Flüssiggasterminal in Wilhelmshaven: Aus für Schweinswale

Schweinswalsichtung in der Außenweser – Foto (C): Eilert Voß/Wattenrat

Der amtierende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ließ unlängst in den Medien verlauten , er „liebe Schweinswale“, er sei der „größte Schweinswal-Fan in der Bundesregierung“. Nun ist seine Liebe wohl abgekühlt: Habeck will den Bau von Flüssiggas-Terminals an der Küste beschleunigen, „von Klagen möge man absehen“.

Vor Wilhelmshaven soll in einem Schweinswalgebiet ein Flüssiggas-LNG-Terminal gebaut werden. Das wird zu erheblichen Baulärm durch Rammarbeiten und damit zur Vertreibung der nach EU-Recht streng geschützten Kleinwale führen.

Ausgerechnet die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat Widerspruch gegen den bereits erteilten Baubescheid des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN, Zulassung des vorzeitigen Beginns der Maßnahme 1 vom 29.04.2022) für den Bau des Terminals eingelegt. Warum „ausgerechnet“? Ein sog. „Schallschutzkonzept“ für Schweinswale (Phocoena phocoena), das keines ist, wurde im September 2012 in Berlin auf einer Fachtagung der Deutschen Umwelthilfe erarbeitet.

Die ca. 200 Teilnehmer kamen aus Industrie, Wissenschaft, Verbänden, Behörden und Politik. Der Lärmwert von 160 Dezibel, 750 Meter von den Rammarbeiten für Offshore-Windkraftwerke entfernt, wurde als ausreichend angesehen. Nur sind 160 Dezibel für das empfindliche Ortungssystem von Walen deutlich zu hoch. Der Wert entspricht ungefähr dem Lärm eines Abschusses eines Artilleriegeschützes in unmittelbarer Nähe. Der Wert von 160 Dezibel kann trotz der sog. „Blasenschleiertechnik“ um die Rammstellen herum nicht annähernd eingehalten werden.

2020 las man das in einer DUH Pressemitteilung:

Offshore-Wind: Naturverträglicher Ausbau braucht verlässliche Ziele und europäische Lösungen […] Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die längst überfällige Anhebung der Ausbauziele für die Offshore-Windenergie auf 20 Gigawatt in 2030 sowie 40 Gigawatt in 2040, wie sie im Änderungsentwurf des Windenergie-auf-See-Gesetzes geplant ist. Das Kabinett wird den Änderungsentwurf voraussichtlich in seiner Sitzung am 3. Juni beraten. Offshore-Windenergie nimmt wegen der hohen und zuverlässigen Stromerzeugung eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz ein. […]

Die Rammarbeiten und der Betrieb der Offshore-Anlagen wird zu noch mehr Unterwasserlärm führen, der Betrieb der Anlagen wird auch tödliche Auswirkungen auf den Vogelzug haben. An den Ausbauzielen ist nichts „naturverträglich“! Frage an die DUH: Ist der Bau- und Betriebslärm auf See durch Windkraftanlagen schweinswalverträglich, während der Baulärm für den LNG-Terminal vor dem Voslapper Groden in Wilhelmshaven unakzeptabel ist?

Vor dem Voslapper Groden werden regelmäßig Schweinswale gesichtet, die Beobachtungsmöglichkeiten sind Teil des touristischen Angebots. Der Voslapper Groden ist zum größten Teil europäisches Schutzgebiet (Natura 2000),  der Nationalpark Niedersächsisches  Wattenmeer (Weltnaturerbe) grenzt unmittelbar an den geplanten LNG-Terminal an.

Das LNG-Bauprojekt soll in Wilhelmshaven vor dem Voslapper Groden in kürzester Zeit bis zum Jahresende verwirklicht werden, um Flüssiggas mit Tankern u.a. aus den USA anlanden zu können. Damit sollen die Ausfälle der russischen Gaslieferungen kompensiert werden. Hintergrund ist die derzeitige Sanktionspolitik gegen Russland. Es wird sich zeigen, ob überhaupt ausreichend Flüssiggastanker zur Verfügung stehen werden, um Deutschland zu „versorgen“.

Die nach EU-Recht (FFH-Richtline) „streng geschützten“ Schweinswale sind durch das Beschleunigungsgesetz (Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases vom Mai 2022,) massiv betroffen. Es sollen ja nicht nur in Wilhelmshaven LNG-Terminals aus dem Boden gestampft werden. Dazu kommen die neuen „Gesetze zur Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren“ unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums. Diese Gesetze werden im Dominoeffekt Auswirkungen auf andere Infrastrukturprojekte zum Nachteil des Artenschutzes haben.

Die Frage ist, ob die Umweltverbände bisher überhaupt ausreichende Unterlagen erhalten haben, um fundierte Stellungnahmen in einem Beteiligungsverfahren für die LNG-Terminals abgeben zu können. Gerade wegen der Nähe zum Europäischen Schutzgebiet „Voslapper Groden“ und zum Weltnaturerbe Wattenmeer, ebenfalls Europäisches Schutzgebiet, müsste eine sehr sorgfältige Verträglichkeitsprüfung (Bundesnaturschutzgesetz §34, Verträglichkeit und Unzulässigkeit von Projekten; Ausnahmen) mit den Umweltfolgen des Projektes „LNG-Terminal“ durchgeführt werden. Gegen das Bauprojekt des  LNG-Terminals spräche  ein mögliches negatives Prüfungsergebnis, sollte sich am Ende der Prüfung eine erhebliche Beeinträchtigung der Wale oder der angrenzenden Schutzgebiete herausstellen. Die EU-rechtlichen Vorgaben werden aber offensichtlich auch durch den niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (SPD) ignoriert, der schon seit Jahren von einer „klimaneutralen Energiedrehscheibe an der Jade“ träumt und der den Terminal nun im Hauruck-Verfahren durchziehen will.  Eine Klage der Umweltverbände könnte daran scheitern, dass man die Notwendigkeit des LNG-Terminals „aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ deklariert. Warten wir es ab.

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