„Nooit“!

Der Nooit-Findling im Arler Hammrich, Foto (C): Manfred Knake

Der Nooit-Findling im Arler Hammrich, Foto (C): Manfred Knake

Ein trotziges „Nooit“ prangt auf einem Findling im Arler Hammrich in der Gemeinde Großheide im Landkreis Aurich, eine Tafel erläutert: „Rettet den Hammrich, alle brauchen ihn!“. Für Nichtostfriesen gleich die Übersetzung: „Nooit“ bedeutet „niemals“, und ein Hammrich ist die offene, meist baumlose Fläche zwischen den Dörfern in der Marsch.
Anlass des Aufbegehrens war die Planung einer riesigen Müllkippe – an den Einwohner vorbei – von mehr als 20 Hektar Fläche im Arler Hammrich nordöstlich des Dorfes Arle. Daraus wurde nichts. 1974 organisierten sich Bürger, um gemeinsam gegen dieses Projekt vorzugehen, mit Erfolg. Nach einigen Informationsveranstaltungen, auf denen es hoch her gegangen sein soll, rückte auch der Gemeinderat von der Unterstützung der Pläne ab. Der volksnahe damalige Landrat Hinrich „Hinni“ Swieter (SPD) soll auf den Tisch gehauen haben und, so wird berichtet, mit den Worten: “Jetzt habe ich die Schnauze voll von der Mülldeponie in Arle, damit ist jetzt Schluss“, das Projekt zu den Akten gelegt haben.
Dieser Entschluss begründete eine neue Tradition im Arler Hammrich, die in jedem Jahr am Himmelfahrtstag (“Vatertag“) mit den entsprechenden Mengen Alkohol gefeiert wird. Dann treffen sich am Nooit-Stein viele Anwohner der umliegenden Ortschaften. Eine Spezialität ist das Pultstock-Springen, bei dem mit Hilfe eines langen Stabes versucht wird, über einen breiten Entwässerungsgraben zu gelangen, ohne nass zu werden. Der Stab muss mit Anlauf richtig im Gewässer platziert werden, dann schwingt sich der Springer am Stab über den Graben; macht er etwas falsch, fällt er hinein…

Leider war der Protest der Anwohner gegen die Verschandelung des Hammrichs umsonst. In späteren Jahren wuchsen hier nach und nach mehr als einhundertdreißig Windkraftanlagen bis in die angrenzende Gemeinde Dornum hinein aus dem Boden; auch nun waren es die Anlieger, die zuletzt davon erfuhren. Inzwischen gibt es erhebliche Proteste in Arle und Umgebung gegen die immer größer und lauter werdenden Anlagen, gegen die enorme Lärmbelästigung – vor allem nachts – der Anwohner und den Wertverlust der Immobilien.

Nooit-Stein im Arler HAmmrich: Vermüllung verhindert, Vermühlung gescheitert, Foto (C): Manfred Knake

Nooit-Stein im Arler Hammrich: Vermüllung verhindert, bei Vermühlung gescheitert, Foto (C): Manfred Knake

Die ostfriesische Tourismuswerbung ist allerdings blind für die gigantische Industrialisierung der Marschenlandschaft und bewirbt das Pultstockspektakel so:

„In Südarle, das idyllische Dorf in der Nähe von Norden und küstennah gelegen, findet jährlich am Himmelfahrtstag ein ´Pultstockspringen´ statt. Radlerfreunde nutzen den freien Tag für eine Radtour und fahren gezielt zu diesem Spektakel. ´Am großen Stein` oder auch `Nooit Stein` genannt, mitten in Ostfrieslands Naturidylle, verwandelt sich die sonst grüne Wiese zum bunten Veranstaltungsort.“

Arle im LAndkreis Aurich: Einst war die Kirche die markanteste Erhebung... Foto (C): Manfred Knake

Arle im Landkreis Aurich: Einst war die Kirche die markanteste Erhebung… Foto (C): Manfred Knake

Vor mehr als vierzig Jahren sollte der Hammrich vermüllt werden, heute ist er völlig vermühlt. Der Hammrich wird in nicht allzuferner Zeit ein riesiger Betonfriedhof mit den Fundamenten der dann abgängigen Windkraftanlagen sein.

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