Was für eine überflüssige und scheinheilige Diskussion um das Damwild auf Norderney! Eine Jägerschaft, die sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit als vorgebliche „Naturschützer“ hochstilisiert, sollte wissen, dass die Hirsche 1966 zur Ergänzung des Jagdwildes – also zur Jägerbespaßung – auf der Insel ausgesetzt wurden, nicht nur auf Norderney. Das ist eigentlich verboten, weil Damwild auf den Inseln natürlich nicht vorkommt. Ursprünglich stammt Damwild aus Klein- und Vorderasien.
§ 40 Bundesnaturschutzgesetz: “ 1) Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um einer Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen und Arten durch Tiere und Pflanzen nichtheimischer oder invasiver Arten entgegenzuwirken.“
Die Lösung ist doch ganz einfach: Da die Hirsche als Jagdwild ohnehin irgendwann in der Bratenröhre landen, kann man sie auf der übersichtlichen Insel auch bejagen oder einfangen und als Bambi zurück in einen Zoo oder Park geben, oder in ein Gehege, wo sie kommerziell zur „Fleischproduktion“ gehalten werden. Die Inseljäger machen sich mit ihren Rechtfertigungsversuchen zur Beibehaltung dieses „unpassenden“ Hirsches auf der Insel nur lächerlich. Auch Frettchen (Marder), zur Kaninchenjagd auf die Inseln gebracht, sind inzwischen verwildert und bedrohen die Bodenbrüter im Nationalpark Wattenmeer, genau wie Hauskatzen. Die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven ist also gefordert, konsequente Maßnahmen zur Entfernung des Damwildes von den Inseln durchzusetzen, fast 30 Jahre nach Ausweisung dieses Großschutzgebietes! Ein nicht ganz ernst gemeinter Rat: Wie wäre es mit ein paar Import-Wölfen als vorübergehende Pensionsgäste auf der Insel, zur Vermeidung der Beunruhigung der Wölfe außerhalb der Tourismussaison natürlich….?
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Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Redaktion:
Ostfriesischer Kurier, Norden/NDS, S. 9, 07. Mai 2015
Hegering: „Gibt keine Ideallösung“
Diskussion Stellungnahme zum Thema Damwild: Norderneyer Jäger wollen Fakten schaffen
Waidmänner weisen Schwarzen Peter von sich. Rahmen für Jagdausübung streng vorgegeben.
Norderney/Jen – Soll es nun runter von der insel, dasDamwild, oder nicht? Wie kann man Gärten, die Beete in der Stadt und vor allem den Friedhof vor den Besuchen der hungrigen Tiere schützen? Wer ist zuständig und wie könnte eine für alle vertretbare Lösung aussehen?
Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Norderneyer, ihr Bürgermeister, der Kirchenvorstand, die Jäger und Behörden schon seit langem. Dabei wird der Schwarze Peter gern hin- und hergeschoben, zuletzt landete er bei den Jägern. Diese haben sich daraufhin mit einer Stellungnahme an die Redaktion gewandt, um öffentlich Fakten zu schaffen. „Da wir uns auch auf Norderney an bestehende Gesetze halten müssen, ist der Rahmen der Jagdausübung vorgegeben“, heißt es seitens des Hegerings. „Keiner darf in Deutschland irgendeine Tierart ausrotten oder vergiften. Hierzu gehören auch Damwild und Kaninchen, die in ein funktionierendes Ökosystem eingebunden sind.“ eine Bejagung im Stadtgebiet könne nur mit einer Ausnahmegenehmigungdurchgeführtwerden.
„Sie gestaltet sich sehr schwierig, da natürlich auch dort die Sicherheit immer an erster Stelle stehen muss“, betonen dieWaidmänner. Die Damwildbejagung unterliege einem Abschussplan, der vom Landkreis Aurich vorgegeben wird. „Man kann also nicht wahllos irgendwelche Tiereschießen“, erklärt der Hegering. „An diesen Abschussplan haben sich die Norderneyer Jäger immer gehalten. Wir werden in Zukunft sicherlich einen höheren Abschussplan haben.“ Des Weiteren wird erläutert, dass man als Jäger kein Damwild narkotisieren oder sogar umsiedeln dürfe. Nur speziell ausgebildete Experten hätten die Berechtigung, mit einem Narkosegewehr Tiere zu betäuben. Durchführbar sei eine solche Aktion ohnehin nicht, weil man niemals alle Tiere „erwischen“ würde.
Ein weiteres Problem scheint die fußläufige Erreichbarkeit der Insel bei Ebbe zu sein. Schon einige Male sei beobachtet worden, auch von Nichtjägern, dass Damwild und auch Rehwild vom Festland durch das Watt laufen. Dies ist auch bereits mehrfach in politischen Sitzungen zur Sprache gekommen (wir berichteten). „im letzten Winter haben wir einen leblosen Spießer, einen jungen Hirsch, aus dem Hafenbecken bergen müssen“, schildern die Jäger. „Vor zwei Jahren lag ebenfalls ein toter Hirsch an der Möwendüne am Flutsaum. Davor hat man auf der Insel Baltrum, eine normalerweise Damwildfreie insel, zwei Stück Damwild geschossen. Vor einigen Jahren konnte man von einer Frisia-Fähre aus mehrere Hirsche auf einer Sandbank direkt vor Norddeich stehen sehen“, geben sie weitere Beispiele dafür, dass der wilde Wechsel zwischen Insel und Festland nicht bloß ein Märchen ist.
