
Symbolfoto: Gülledusche auf rastende Nonnengänse, Woltersterbor/Ems – Foto:Eilert Voß/Wattenrat
Bereits im August 2020 berichtete der Wattenrat über den Milchbauern und Gänseschießer Hero Schulte aus Weener vom Friesischen Verband für Naturschutz e.V., der laut aktuellen Medienberichten vom April 2025 für angebliche Gänsefraßschäden (in einem europäischen Vogelschutzgebiet im Rheiderland) 80.000 Euro erstritten habe. Dazu antwortete das Niedersächsische Umweltministerium auf einen Rundbrief des Wattenrates am 13. Mai 2025. Demnach ist die Angelegenheit wesentlich komplexer, als die Medien darüber vereinfacht und z.T. mit Häme gegen den Naturschutz berichteten. Schulte hat zudem – nach Einzelfallprüfung, wer prüft wie? – einen Rechtsanspruch auf Entschädigung nach §68 des Bundesnaturschutzgesetzes:
Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG:
§ 68 Beschränkungen des Eigentums; Entschädigung und Ausgleich
(1) Führen Beschränkungen des Eigentums, die sich auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, Rechtsvorschriften, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder Naturschutzrecht der Länder ergeben, im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung, der nicht durch andere Maßnahmen, insbesondere durch die Gewährung einer Ausnahme oder Befreiung, abgeholfen werden kann, ist eine angemessene Entschädigung zu leisten. […]
Rundbrief Wattenrat Ostfriesland
-mit der Wattenpresse-
Datum: 28. April 2025
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Nachtrag (s.u.) zum Milchbauern und Gäsenschießer Hero Schulte aus Weener im Rheiderland, der erfogreich gegen das Land Niedersachsen klagte, weil ihm arktische Überwintergänse im EU-Vogelschutzgebiet angeblich das Gras für die Kühe wegfressen:
„BILD Zeitung:
Tritt dieser Bauer eine GANS große Klagewelle los?
Sogar Golfplatz-Betreiber könnten jetzt Geld wegen Vogelkot verlangen Gänse bevölkern in Massen Parks und Gewässer in unseren Städten und auf dem Land
07.04.2025 – 08:11 Uhr
Hannover – Bauer Hero Schulte aus Ostfriesland verklagte 2022 das Land Niedersachsen auf Schadenersatz, weil ihm Tausende Gänse die Wiesen kahl gefressen hatten und er für seine Milchkühe Futter zukaufen musste. Das Urteil wurde nun rechtskräftig, Schulte bekam die 80.000 Euro überwiesen. Die eigentliche Sensation an dem Urteil sind jedoch seine
Folgen: Jetzt können Bauern dem Staat nicht nur ihre Fraßschäden in Rechnung stellen, sondern auch viele andere Schäden. […]“
oder hier:
* https://www.agrarheute.com/management/recht/urteil-gaensefrassschaeden-zweiter-landwirt-erhaelt-entschaedigung-631473
* https://www.landundforst.de/niedersachsen/niedersachsen-zieht-gaense-berufung-zurueck-landwirte-bezahlen-572618
Was die Medien nicht erwähnten:
Schulte bekam als Direktzahlungsempfänger (vulgo „Subventionen“) von der EU im Haushaltsjahr 2022-2023 (neuere Zahlen liegen im Netz noch nicht vor) insgesamt 34.522,55 € Steuergelder, davon16,665,09 Euro für
„Ökologiesierungs- und Umweltmaßnahmen“.
https://www.agrarzahlungen.de/agrarfonds/suche
(Name, Vorname eingeben, dann „Hinweis gelesen“ anklicken)
Öffentliche Zahlungen für das EU-Haushaltsjahr 2023 (Zahlungen für den Zeitraum 16.10.2022 – 15.10.2023) Schulte, Hero – 26826 Weener, Stadt, Deutschland […]
EGFL: Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (Titel III Kapitel 3) / II.4
Bei der Ökologisierung handelt es sich um eine entkoppelte Flächenzahlung, die je Hektar gewährt wird. Ziel ist es, drei dem Klima und der Umwelt förderliche Landbewirtschaftungsmethoden anzuwenden:
Anbaudiversifizierung, Erhaltung von Dauergrünland und Ausweisung einer Flächennutzung im Umweltinteresse im Rahmen der landwirtschaftlichen Flächen.
5.852,92 €
[…]
ELER: Agrarumwelt- und Klimamaßnahme (Artikel 28) / VI.15
Ziel dieser Maßnahme ist es, Landbewirtschafter dazu zu bewegen, landwirtschaftliche Bewirtschaftungsverfahren anzuwenden, die zum Schutz der Umwelt, der Landschaft und der natürlichen Ressourcen sowie zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung an seine Auswirkungen beitragen. Unter diese Maßnahme fallen nicht nur für die Umwelt förderliche Verbesserungen der landwirtschaftlichen Praxis, sondern auch die Beibehaltung bestehender umweltverträglicher Methoden.
ELER Betrag (EU-Mittel) 10.812,17 €
[…]
Gesamtbetrag aller Zahlungen für EU-Haushaltsjahr 34.522,55 €
Einer Langzeitstudie zum Gänsefraß aus 2023 ist zudem dies entnehmbar:
„Ein weiteres Ergebnis war die fehlende Auswirkung der Gänseäsung auf die folgenden Grasschnitte. Dies betrifft sowohl den Ertrag als auch die Qualität. Eine Verschmutzung der Grassilage mit Gänsekot konnte in den Untersuchungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen ebenfalls nicht nachgewiesen werden.“
* https://www.umwelt.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/pressemitteilungen/pi-004-gaensefrass-langzeitstudie-218706.html
Kennt das VG-Oldenburg, das für Schulte entschied, diese Studie nicht? Wofür genau hat der Mann die genannten EU-Mittel verwendet? Warum berichten die Medien nicht ausführlicher?
