32. Naturschutztag unter Strom: energiegewendet

Folgen der "Energiewende": Windpark Utgast/LK Wittmund/NDS: tote Fledermaus, eine von hundertausenden in Deutschland

Es ist mal wieder „Naturschutztag“  in Deutschland: Im September 2014 findet der 32. dieser Art statt, diesmal in Mainz. Die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V. (EGE) hat dazu etwas zu sagen. Wir danken den Eulenfreunden für die Überlassung ihres Textes und haben nichts zu ergänzen:

Mainzer Hofsänger – Juli 2014

Der 32. Deutsche Naturschutztag findet vom 08. bis zum 12.09.2014 in Mainz statt. Das Treffen steht unter dem viel- wie nichts sagenden Leitwort „Verantwortung für die Zukunft“, mit dem heutzutage auch Parteitage überschrieben sind. Veranstalter sind der Bundesverband Beruflicher Naturschutz, das Bundesamt für Naturschutz, der Deutsche Naturschutzring und das Umweltministerium des Gastlandes Rheinland-Pfalz.

Allein 14 der im 100seitigen Tagungsführer aufgeführten Vorträge gelten dem Spannungsfeld „Energie und Naturschutz“. Die Veranstaltung knüpft damit an den Deutschen Naturschutztag 2012 an, der den Schwerpunkt hatte „Neue Energien – neue Herausforderungen: Naturschutz in Zeiten der Energiewende“. Die Vortragsthemen liegen auf der Hand: „Neue Netze“, „Diskurs für die Energiewende“, „Mehr Mut zum Dialog für eine naturverträgliche Energiewende“, „Energiewende und Landschaftswandel mit Bürgerinnen und Bürgern gestalten“, „Windkraft über Wald“, „Biotopverbund und ökologisches Schneisenmanagement“, um einige der schönfärberischen Titel zu nennen, die Eingang ins Programm gefunden haben.

Der deutsche Behörden- und Verbandsnaturschutz ist kaum Kritiker, geschweige denn ein Korrektiv der Fehlentwicklungen, die mit der Energiewende für die Sache des Naturschutzes und der Landschaftspflege verbunden sind. Der inneren Verfassung ihrer Organisationen und Personen fehlt es dazu nicht allein an der Konfliktfähigkeit, sondern bereits an der Konfliktbereitschaft. Die Energiewende erscheint den Akteuren des Naturschutzes im Kern zu alternativlos, als sich ihr der Verteidigung einiger Arten oder schöner Landschaftsbilder wegen in den Weg zu stellen. Der Naturschutz will die Energiewende „mitgestalten“. Darüber können andere Anliegen leicht in den Hintergrund geraten.

So wird es niemanden verwundern, dass wie schon beim Deutschen Naturschutztag 2012 ein skandalöser Missstand auf dem Spannungsfeld „Energie und Naturschutz“ erneut nicht Gegenstand des Naturschutztages ist: Die von Netzbetreibern und Landesregierungen versäumte Entschärfung vogelgefährlicher Mittelspanungsmasten, deren Zahl die EGE auf Stichproben gestützt in Deutschland auf mehr als 100.000 prognostiziert. Ende 2012 hatte der Umbau abgeschlossen sein müssen. Zu diesem Zeitpunkt endete nämlich die den Netzbetreibern gesetzlich gesetzte Umrüstungsfrist, die von den Länderumweltministerien unkontrolliert und weitgehend uneingefordert und für die Netzbetreiber folgenlos verstrichen ist. Das Thema ist möglicherweise für die Veranstalter des Naturschutztages zu unbequem und zu konkret, um auf die Agenda zu gelangen.

Der 32. Deutsche Naturschutztag findet im Kurfürstlichen Schloss statt, aus dem das ZDF Karnevalssitzungen überträgt. Während die Sitzungsnarren der Politik immerhin einen Spiegel vorhalten, dürfte sich der Deutsche Naturschutztag eher wie ein Evangelischer Kirchentag in gesellschaftlicher Angepasstheit spiegeln – widerspruchs- und distanzlos, ohne Gegenentwurf, aber ganz nah an den Mächtigen und an einem übermächtigen Zeitgeist.

Deshalb empfindet vermutlich auch keiner der Teilnehmer Unbehagen, dass der Bundesverband Beruflicher Naturschutz den Wolfgang-Erz-Preis aus der Hand der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit verleihen lässt. Ein Ausweis für die Emanzipation des Naturschutzes ist das nicht, eher für ein Schoßhundeleben. Als zu Beginn des Jahres die Bundesministerien für Umwelt und Bauen zusammengelegt wurden, hat der Naturschutz nicht einmal gebellt. Jahrzehnte zuvor hatte der Naturschutz immerhin seine Herauslösung aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium gefordert und erreicht. Es war übrigens Wolfgang Erz, der stets gegen die Vereinnahmung und für die Unabhängigkeit des Naturschutzes eintrat.

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