Olaf Lies (SPD) ist der Umweltminister des Landes Niedersachsen, genauer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. Davor war er Wirtschaftsminister des Landes. Das Klima will er besonders vehement schützen, mit der Windenergie. Damit unterscheidet er sich nicht wesentlich von seinen Amtskollegen in den anderen Bundesländern. Von ihm soll der Spruch stammen, dass Windenergie Artenschutz und damit auch Klimaschutz sei, will sagen, dass der weitere Ausbau der Windkraft auch dem Artenschutz diene. Das würden betroffene Vögel, Fledermäuse oder Insekten sicherlich anders sehen.
Und die betroffenne Art Homo sapiens, in mehr als tausend Bürgerinitiativen gegen den rotierenden und lärmenden Windwahn in Deutschland organisiert, sieht das wegen nachgewiesener Gesundheitsgefährdung durch die Riesenpropeller ohnehin ganz anders, manchmal sogar von Gerichten unterstützt.
Derzeit sind ca. 1,1 Prozent der Fläche Niedersachsens für Windkraftstandorte ausgewiesen, das klingt nach wenig, ist es aber nicht. Massiert stehen diese Windparks an der Küste, in Ostfriesland und Friesland, dicht an ausgewiesenen europäischen Natura-2000-Schutzgebieten und sogar sehr dicht auch am Großschutzgebiet Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, der als „Weltnaturerbe“ touristisch vermarktet wird. Aber auch andere Landesteile sind dicht „verspargelt“ (Link: Energieatlas Niedersachsen). Herr Lies – und nicht nur er – meint nun tatsächlich, mit Windenergie könne man das böse CO2 reduzieren und damit Einfluss auf den globalen Temperaturanstieg nehmen, was immer „global“ in diesem Zusammenhang auch bedeuten mag. Windkraftanlagen also als regelbare Thermostaten der Gobaltemperatur?
Windkraftflächen fast verdoppeln
Minister Lies geht seit einigen Monaten in die Offensive, für noch mehr Windenergie im Lande. Derzeit drehen sich, wenn der Wind weht, 6.352 Anlagen in Niedersachsen (onshore, Stand 2020), bundesweit sind es ca. 30.000. Der zur Anhörung ausliegende neue Windenergieerlass des Landes sieht vor, die Windkraftflächen in Niedersachsen bis 2030 auf 2,1 Prozentder Landefläche zu erhöhen, also fast zu verdoppeln, bis 2050 will Niedersachsen zudem „klimaneutral“ sein. „Darüber hinaus wollen SPD und CDU den Energiebedarf des Landes nun schon bis 2040 statt bis 2050 komplett aus erneuerbaren Energien decken.“
Wie das technisch ohne die notwendige netzstabilisierende Regelenergie aus Kohle- oder Atomkraftwerken (das 50 Hertz-Problem), die demnächst abgeschaltet werden, funktionieren soll, haben die Politiker jedoch nicht dargelegt. Die niedersächsischen Umweltverbände NABU und BUND haben sich laut Windenergieerlass (Entwurf) ebenfalls „auf einen beschleunigten Ausbau verständigt“ („Runder Tisch zur Zukunft der Windenergie in Niedersachsen“ vom 03.03.2020).
Kommunen weisen Windkraftstandorte aus
In nicht wenigen niedersächsischen Kommunen sieht man die ehrgeizigen Ausbauziele des politischen Windkraftlobbyisten Lies jedoch skeptisch. Je näher die Anlagen an die Wohnbebauung kommen – verbindliche Abstandsregelungen in Niedersachsen gibt es nicht – desto größer wird der Widerstand der Anlieger gegen die Mühlenmoster, die jetzt schon Höhen von über 200 Metern erreichen. Die Kommunen weisen über Flächennutzungspläne und Bebauungspläne die Windkraftstandorte aus, verbunden auch mit finanziellen Vorteilen aus den Erträgen der Winkraftanlagen für die abstimmenden Ratsmitglieder (Beispiel hier:
Druck auf Kommunen mit dem Landesraumordnungsprogramm
Mit dem neuen Raumordnungsprogramm und der Zielmarke von 2,1 Prozent der Landesfläche für Windenergie will Lies Druck auf die Kommunen ausüben, noch mehr Flächen dafür bereitzustellen. Die Kommunen befürchten dadurch Eingriffe in ihre Planungshoheit. In der Oldenburger Nordwest Zeitung (NWZ) vom 19. Mai („Umweltminister Lies contra Kommunen – Niedersachsen macht Tempo beim Ausbau der Windkraft“, Bezahlschranke) äußerte sich der Minister in einem Interview zu seinen Plänen. Demnach sieht er vor, bis 2040 „jedes Jahr 1,5 Gigawatt – also fast 500 Anlagen zu bauen“, das wären in den kommenden neunzehn Jahren noch einmal ca. 9.500 Anlagen allein in Niedersachsen. Ob die Bevölkerung in den Landkreisen das hinnehmen wird, kann jetzt schon mit einem „Nein“ beantwortet werden. Bereits 2016 gab es in der Samtgemeinde Esens im Landkreis Wittmund eine Bürgerbefragung für oder gegen mehr Windkraftanlagen im Gemeindegebiet, die zum Waterloo für die Windkraftbefürworter wurde. Für den offenbar faktenresistenten Minister Olaf Lies jedoch gehört Windenergie zu unserer Kulturlandschaft, so sein Statement in der NWZ; nur hat er wohl vergessen, dass hier auch Menschen leben.
Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog „Die Achse des Guten“ am 22. Mai 2021