Insel Juist, Küstenschutz: Wird das Westende nach den Stürmen aufgegeben?

Insel Juist, äußerstes Westende, Google Earth, Foto von 2018

Wie die Webseite „Juistnews“ am 25. Februar 2022 unter Berufung auf das niedersächsisches Wirtschaftsministerium meldete, gibt es Überlegungen, den Westteil der Insel Juist nicht weiter mit Küstenschutzmaßnahmen zu sichern, sondern diesen Teil der Insel aufzugeben. Der Orkan „Zeynep“ hatte Teile des erst 2020 durchgeführten seeseitig vorgenommenen Inselsicherungen im Westen der Insel wieder zerstört. Aus dem Kräutertal im Westen der Insel, Teil der strengsten Schutzzone (Ruhezone) des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer,„Weltnaturerbe“ und europäisches Schutzgebiet „Natura 2000“, wurden 2020 große Mengen Sand entnommen, um Teile des Inselwestens zu sichern. Vergeblich, wie sich wieder einmal herausstellte.

Der damalige eigentlich strafrechtlich bewehrte schwere Eingriff in dieses Schutzgebiet durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) wurde vom Wattenrat dokumentiert. * Insel Juist: mit schwerem Gerät im ´Kräutertal´- strengste Schutzzone des Nationalparks
Der NLWKN  „verkaufte“ diese ohne ausreichende, aber gesetzlich vorgeschriebene vorherige Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Maßnahme (§34 Bundesnaturschutzgesetz ) 2020 u.a. so:

„[…] Durch diese sehr detaillierte, an die örtlichen Verhältnisse angepasste Gestaltung gelang es in enger Abstimmung zwischen Küsteningenieuren und Landschaftsplanern naturschutzfachlich sensible Bereiche wie besonders geschützte Biotope und FFH-Lebensräume soweit wie möglich zu schonen und die Beeinträchtigung zu minimieren. Zudem wurden aus dem Bereich der Bautrasse Krähenbeerenheiden umgepflanzt, um so diese wertvollen Vegetationsbestände zu erhalten. Die Durchführung der Arbeiten in diesem sensiblen Naturraum erforderte eine besonders intensive Umweltbaubegleitung, die in enger Abstimmung mit der Bauüberwachung durch den NLWKN umgesetzt wurde.Auch mit der Entnahme des benötigten Sandes konnte eine Win-Win Situation für Küsten- und Naturschutz erreicht werden: In einem unmittelbar westlich angrenzenden Dünenareal bot sich die Chance, durch die Sandentnahme auch einen von Menschen angelegten Sanddamm zu entfernen. Es entstand ein Dünental mit Offenboden und Entwicklungsmöglichkeiten für Pioniervegetation der nassen Küstendünentäler, die als Biotoptyp „Feuchtes Dünentäler“ derzeit zu den FFH-Lebensraumtypen mit höchster Priorität und vorrangigem Handlungsbedarf zählen. Diese Dünentäler bilden den Lebensraum für vom Aussterben bedrohte und zahlreiche stark gefährdete Pflanzenarten. […]“

Juister Einwohner informierten den Wattenrat damals, dass der laut NLWKN vorgeblich „von Menschen angelegte Sanddamm“ tatsächlich natürlichen Ursprungs gewesen sei.

Juist  „dynamisch“ zweigeteilt – Karte von 1805: Carl Ludwig Le Coq, gest. 1829

Die Renaturierung erfolgte nun „dynamisch“ – so wie es in diesem Nationalpark eigentlich vorgesehen ist- und kostenlos durch den Orkan. Gegen die enormen dynamischen Erosionskräfte durch Wind und Wellen wirken die Sandentnahmen und -aufspülungen zur Inselsicherung wie „Tand Tand, ist das Gebilde aus Menschenhand“ (Theodor Fontane, Die Brück´ am Tay). Bei früheren Aufspülungen auf Juist wurde Sand aus den westlich vorgelagerten Sänden des Billriffs entnommen.  Die ständigen millionenteuren – aber mittelfristig oft vergeblichen- Eingriffe in das dynamische System des Wattenmeeres erinnern an die Tätigkeit des Sisyphos aus der griechischen Mythologie, der auf ewig einen Felsbrocken auf einen Berg hinaufwälzen musste, der ihm aber jedes Mal wieder ins Tal zurückrollte…

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Juist Net News

News: Wird Westteil der Insel Juist aufgegeben?

Beigetragen von JNN am 25. Feb 2022 – 12:07 Uhr

Nach Umweltminister Olaf Lies (SPD) hat nun auch der niedersächsische Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) den vom Sturm gebeutelten ostfriesischen Inseln Unterstützung zugesagt. Durch die Winterstürme wurden Schäden an Dünen verursacht und Strände weggespült. Althusmann habe sich am Donnerstag bei einer Online-Konferenz mit den Bürgermeistern der Inseln ausgetauscht, teilt das Ministerium mit. […]

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