Meyer Werft: Schilda liegt an der Ems, zum Zweiten

Kasko der „Carnival Jubilee“ vor der Meyer Werft in Papenburg, August 2022 – Foto (C): Eilert Voß/Wattenrat

Vor fast zwölf Jahren, im Dezember 2010, hatten wir das Thema schon mal auf dem Schirm: Meyer Werft: Schilda liegt an der Ems! Und es ist immer noch aktuell. Die Meyer Werft produziert tief im Binnenland an einem schmalen Fluss riesige Kreuzfahrtschiffe, die eigentlich gar nicht in den Fluss passen. Deshalb mussten nicht die Schiffe, sondern die Ems an Meyers Werftaufträge angepasst werden.

Dazu muss ständig auf Tiefe gebaggert, mit einem „Sperrwerk“ in Gandersum bei Emden die Ems so lange aufgestaut werden, bis die Musikdampfer in den Fluss passen, um dann an die seeschifftiefe Nordsee geschleppt zu werden. Das Sperrwerk, das eigentlich ein Stauwerk ist, liegt in einem europäischen Vogelschutzgebiet.

Kasko der „Carnival Jubilee“ im europäischen Vogelschutzgebiet der Unterems, August 2022 – Foto (C): Eilert Voß/Wattenrat

Durch den Stau ertranken mehrfach Jungvögel oder Gelege im Schutzgebiet. Damit die EU-Kommission grünes Licht für diesen Eingriff in das Vogelschutzgebiet geben konnte, wurde aus dem 2002 für 223 Millionen Euro gebauten Stauwerk ein Sperrwerk, umdeklariert von Politikern, weil es nun vorgeblich dem Küstenschutz dient. Küstenschutz hat Vorrang vor dem Vogelschutz, auf dem Papier. Werftchef Bernhard Meyer hatte sich stets vehement geweigert, den Werftstandort von Papenburg an die Nordsee zu verlegen.

Kasko der „Carnival Jubilee“ passiert die Jann-Berghaus-Brücke in Leer, Aug. 2022 – Foto (C): Eilert Voß

Und nun das Aktuelle: Die Meyer Werft setzt derzeit das riesige Kreuzfahrtschiff „Carnival Jubilee“ aus einzelnen Sektionen (sog. „Kaskos“) wie aus einem Baukasten zusammen, nur werden diese großen Schiffsteile nicht in Papenburg, sondern am seeschifftiefen Wasser der Ostsee auf der Rostocker Neptun Werft gefertigt, die auch zur Meyer Werft gehört. Mit zwei Seeschleppern der Fairplay-Reederei wurden die fertigen Sektionen über die Ostsee, den Nord-Ostsee-Kanal, die Elbe, die Nordsee und dann mit vier Hafenschleppern über die Ems 41 Flusskilometer bis ins binnenländische Papenburg geschleppt. Auf der Meyer Werft in Papenburg wird aus den einzelnen Sektionen das fertige Schiff zusammengeschweißt. Der Neubau wird dann über die Ems zurück an die Nordsee geschleppt. Auf der Neptun Werft in Rostock baut Meyer flachgehende Flusskreuzfahrtschiffe. Warum er diese Flusskreuzfahrtschiffe nicht an der Ems und die Musikdampfer dafür in Rostock bauen lässt, ist sein Geheimnis.

Die ausgebaggerte Ems als „gelber Fluss“ mit dem Ems-Stauwerk bei Gandersum, Archivbild – Foto (C): Voß

Die Ems wurde durch das ständige Baggern arg in Mitleidenschaft gezogen, die Fließgeschwindigkeit erhöhte sich enorm, mehr sauerstoffzehrender Schlick wurde in den Fluss eingetragen, was zum Rückgang einiger Fischarten führte.

Spülrohre an der Ems, im Hintergrund ein Kasko der „Carnival Jubilee“, Aug. 2022 – Foto (C): Eilert Voß/Wattenrat

Das Baggergut wird mit Rohrleitungen hinter die Emsdeiche gespült und dort deponiert, damit verschwanden Feuchtwiesen unter dem Spülgut. Eigentlich klingt das alles nach Schilda, ist es aber nicht. Es sind keine Schildbürgerstreiche, das ist das Kalkül eines Werftchefs, der sich weigerte, mit der Werft an die seeschifftiefe Nordsee umzuziehen, unterstützt von allen politischen Parteien im niedersächsischen Landtag.

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