Der nachfolgende Beitrag erschien im Februar 2018 auf der WebSeite der Europäischen Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V. (EGE) unter dem Titel „Wolkenkuckucksheim“. Mit freundlicher Genehmigung der Eulenfreunde übernimmt der Wattenrat die Veröffentlichung im Wortlaut:
Wolkenkuckucksheim
Mit 240 Teilnehmern war die Tagung der Region Hannover und ihrer Klimaschutzagentur am 14. Februar 2018 gut besucht. Der Tagungsgegenstand: „Technische Systeme zur Vogelerkennung und -vergrämung in Kopplung mit bedarfsgerechter Anlagenabschaltung für Windenergieanlagen“. Auf solche Systeme setzen Politik und Wirtschaft, um Windenergieanlagen dort leichter durchzusetzen, wo sie derzeit an den Schranken des Artenschutzrechts scheitern oder mit generellen Abschaltauflagen konfrontiert sind.
Das Fazit der Tagung: Diese technischen Systeme sind nicht verfügbar, unzuverlässig, unausgereift und nicht Stand der Technik. Damit bestätigten die Referenten aus Windenergiewirtschaft und Naturschutz (darunter das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende und das Bundesamt für Naturschutz), was zuvor die Rechtsprechung konstatierte. An diesem Befund ändern auch „Studien zu technischen Systemen aus einer schweizerischen Perspektive“ nichts. Für den Vertreter der Schweizerischen Vogelwarte gab es dennoch Lob aus den Reihen der Windenergiewirtschaft. In der Schweiz stünde der Vogelschutz innovativen Lösungen offener gegenüber als in Deutschland, so das gepflegte Vorurteil. Tatsächlich stehen in der Schweiz ganze 34 (in Deutschland hingegen fast 30.000) Windenergieanlagen.
Einige Teilnehmer brachten es am Rande der Tagung auf den Punkt: „Viel Wind, aber nichts Neues unter der Sonne.“ Das Resümee der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen fällt positiver aus: Dank der Tagung dürfte es schwerfallen, bei diesem Thema sich und anderen etwas vorzumachen. Technische Systeme, die die Kollisionsopferzahlen an Windenergieanlagen in signifikantem Maße senken können, sind bis auf weiteres ein nicht eingelöstes Versprechen und eher eine Fern- als Naherwartung. Ein ernüchterndes Ergebnis, das sich zum Tag der Veranstaltung – Aschermittwoch – fügte.
Darüber hinaus bot die Tagung einen Tag nach Karneval allerdings doch noch allerlei Albernheiten: Der an Sonnenschein arme Winter 2017/18 sei fraglos Beleg für den Klimawandel (so der Veranstalter einführend). Der Vertreter des Bundesamtes für Naturschutz (!) sprach sich für mehr Windenergieanlagen aus. Und der Windenergieanlagenhersteller Enercon präsentierte unwidersprochen eine neue Glaubenswahrheit: „Klimaschutz gleich Windenergie gleich Artenschutz“! Die Branche folgt damit den Vereinnahmungsbestrebungen, die schon aus anderen Zusammenhängen bekannt sind: Landwirtschaft ist angewandter Naturschutz, Beton ist Leben, Pelz ist Artenschutz, ohne Jagd kein Wild.
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Zu ergänzen wäre: Ohne Windkraft kein Wind! Und den erzeugt die Branche in der Tat im Überfluss in den Medien.