Bearbeitet und ergänzt am 06. Nov. 2023
Same procedure as (almost) every year: Wieder eine Schiffsüberführung der Meyer Werft in Papenburg über die enge Ems bis ans seeschifftiefe Wasser der Nordsee. Damit der neue Riesenpott „Carnival Jubilee“ überhaupt in die Ems passte, musste der Fluss mit dem Stauwerk bei Gandersum aufgestaut werden.
Unser Mitarbeiter Eilert Voß, selbst Ems-Anwohner, berichtet von der Überführung des Musikdampfers am 30. Okt. 2023 von Papenburg an die Nordsee: „An der Ems zwischen Papenburg und Gandersum war mal wieder der Teufel los. Ein immenser Polizei-Einsatz an der Jann-Berghaus-Brücke sollte vermutlich eine Klebeaktion verhindern. Auf der Ems zwischen Papenburg und Weener der übliche Trubel. Hab den Spass-Dampfer mit dem Klapprad begleitet. So viele Wohnmobile rechts und links der Ems habe ich bei Überführungen noch nie gesehen. Offensichtlich begeistern sich zunehmend Wohnmobilisten für den Freizeitspaß auf dem Wasser. Es wird immer irrer mit der durchgeknallten Freizeit und Konsumgesellschaft.“
Das Ems-Stauwerk bei Gandersum wurde 2002 für ca. 224 Millionen Euro als „Sperrwerk“ des Küstenschutzes fertiggestellt und deklariert. Weil es in einem EU-Schutzgebiet gebaut wurde, segnete die EU-Kommission den „Küstenschutz“ als Vorrang vor der EU-Vogelschutzrichtlinie ab. Bei Sommerstaus für Schiffsüberführungen sind bereits mehrfach zahlreiche Vogelbruten im Schutzgebiet vernichtet worden. Die Ems muss mit Baggerarbeiten für größere Schiffe ständig auf Tiefe gehalten werden. Das hat dem Fluss mit der Erhöhung der Fließgeschwindigkeit, vermehrtem Schlickeintrag und der damit verbundenen Sauerstoffzehrung „nachhaltig“ geschadet. In der überwiegenden Jubel-Berichterstattung in den Medien bei Schiffsüberführungen kommt dies kaum vor.
Hier weitere Fotos von der Überführung, alle Bilder sind urheberrechtlich geschützt!:
Schilda liegt an der Ems
Wie absurd der Meyer-Werftstandort im binnenländischen Papenburg ist, zeigen diese Bilder:
Nicht nur für die Carnival Jubilee“ wurden Schiffsteile, sog. „Kaskos“, am seeschifftiefen Wasser in Polen vorfabriziert und dann über die Ostsee, den Nord-Ostsee-Kanal, die Nordsee und schließlich emsaufwärts nach Papenburg geschleppt, wo die Teile dann zum fertigen Kreuzfahrtschiff zusammengesetzt werden. Das fertige Schiff wird dann zurück über die Ems an die Nordsee geschleppt. Die Meyer Werft baut auch flachgehende Flusskreuzfahrtschiffe: auf der meyer-eigenen Neptun-Werft in Rostock-Warnemünde. Schilda liegt an der Ems, und zwar in Papenburg! Diese Werft gehört an die Nordsee und nicht ins Binnenland. Mehr hier: Schilda liegt an der Ems.
Auch die Partei der Grünen, die vor Jahrzehnten noch eine Umweltschutzpartei war, hat diesen Standort in Papenburg mit verdealt. Thomas Schumacher berichtete darüber bereits 2013 in der taz.
Wasserklau für Schiffsüberführungen
Auch für die Überführung der „CARNIVAL-JUBILEE“ kam es zum „Wasserklau“ aus dem Leda-Jümme-Gebiet, dem ehemals bedeutendsten und größten Feuchtwiesengebiet Nordwest-Niedersachsens. Hier wurden offensichtlich enorme Mengen Süßwasser entnommen und zusätzlich in die bereits aufgestaute Ems gepumpt, damit das Schiff ausreichend Wasser unter den Kiel bekam. Einen Tag nach der Überführung waren die Wasserstände in einem Vorfluter, der direkt an den Polder im Holter-Hammrich angrenzt, immer noch etwa 40-50 cm niedriger. Im Uferbereich lagen Flächen mit Teichmuschelbeständen „trocken“. Das Süßwasser aus dem geschützten Polder im Holter Hammrich wurde nicht abgepumpt. Ornithologen aus vielen Ländern besuchen diesen Polder, um dort die selten gewordenen Wasservögel beobachten zu können. Um hier keinen Aufstand zu erzeugen, pumpte man das Wasser offenbar aus den angrenzenden Randbereichen der Entwässerungssysteme ab. Bei der Überführung der „Silver Nova“ im Juni 2023 wurde ebenfalls Süßwasser in die Ems zugepumpt.
(Text Manfred Knake, Fotos Eilert Voß)