Meyer-Schiff ´Iona´: keine Zuschauer wegen Corona – landunter in den Brutgebieten

Meyer-Dampfer „Iona“ wird über die Ems an die Nordsee überführt, Höhe Petkum, Gänse verlassen fluchtartig das Schutzgebiet – Foto (C): Eilert Voß

Von den frühen Morgenstunden bis in den Vormittag des 19. März 2020 wurde das neue Kreuzfahrtschiff „Iona“ der Meyer Werft von Papenburg über die enge Unterems an das seeschifftiefe Wasser der Nordsee überführt. Abnehmer des Schiffes ist das britisch-amerikanische Unternehmen P&O-Cruises. Das Novum, als umweltfreundlich beworben, ist der Flüssiggasantrieb (LNG) des Schiffes. Was mit öko beworben wird, muss aber in den Auswirkungen nicht öko sein. Die Unterems gehört zum europäischen Vogelschutzgebiet V10, Emsmarsch von Leer bis Emden.

Nur die Schafe schauen zu (oder weg), die menschlichen Zuschauer blieben zuhause – Foto (C): Eilert Voß

Für die Überführung musste die Ems wieder mit dem Stauwehr bei Gandersum, EU-konform für den Küstenschutz als „Sperrwerk“ deklariert, aufgestaut werden, damit der Gigant überhaupt in den Fluss passte. Dadurch überflutete die Ems auch die Vorländereien der Emsufer und die Emsinsel Hatzumersand. Der Höchststand des Stauwassers lag um 4:58 Uhr am Emspegel Terborg bei 769 cm. Erreicht wurde dieser hohe Wasserstand durch das Zupumpen von salzhaltigem Seewasser.

Aktuelle Erosion an der Emsinsel Hatzumersand (Ostseite) – Foto vom 15. März, 11:38 h,  2020 (C): Eikert Voß

Der Hatzumersand wurde dadurch etwa 3-5 Dezimeter hoch überflutet. Alle Nester von früh brütenden Wasservögeln wurden so überspült. Das ist insofern tragisch, da vor genau einer Woche am 12. März eine Sturmflut die Emsinsel schon einmal überflutete und die Gelege vernichtete. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) verzichtete damals darauf, die Stauwehrtore zu schließen (Pegeldaten Terborg: 12.3.2020, 13:50 Uhr, 838 cm). Möglich ist, dass man im Hinblick auf den Überführungstermin der „Iona“ auch deshalb keine Rücksicht die Gänsegelege nahm, da die Nester bei der Überführung oder einem späteren Termin ohnehin abgesoffen wären. Am Hatzumersand sind durch die Emsvertiefungen für die Meyer Werft und die sich daraus ergebende hohe Strömungsgeschwindigkeit des Flusses bereits deutliche Erosionsspuren zu erkennen, die Insel wird kleiner. Wie man unschwer erkennen kann, existiert dieses „Vogelschutzgebiet“ mit den vielen Ausnahmen und zugelassenen Nutzungen nur auf dem Papier. Ein weiteres Novum war das Ausbleiben der Sehleute an den Deichen und im Schutzgebiet nach einer Verfügung des Landkreises Leer wegen der Corona-Pandemie. Bei früheren Überführungen von Kreuzfahrtschiffen kam es zum Verkehrschaos an den Deichen, Menschenmassen betraten widerrechtlich die angrenzenden Schutzgebiete. Das Corona-Virus hielt diesmal Gaffer wirksam vom Überführungsspektakel ab, Zuschauer waren nur die Schafe am Deich.

Die „Iona“, benannt nach einer Hebrideninsel in Schottland, ist das 50. Kreuzfahrtschiff, das auf der Meyer Werft gebaut wurde. Die Daten der auf der Werft gebauten Schiffe können Sie hier ansehen, teilweise mit Bildern: Bauliste der Meyer Werft.

Schiffsdaten des Kreuzfahrtschiffes „Iona“:

Bruttraumzahl (BRZ): mehr als 180.000

Länge: 344,5 m

Breite (Spanten): 42 m

Tiefgang: 8,80 m

Nachtrag 21. März 2020:

Die Ostfriesen Zeitung aus Leer berichtet am 21. März 2020, dass zwar der Innenausbau auf der „Iona“ und die Erprobung auf See von der Meyer Werft wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt, der Werftbetrieb in Papenburg aber dennoch aufrecht erhalten werde. Angehörige von Papenburger Werftarbeitern wandten sich mit einem Offenen Brief an die Zeitung und beklagten eine „Zweiklassengesellschaft“ auf der Werft. Büromitarbeiter arbeiteten im Homeoffice, die Mitarbeiter in der Fertigung arbeiteten jedoch dicht an dicht, obwohl viele von ihnen gesundheitlich angeschlagen seien. „Wir Familien sind besorgt. Jeder von uns hat Kinder oder seine Eltern zu Hause bei sich, und wenn dann der Mann krank mit dem Virus wäre, würde das eine Kettenreaktion geben. Herr Meyer riskiert nicht nur die Gesundheit der Mitarbeiter, sondern auch der Familien“, heißt es in dem Brief.

Dieser Beitrag wurde unter Ems, Naturschutz abgelegt und mit , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.