Mehr zu Schulte und seinem „Naturschutzverband“, in dem sich Wasservogeljäger organisiert haben, hier: http://fvnj.eu/
und hier beim Wattenrat:
https://www.wattenrat.de/2020/08/15/landwirt-fordert-zugvogeljagd-mit-halbautomatischen-waffen-in-vogelschutzgebieten-italienische-verhaeltnisse/
Ende des Rundbriefes

„Gute fachliche Praxis“? Gülleausbringung auf wassergesättigtem Boden. Und die Gänse „verkoten“ die Flächen? Februar 2017, im LK Leer – Foto: Eilert Voß/Wattenrat
Eine Juristin aus dem Niedersächsischen Umweltministerium antwortete auf den Rundbrief, relativierte (und korrigierte) den Inhalt – und damit auch die Medienberichterstattung über den Bauern und Wasservogeljäger Schulte:
Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz
Hannover, 13.05.2025
Az.: Ref64-22295/050/0005
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich nehme Bezug auf Ihre Nachricht vom 28.04.2025. Darin gehen Sie auf die an Herrn Schulte seitens des Landes gezahlte Entschädigung ein und verweisen in diesem Zusammenhang auf öffentliche Zahlungen, die Herr Schulte für das EU-Haushaltsjahr 2023 empfangen haben soll, sowie auf die Langzeitstudie zum Gänsefraß aus 2023.
Sofern Sie in Ihrer E-Mail die Frage aufwerfen, ob das Verwaltungsgericht die o. g. Studie kennen würde, möchte ich anmerken, dass es in diesem Verfahren auf diese Studie gar nicht ankam. Das Verwaltungsgericht hat darüber, ob und ggf. in welcher Höhe Herrn Schulte ein Anspruch auf eine Entschädigung zusteht, nicht entschieden. [Hervorhebung Wattenrat] Das Land hat gegen die seitens der damals zuständigen Behörde festgesetzte Zahlungsverpflichtung vor dem Verwaltungsgericht zwar geklagt. Aufgrund eines Urteils in einem anderen Verfahren, in welchem das Verwaltungsgericht entschieden hat, dass es dem Land an Klagebefugnis fehle und die Klage des Landes deshalb unzulässig sei, hat das Land seine Klage jedoch zurückgenommen. Daraufhin hat das Verwaltungsgericht das Verfahren per Beschluss eingestellt, ohne sich in der Sache zu äußern. Die vorgenannte behördliche Entscheidung zugunsten von Herrn Schulte wurde infolge der Klagerücknahme bestandskräftig. [Hervorhebung Wattenrat]
Bzgl. der weiteren Informationen im Zusammenhang mit dem o. g. Urteil des Verwaltungsgerichts im Parallelverfahren und seiner Reichweite verweise ich auf die LT-Drs. 19/06500. [Anmerkung Wattenrat: Weiter unten verlinkt]
Bzgl. der von Ihnen genannten EU-Mitteln liegen mir keine Verwendungsnachweise vor. Hierfür ist die LWK oder das Nds. Landwirtschaftsministerium der richtige Ansprechpartner. Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrage
*.*
………………………………………………………………………………
Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz
Archivstraße 2, 30169 Hannover
Referat 64 – Rechtsangelegenheiten des Naturschutzes
Tel.: 0511 120-3544
E-Mail: *.* @mu.niedersachsen.de>
…………………………………………………..…
Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT
mit Antwort der Landesregierung
Anfrage des Abgeordneten Ulf Thiele (CDU)
Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung
Gänsefraßschäden in Niedersachsen: Konsequenzen aus der Rücknahme der Berufung des Umweltministeriums gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Oldenburg
Anfrage des Abgeordneten Ulf Thiele (CDU), eingegangen am 09.01.2025 – Drs. 19/6232, an die Staatskanzlei übersandt am 13.01.2025
Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 14.02.2025
Vorbemerkung des Abgeordneten Im Frühjahr 2024 hatte das Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg Berichten zufolge eine Klage des Umweltministeriums (MU) gegen die Entscheidung des Innenministeriums (MI), einem Landwirt aus Weener in Ostfriesland 75 000 Euro Entschädigung zuzusprechen, weil Wildgänse ihm das Grünland kahlgefressen und durch ihren Kot verschmutzt hatten, zurückgewiesen. Aufgrund der Fraßschäden und der Flächenverschmutzung musste der Landwirt Futter für sein Milchvieh zukaufen. Der Abschuss der Wildgänse war durch das Land verboten worden. Gegen dieses Urteil hatte das MU vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg Berufung eingelegt.
Medienberichten1 zufolge hat die Landesregierung die Berufung gegen die Entscheidung des VG Oldenburg im Dezember zurückgezogen. Damit würde der Entschädigungsanspruch des Landwirts aus Weener gegen das Land rechtskräftig. […]
mehr hier: LT Drucksachse_Gänseschäden
Auch ein weiterer Milchbauer aus dem Rheiderland, der üppige EU-Direktzahlungen kassiert, macht seit Jahren in den Medien gegen den Gänsefraß mobil – und stockte parallel dazu seinen Milchviehbetrieb mit immer mehr Tieren auf: Amos Venema aus Jemgum
Rheiderland: Gänsefraß und Wiesenvögel – Bauernlamento auf hohem Niveau