Tourismusbörse Berlin: „Weltnaturerbe“ Wattenmeer wird beworben und verhökert

„…vermitteln unseren Besuchern ein klares Bild von der Region, dem einzigartigen Naturerlebnis und dem globalen Wert des Wattenmeeres.“ Erholung in Bensersiel/LK Wittmund, Erholungszone des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“, Sommer 2017. Foto (C): Eilert Voß

Paradigmenwechsel seit vielen Jahren: Die Wattenmeer-Vermarktung auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin statt des Wattenmeer-Naturschutzes  läuft auf Hochtouren (siehe Pressemitteilung des trilateralen Wattenmeersekretariats ganz unten). Seit der Einrichtung des „Weltnaturerbes“ für das Wattenmeer im Jahr 2009 mit Hilfe des ehemaligen niedersächsischen Wirtschaftsministers und langjährigen Präsidenten der Deutschen UNESCO-Kommission (2002 bis 2014) Walter Hirche (FDP) wird der Massentourismus zum Schaden des Großschutzgebietes Nationalpark weiter angeheizt und dreist als „nachhaltige Tourismusstrategie“ verhökert. In und an diesem Naturraum Nationalpark Wattenmeer gibt es bereits millionenfache Tourismusübernachtungen im Jahr, am Festland und auf den Inseln, auf den das Welterbeetikett nachträglich umsatzfördernd aufgeklebt wurde. Vor diesem Welterbe-Etikettenschwindel und der Entwicklung hatte nur, und zwar nur, der Wattenrat Ostfriesland vor der Einrichtung gewarnt. Die Naturschutzverbände hatten sich damals vor Begeisterung überschlagen.

„Das Wattenmeer ist mehr als ein einzigartiger Naturraum…“ Blick von Noderney auf das Festland, Foto (C): Eilert Voß

Nur der damalige Innenressortleiter der FAZ beleuchtete 2009 in einem Kommentar kritisch diese Welterbe-Inszenierung:

FAZ, 29. Juni 2009
Ein vorzügliches Marketinginstrument

Der Jubel und das Eigenlob unter Politikern sind groß, seit die Unesco das Wattenmeer zum Weltnaturerbe erklärt hat. Dass Windkraftwerke und Massentourismus das einzigartige Großbiotop  gefährden, wird dabei gern verschwiegen.

Von Stefan Dietrich

[…]

Man sollte annehmen, dass die Unesco-Kommission die Einhaltung von Naturschutzstandards vor der Titelverleihung geprüft hat. Möglicherweise hat sie sich aber auch davon blenden lassen, dass die ausgewiesenen Gebiete schon Nationalpark-Status haben. Der im ostfriesischen Esens ansässige Wattenrat, ein kleiner Zusammenschluss von Naturschützern an der Küste, beklagt seit langem, dass dieser Status zunehmend durchlöchert werde: Ausnahmegenehmigungen gibt es für touristische Nutzungen, für Gas-Pipelines und Stromleitungen durchs Wattenmeer, für Jäger, Fischer und Landwirte sowie für Windparks, von denen der Nationalpark regelrecht umstellt wird – künftig auch auf See. Mit den meisten bekannten Umweltverbänden liegt der Wattenrat übrigens über Kreuz, weil sie zugunsten des „Ökostroms“ beim Naturschutz die Augen zudrücken. Erleichtert hat die niedersächsische CDU/FDP-Regierung diese Genehmigungspraxis durch die Auflösung des Landesamts für Ökologie. Die entsprechenden Zuständigkeiten wurden in die Landkreise verlagert, die im Zweifel wirtschaftlichen Interessen den Vorrang vor denen des Naturschutzes geben.
[…]

„…wollen wir zeigen, wie sich die Leute vor Ort mit dem Welterbe identifizieren…“ Identifizierung mit dem Weltnaturerbe Wattenmeer in Upleward, LK Aurich, oder Touristenbespaßung im Schlick? Im Hintergrund WEA-Offshorekabelverlegung. Foto (C): Eilert Voss

Pressemitteilung des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats DK/D/NL (Common Waddensea Secretariat) in Wilhelmshaven vom 05. März 2018. Das Sekretariat residiert im selben Gebäude wie die Nationalparkverwaltung niedersächsisches Wattenmeer.

