
Abgängiger Windpark in Dornum (Ausschnitt) mit 11 Anlagen Enercon-32, direkt am Deich des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, inmitten des Vogelschutzgebietes V63 – Foto: Manfred Knake/Wattenrat
Nachtrag 30. Jan. 2025
Reaktionen der angeschriebenen Naturschutzverbände auf den nachstehenden „Offenen Brief“: keine! Vom BUND als „Partnerorganisation“ der Windenergieverbände (wie Kritiker seit langem sagen) wurde das eigentlich auch nicht erwartet. Vom NABU, der nicht selten auch schon wegen „Klima“ bei der Windenergienutzung herumeiert, schon eher. Enttäuschend, dass die Naturschutzinitiative (NI) nichts von sich hören ließ. Da sind die Ressourcen wohl eher begrenzt auf die südlichen Teile der Republik. Die Naturschutzverbände mit ihren eigentlich großen Geschäftsstellen, hauptamtlichen Mitarbeitern und bei BUND und NABU Abhängigkeiten von staatlichen Fördergeldern werden seit geraumer Zeit als „Totalausfall“ bezeichnet. Die Erfahrung des Nichtreagierens oder des Langsam-im Sande-verlaufen-lassens nach Hinweisen auf Eingriffe in die Natur hat der Wattenrat bisher nur bei Behörden gemacht.
Betr.: Windenergie: Dornum/LK Aurich: Repowering mit 200m hoher Anlage am Vogelschutzgebiet V63 und Nationalpark Wattenmeer („Weltnaturerbe“)
Offener Brief an die Naturschutzverbände, 21. Januar 2025
BUND, NABU, Landesbüro Naturschutz Niedersachsen (LabüN), Naturschutzinitiative (NI)
Guten Tag,
am 16. Januar 2025 übersandte ich Ihnen die umfangreiche FFH-Verträglichkeitsprüfung eines Planungsbüros (Name und Anschrift vom LK Aurich geschwärzt) zum Repowering eines kleinen Windparks in Dornum/LK Aurich mit einer knapp 200m hohen WEA. Die neue Anlage soll nur 870 Meter vom Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“) und 140 Meter vom EU-Vogelschutzgebiet V63 „Ostfriesische Seemarschen von Norden bis Esens“ errichtet werden. Die wesentlich kleineren elf Altanlagen (Enercon-32) mit einer Rotorspitzenhöhe von 50 Metern wurden Mitte der Neunziger Jahre errichtet, damals gab es das Vogelschutzgebiet V63 noch nicht.
Bei der Ausweisung des Vogelschutzgebietes wurden der Windparkstandort inmitten des Vogelschutzgebietes herausgenommen. Nun wäre es eigentlich an der Zeit, nach dem Abbau der Altanlagen die Fläche in das Vogelschutzgebiet einzubeziehen, statt eine neue riesige Anlage an die direkt angrenzenden Schutzgebiete dort zu errichten.
Die Errichtung würde zu einem erheblichem Störpotenzial (z.B. auch kilometerweiter Schattenwurf in den Nationalpark bei tiefstehender Sonne) und einem erhöhten Tötungsrisiko durch Anflug bei unsichtigem Wetter führen. Der jährliche Vogelzug orientiert sich auch an der Deichlinie. Nach den Abstandsempfehlungen des „Helgoländer Papiers“, von Fachleuten der Staatlichen Vogelschutzwarten der Länder erarbeitet, sollten Windkraftabstände zu diesen Schutzgebieten die 10-fache Anlagenhöhe, mindestens jedoch 1.200 Meter betragen. Die geplante Anlage würde diese Empfehlungen drastisch unterschreiten.
Nur hat der Gesetzgeber (Ampel-Regierung) dieses Abstandsempfehlungen im Sinne der Windenergiewirtschaft nicht angewandt und erheblich reduziert, ich zitiere aus der Zeitschrift „Nationalpark“ (3/23 in Gänze im Anhang beigefügt): „Der Gesetzgeber hat zudem ein System dreifach gestufter Abstandsvorgaben eingeführt, das von den Empfehlungen der Vogelschutzwarten deutlich abweicht. […] Wie sich die Abweichung von den fachwissenschaftlichen Empfehlungen erklärt, ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen. Der Appell ´Hört auf die Wissenschaft´ wird im Naturschutz allzu gern überhört. Im zentralen Prüfbereich ist es dem Antragsteller gestattet, mit einer Analyse des Habitatpotenzials, gleichsam vom ´grünen Tisch´ aus und ohne eine Bestandsaufnahme der realen Raumnutzung der betreffenden Vögel, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zu widerlegen.“
Mir ist zudem bewusst, dass der BUND als eigentlicher Natur- und Umweltschutzverband sich dem Ausbau der Windkraft verschrieben hat. Der ehemalige Bundesvorsitzende Prof. Hubert Weiger wollte 2019 die „Erneuerbaren Energien entfesseln“: https://www.wattenrat.de/2019/05/25/bund-vorsitzender-prof-hubert-weiger-will-ausbau-der-erneuerbaren-energien-entfesseln/
Die Lobbyorganisation „Bundesverband Windenergie“ (BWE) setzte den BUND bis zur Satzungsänderung 2024 gar als Erben des Vereinsvermögens bei Auflösung des BWE ein (§12 der BWE-Satzung). https://www.wattenrat.de/wp-content/uploads/2024/09/20210506_BWE_Satzung_2021-2.pdf
Die Satzung wurde inzwischen geändert. Der BUND als Empfänger in „gemeinnützige Zwecke“ verändert.
Vor diesem Hintergrund frage ich:
* Sind die „anerkannten“ Naturschutzverbände bei diesem Vorhaben in Dornum beteiligt worden?
* Kann man diese Stellungnahmen ggf. einsehen und dem Wattenrat Ostfriesland zur Verfügung stellen?
* Sind die Naturschutzverbände bereit, gegen das WEA-Repowering in Dornum zu klagen?
Ich bitte um eine zeitnahe Antwort.
Freundliche Grüße
Manfred Knake