Nagelrochen im Wattenmeer als PR-Objekt

Nagelrochen

„Da staunte Meeresforscher Andreas Dänhardt nicht schlecht: Im Rahmen des Fisch-Monitorings im Jadebusen ging ihm, südlich des Wilhelmshavener Südstrandes, ein fast ausgewachsener Nagelrochen ins Netz. […] Durch gezielte Schutzmaßnahmen im Nationalpark muss die Rückkehr der Nagelrochen ins Wattenmeer gefördert werden.“ Screenshot, Bildzitat: Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer vom 24. Februar 2016

Im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer vor Wilhelmshaven wurde ein Fisch gefangen, einer der früher häufig in der Nordsee vorkam und nun, durch die Überfischung, nur noch sehr selten in die Netze geht. Es war ein Nagelrochen (Raja clavata), der das Schicksal der gezielten Ausrottung mit anderen Fischarten teilt. Um die Jahrhundertwende 1900 sollen in Ost­fries­land noch jähr­lich bis zu 18.000 Glattrochen, die bis zu 2,80m lang werden können und die kleineren Na­gel­ro­chen abge­fischt worden sein. Vor der Insel Föhr sollen es pro Tag bis zu 300 Ro­chen gewesen sein, die in die Netze gingen! Die kleineren Exemplare wurden getrocknet und als bizarre Souvenirs an Touristen verkauft. Seit etwa 1980 kommen Rochen im Wattenmeer nicht mehr vor. Auch die markanten schwarz-braunen Eikapseln des Rochens findet man heute kaum noch im Spülsaum. Dieser Einzelfang vor Wilhelmshaven, der lebend zurück ins Meer gesetzt wurde, ließ den Nationalparkleiter Peter Südbeck zur mediengerechten Hochform auflaufen: „Durch gezielte Schutzmaßnahmen im Nationalpark muss die Rückkehr der Nagelrochen ins Wattenmeer gefördert werden.“ Dem kann man nur uneingeschränkt zustimmen. Wie das aber konkret geschehen soll, sagte Südbeck nicht. Bisher gibt es keine fischereifreien Referenzzonen im Großschutzgebiet Nationalpark und „Weltnaturerbe“. Sowohl die SPD als auch die Grünen als Mitregierungspartei in Niedersachsen wollen nichts von fischereifreien Zonen im Schutzgebiet wissen. Die Berufsgruppe der Fischer mit der Fischereiindustrie wird im Nationalpark geschützt, nicht aber die Fische; Natur- und Artenschutz hören unter Wasser bekanntlich nicht auf. Von solchen Schutzzonen im Wattenmeer würden viele Fischarten in der „Kinderstube“ der Nordsee profitieren. So wird es wohl wieder bei flotten und unverbindlichen Sprüchen des Nationalparkleiters bleiben, wenn es um die Selbstdarstellung der Nationalparkverwaltung geht. Die Arbeit der Nationalparkverwaltung wird zudem keinen messbaren Anteil an diesem Zufallfallsfang im Schutzgebiet gehabt haben. Die Lokalzeitungen an der Küste greifen solche PR-Meldungen gerne unkommentiert auf. Das lenkt –wieder einmal- vom tatsächlichen Zustand dieses maroden Nationalparks ab.

Rochen_Web

Getrockneter Rochen, als Souvenir angeboten, Foto (C): Manfred Knake

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