In Lütetsburg/Hage gebe es immerhin ein sehr großes Damwildvorkommen. Obwohl es auf der insel ein geringeres Nahrungsangebot gebe, ziehe es die Tiere, nicht selten in der Brunftzeit, vereinzelt nach Norderney. Des Öfteren hätten die Waidmänner schon Damwild auf der Insel gesichtet, dass definitiv nicht zum regelmäßigen Bestand gehöre und auch nur wenige Tage geblieben sei. Generell möchte der Hegering betonen, dass es „in ganz Deutschland – Norderney gehört auch dazu“ Wild gebe. „Vor allem in ländlichen Bereichen muss jeder Grundstückseigentümer selbst dafür sorgen, sein Land mit einem Zaun vor Wildschaden zu schützen. Kein Jäger in Deutschland wird es leisten können, alle Grundstücke ,wildfrei’ zu halten.“ Hinzu komme, dass ein Großteil der Bürger und Gäste sich am Anblick von Wild in der Natur erfreue, da sind sich die Waidmänner sicher. Genauso gut könnten sie den Unmut nachvollziehen, wenn Blumenbeete und Gräber kahlgefressen werden. „Auch wir Jäger haben viel Verständnis für den Ärger allerBetroffenen, wenn Wild Schaden verursacht. Doch Norderney ist nicht der einzige Ort in Deutschland, wo es Berührungspunkte mit der Natur gibt“, so der Hegering.
Dennoch: „Jagdzeiten, befriedete Gebiete, Vorschriften im Nationalpark sowie das Risiko gegenüber unzähligen Wanderern in den Dünen machen die Jagdausübung nicht einfacher.“ Der Jagdverband sei einer der ältesten anerkannten Naturschutzverbände in Deutschland. Hier versuche man, die Situation sorgfältig und sachlich zu analysieren. Wichtig sei den Norderneyer Jägern, dass die Diskussion nicht auf dem Rücken der Tiere ausgetragen werde. Und auch als Wahlkampfthema sei das Wild nicht geeignet. „Man muss anhand der Fakten aber erkennen, dass es eine Ideallösung nicht gibt“, so der Hegering.
Leserbriefe und persönliche Anfeindungen würden nicht dazu beitragen, das Problem zu lösen„und wir werden auch weiterhin keine Reaktion hierauf zeigen, um alles nicht noch mehr anzuheizen“, betont der Hegering. Ihre Unterstützung bei allen „Wildproblemen“ wollen die Jäger aber natürlich auch künftig anbieten.
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Ulrichs: Wild einfach einfangen, ist schwierig
Natur Borkum-Methode passe nicht
Norderney/Jen – Genau wie der Hegereing für die Damwildproblematik auf Norderney keine einfache Lösung sieht (Bericht oben), ist auch Bürgermeister Frank Ulrichs überzeugt, dass es nur über gemeinsame Kompromisse geht. Nachdem in einer Ratssitzung Ende März von der Insel Borkum erzählt wurde, wo man das Wild als invasiv eingestuft und dessen Entfernung angeordnet habe (wir berichteten), sollte ein solcher Weg auch für Norderney geprüft werden. Zwischenzeitlich habe sich die Stadt sowohl mit dem Landkreis Aurich als auch mit dem Friedhofsausschuss, den Technischen Diensten (TDN) und dem örtlichen Hegering ausgetauscht. Ein Einfangen und Verbringen zum Festland sei aber für Norderney eher „schwierig bis unmöglich“, so Ulrichs. „Die vollständige Beseitigung des vorhandenen Besatzes würde sicherlich bis auf Weiteres Abhilfe schaffen, wird aber insbesondere seitens des Hegerings als sehr kritisch und wenig zielführend betrachtet.“
Nicht nur die für die Tiere überwindbare Wattbrücke sei dabei bedacht worden, insgesamt müssten die Maßnahmen auch verhältnismäßig sein. Generell gebe es zwar viele verärgerte Insulaner, die von den Schäden durch das Damwild betroffen seien. Genauso viele würden die Tiere aber auch niedlich finden oder gar füttern. Vor allem im Westteil der Insel führe dies zu Problemen. Würde man das Wild hier beseitigen, kämen sicherlich Tiere aus dem Inselosten oder eben vom Festland nach.
Insgesamt wollen alle Beteiligten an einer Lösung arbeiten, so Ulrichs. „Dazu gehören bauliche Maßnahmen am Friedhof, um die letzten Schlupflöcher zu schließen, ebenso wie Aufklärungsarbeit und ein stärkeres Engagement des Hegerings.“ Vom Landkreis erwarte man noch eine abschließende Stellungnahme.