die WebSeite des CWSS auch über die Bedrohung der Brutvögel im Wattenmeerbereich: Breeding birds still at risk  Trends of Breeding Birds in the Wadden Sea 1991-2013, Wadden Sea Ecosystem No. 35. Progress Report.

Demnach nahmen innerhalb der letzten 21 Jahre 5 Arten stark zu (u.a. Löffler, Kormoran, Heringsmöwe) und 15 Arten mäßig (moderate) ab.

Zitat: „In all habitats concerned (coastal grassland, beach & offshore, dunes and salt marsh) about 60% of the breeding bird species […] are in moderate decline. Among birds of coastal grasslands and birds of salt marshes the largest proportion of declining species is found.

Man geht sicher nicht fehl in der Annahme, dass die Intensivierung der Landwirtschaft mit der frühen Mahd, das Wegspritzen der Insekten und der Massentourismus und die damit verbundenen Störungen (disturbances) mit zu den Ursachen gehören. Zudem sind die Salzwiesen vor den Deichen (im Nationalpark und „Weltnaturerbe“!) oft in sehr schlechtem Zustand, d.h. es gibt nur ein unzureichendes Beweidungsmanagement: Durch die Aufgabe der Beweidung und die starke Entwässerung mit Grabensystemen (Grüppen) entstehen trockene, mit Strandquecke überwucherte Salwiesen, die sowohl für Brutvögel als auch Rastvögel unattraktiv sind. Durch riesige Windparks wurden an der Küste zudem großflächig Brut- und Rastvogellebensräume durch den Scheucheffekt entwertet. Auf den Inseln gibt es ausgesetzte Igel, viele Hauskatzen oder von Jägern entwischte oder freigelassene Frettchen, die die Bodenbrüter dezimieren.

Über die bekannten aussterbenden Arten „ganz weit weg“ wie Nashörner oder Orang Utans wird oft in der Presse berichtet. Die einheimischen Arten, meistens völlig unbekannt, verschwinden still und leise, sogar aus ihren Schutzgebieten. Vögel sind bekanntermaßen die Indikatoren für den Zustand einer Landschaft, und der Zustand ist für einen echten „Nationalpark“ als Großschutzgebiet mit dem Zusatzetikett „Weltnaturerbe“ unakzeptabel und stark verbesserunsbedürftig!

Siehe auch Wattenrat: Strandquecke auf dem Vormarsch

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