Die positive öffentliche Selbstdarstellung von Hobbyjägern wird von der Wirklichkeit häufig relativiert. Wer die Wattenrat-Seiten aufmerksam liest, wird zu diesem Thema fündig. Neues von der Jagdfront aus dem Binnenland erreichte den Wattenrat:
In der Nähe von Nienburg an der Weser hatte am 30. April 2011 eine Gruppe von Jägern in einem Wald bei Schessinghausen abends ein Lagerfeuer entfacht.
Und das, obwohl derzeit wegen der anhaltenden Trockenheit die höchste Waldbrandgefahr-Stufe gilt, dazu war es sehr windig. Verursacher waren Jäger, unter denen sich eine führende Kraft der Kreisfeuerwehr, namhafte Politiker sowie Mitglieder des niedersächsischen Justizministeriums befunden haben sollen, berichtete am 04. Mai 2011 die Kreiszeitung aus Nienburg. Ein vorbeifahrender Radfahrer sah Feuerschein und alarmierte die Feuerwehr, die mit drei Fahrzeugen ausrückte. Aus Feuerwehr-Sicht, so die Zeitung, sei dieser Fall nicht zu verharmlosen. Dass es das Lagerfeuer gegeben habe und deshalb nach dem Notruf des Radwanderers die rund 60 Kräfte von drei Feuerwehren ausrücken mussten, um ihrem ehrenamtlichen Engagement nachzukommen, sei „sehr bitter“, wie es Reinhard Bittner, Pressesprecher der Feuerwehren der Samtgemeinde Landesbergen, ausdrückte. Die „hochrangigen Politiker“ versuchten auch Einfluss auf die herbeigerufene Polizei zu nehmen.
Nachdem Beamte der Polizei zum beschriebenen Ort gefahren waren und die am Feuer Feiernden angesprochen hatten, gab es einen Wortwechsel. Es sei „ein privates Grillfest, bei dem die Polizei nichts zu suchen“ habe, soll der „Redeführer“ der Gruppe den Beamten gesagt haben. Auch habe dieser gefordert, dass der Dienstabteilungsführer der beiden Polizisten ihn anrufen solle. Namen dieser Jäger nannte die Nienburger Kreiszeitung leider nicht. Auch hier wieder: Jäger als Staat im Staate!
Ein ganz anderer Fall wird aus Lamstedt im Landkreis Cuxhaven berichtet: Dort schoss ein Bauer Anfang März von seinem Trecker auf Möwen, Krähen und einen Weißstorch. Augenzeugen berichteten, dass der Mann anschließend von seinem Gefährt stieg und mehrfach auf das verletzte Tier eintrat, bevor er es mit dem Trecker unterpflügte. Gegen den 75-Jährigen hat die Polizei deshalb ein Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Bundesjagdgesetz eingeleitet, wie ein Sprecher mitteilte. Aber nicht nur der Schuss auf den nichtjagdbaren Storch ist ein Vergehen, auch Möwen und Krähen dürfen nach dem Niedersächsischen Jagdgesetz (Jagd- und Schonzeitenverordnung) im März nicht geschossen werden.
Diese Beobachtungen sind nur die Spitze des berühmten Eisberges, was sich diese Waffenträger täglich sonst noch mit Tieren leisten, bleibt meistens im Dunkeln.
Kreiszeitung, 04. Mai 2011
Nienburg – Von Kurt Henschel SCHESSINGHAUSEN · Kreisbrandmeister Bernd Fischer sowie rund 60 Aktive der Ortswehren Schessinghausen, Leeseringen und Husum sind brüskiert: Eine Gruppe von Jägern hatte am Sonntagabend in einem Wald bei Schessinghausen ein Lagerfeuer entfacht. Und das, obwohl derzeit die höchste Waldbrandgefahr-Stufe gilt und es zudem recht windig war. Damit nicht genug: Unter den Jägern sollen sich eine führende Kraft der Kreisfeuerwehr und namhafte Politiker sowie Mitglieder des niedersächsischen Justizministeriums befunden haben. […]