Gemeinsam auf der ITB 2018: Lokale Anbieter unterstützen das Weltnaturerbe Wattenmeer

Pressemitteilung von Common Wadden Sea Secretariat representing the Wadden Sea World Heritage

Wilhelmshaven/Berlin, 05.03.18 – Touristische Dienstleister aus den Niederlanden, Niedersachsen und Schleswig-Holstein präsentieren erstmalig gemeinsam auf der ITB Reisemesse in Berlin, wie sie das Weltnaturerbe Wattenmeer schonend nutzen und dessen Bedeutung und Schönheit ihren Gästen vermitteln. Vom 7. bis 11. März 2018 zeigt die Stakeholder-Plattform, wie Naturschutz und eine nachhaltige Tourismusentwicklung in der Destination Weltnaturerbe Wattenmeer Hand in Hand gehen. Unterstützt wird sie vom INTERREG V A-Projekt Watten-Agenda und den Nationalpark-Partner-Programmen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins. Das Motto der Nationalpark-Partner-Programme „Wir l(i)eben das Wattenmeer“ rückt in den Fokus des gemeinsamen Messeauftrittes.

„Das Wattenmeer ist mehr als ein einzigartiger Naturraum – es ist ein beliebtes Reiseziel, Heimat und Wirtschaftsstandort“, sagt Monique Pruyt, Provinz Fryslân, Niederlande. „Mit diesem Stand wollen wir zeigen, wie sich die Leute vor Ort mit dem Welterbe identifizieren, Unternehmen sich für das Welterbe engagieren und so zum Schutz beitragen.“ Die Provinz ist ein Partner des deutsch-niederländischen Projektes Watten-Agenda, das die nachhaltige Tourismusstrategie in der Destination Weltnaturerbe Wattenmeer lokal umsetzt, um zum Schutz und Erhalt des Wattenmeeres beizutragen.

Zusammen mit den Nationalpark-Partner-Programmen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins nutzt Watten-Agenda den Stand 216 in Halle 4.1 sich mit verschiedenen Sektoren der Reiseindustrie effektiv zu vernetzen und Produkte und Dienstleistungen rund um das Thema Weltnaturerbe Wattenmeer zu vermarkten. Ihr Angebot richtet sich an Kunden, Anbieter, Journalisten, Kollegen und viele weitere Akteure.

„Der Stand ist das beste Beispiel für unsere gemeinsame, grenzübergreifende Zusammenarbeit im Wattenmeer“, sagt Anja Domnick, Referentin für die nachhaltige Tourismusstrategie im Gemeinsamen Wattenmeersekretariat (Common Wadden Sea Secretariat; CWSS). „Wir sind
alle stolz darauf, Teil eines einzigartigen Weltnaturerbes zu sein. Mit diesem Stand zeigen wir gemeinsam, wofür wir stehen und wofür wir arbeiten. Und vermitteln unseren Besuchern ein klares Bild von der Region, dem einzigartigen Naturerlebnis und dem globalen Wert des Wattenmeeres.“

Der Stakeholder-Stand ist Teil eines Zwei-Stände-Konzepts des Weltnaturerbes Wattenmeer in Kooperation mit dem UNESCO-Programm „Welterbe und Nachhaltiger Tourismus“ und steht unter dem Motto „Menschen. Schützen. Orte.“ (People. Protecting. Places.). Die Stände werden von einem vielseitigen Programm rund um die Themen nachhaltig Reisen, Barrierefreiheit und Küstenschutz begleitet.

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