Die Grünen und die Offshore-Windenergie: Hirnschmelze im LK Wittmund?

Wind"park" am Dollart bei Emden in den Zugvogelkorridoren

Die Grünen üben sich vor der Landtagswahl in Niedersachsen im Spagat zwischen „Klimaschutz“ und Naturschutz, auch am Beispiel der Offshore- Windenergie und des Schutzes des Kleinen Tümmlers oder Schweinswals und der Zugvögel. Das kann man der Pressemitteilung vom 06. Dezember 2012 (siehe unten) entnehmen. Nur: Die Pressemitteilung zieht ihren Informationsgehalt aus offiziellen Verlautbarungen. Die Grünen beziehen sich auf das Bundesamt für Naturschutz (BfN), das eng an der Leine der Politik und des Umweltministeriums in Berlin liegt und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) als Genehmigungsbehörde für Offshore-Wind“parks“ in der Ausschließlichen Wirtschaftszone im Geschäftsbereich des Bundesverkehrsministeriums. Zusätzlich wird von den üblichen Verdächtigen der Naturschutzverbände abgeschrieben, die keine ausgeprägte kritische Distanz zum Windenergiewahn in Deutschland pflegen und teilweise sogar als „Ökostromanbieter“ vom Geschäftsmodell Windenergie profitieren.

Der Kleine Tümmler (Schweinswal) als kleinste Walart leidet enorm durch die Fundament-Rammarbeiten für Offshore-Windkraftwerke in der Nordsee. Der Lärm kann das Innenohr der Tiere schädigen oder zerstören und damit die Orientierung und Nahrungssuche unmöglich machen. Im vergangenen Sommer wurden allein in Schleswig-Holstein über 130 tote Tümmler angetrieben, ein Zusammenhang mit den parallel verlaufenden Rammarbeiten z.B. vor Borkum liegt nahe. Keiner der toten Kleinwale wurde auf Organschäden untersucht.

Die Grünen in Wittmund als ideologisch gefestigte Laienspieler versuchen mit hilflosen und scheinkritischen „Argumenten“, den rigorosen Ausbau Windenergie und die Auswirkung auf die Natur zumindest verbal vereinbar zu machen. Abschreiben und Nachplappern als nur scheinbar kritische Politikinhalte sind als eigenständige Position ein bisschen wenig. Bekanntlich gibt es kein richtiges Leben im falschen: Wer „160 Dezibel“ Lärmpegel bei Offshore- Rammarbeiten als „Grenzwert“ als vertretbar für Meeressäuger „gesetzlich“ festschreiben lassen will, weiß nicht, wovon er spricht. 160 Dezibel orientieren sich ausschließlich am derzeit technisch Machbaren der Industrie bei Unterwasser- Rammarbeiten (was aber nicht eingehalten wird), nicht aber an der Unversehrtheit von streng geschützten Meeressäugern. Der Schutz ergibt sich aus dem § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes; bei Zuwiderhandlungen drohen, wenn sie gewerblich begangen werden, sogar Freiheitsstrafen. Das ist offensichtlich auch bei den Grünen nicht bekannt.

Windkraftfundament für eine Offshore-Anlage, Rammarbeiten schädigen Meeressäuger

160 Dezibel entsprechen ungefähr der Lautstärke des Abschusses eines Artilleriegeschosses in unmittelbarer Nähe, und das als monatelange Dauerbeschallung mit weittragendem Schall unter Wasser. Genauso könnte der kommerzielle Walfang zu „wissenschaftlichen Zwecken“ als „naturverträglich“ bezeichnet oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h in Wohngebieten als Verkehrsberuhigung verkauft werden. Und, wer wie die Grünen, Offshore-Windkraftanlagen „während der zwölf bis 14 Haupttage des Vogelzuges“ abschalten will, muss vorher wissen, wann genau diese „Haupttage“ eintreten, das hängt vom Wetter ab, das sich sehr schnell ändern kann. Wetterprognosen sind für einen eng begrenzten Raum nur ca. 4 Tage im Voraus einigermaßen verlässlich möglich, Klimamodellierer können das sogar für ein paar hundert Jahre…..Hoffentlich wissen die Zugvögel in Nordeuropa oder Sibirien vorher schon, wann die Anlagen in der Ost- oder Nordsee abgeschaltet werden und stehen dann erst in den Startlöchern. Nicht nur die „Bedarfsbefeuerung“ der WKA ist das Problem für die Zugvögel, sondern die über 180 Meter Gesamthöhe mit den Masten und Rotoren über See. Die Auswirkung sind bereits im Forschungsprojekt „Fino- Bird“ und „Minos“ untersucht worden, mit erschreckenden Ergebnissen.

Der Ausbau der Windenergie als lukratives Geschäftsmodell mit der Lizenz zum Gelddrucken führt zu einem gigantischen Ausverkauf der Natur – und wird der Öffentlichkeit als „Klimaschutz“ oder „Energiewende“ verkauft. Auch Windkraftwerke auf See sind vom Wind abhängig, der dort keinesfalls verlässlich und beständig weht, sie liefern auch dort keine „zuverlässige Energieausbeute“. Kein Wärmekraftwerk wird durch die derzeit 23 000 WKA in Deutschland überflüssig. Im Gegenteil, es müssen mehr Kohle- oder Gaskraftwerke als Regelkraftwerke nur für die Pufferung der unsteten Windenergie ans Netz. Dadurch verhindert man vielleicht eine „Kernschmelze“ durch überflüssig gewordene Atomreaktoren, nicht aber eine, mit Verlaub, Hirnschmelze in den Köpfen der „Klimaschützer“, denen keine Landschaft und keine Tierart zu schade ist, um sie unter die vermeintlich weltrettenden Windräder kommen zu lassen.

Pressemitteilung (Auszug)  der Partei Bündnis90-Die Grünen, Kreisverband Wittmund, 06. Dez. 2012

Offshore-Windenergie: Schwierige Gratwanderung zwischen Klimaschutz und Naturschutz

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2. Windkraft auf See hat aufgrund der guten Windverhältnisse und der größeren Anlagen eine hohe und zuverlässige Energieausbeute und kann daher im Energiemix der Zukunft für die Grundlast eine Rolle spielen. Aus unserer Sicht aber nicht in der Dimension, die von der Bundesregierung und den antragstellenden Betreibern (30GW) geplant ist. Da der Ausbau der Erneuerbaren Energien am Festland (insbesondere in den südlichen Teilen der Republik) wesentlich schneller vorangeht als erwartet, kann Tempo aus der Offshore-Entwicklung genommen werden (was die Technik auch noch braucht).

3. Offshore-WEAs sind bezogen auf ihre Umweltverträglichkeit noch im Versuchsstadium und sollten deshalb jetzt nicht blind und schnell installiert werden. Stattdessen müssen z. T. erst die Ergebnisse der Forschungen zu Auswirkungen auf Benthos, Meerestiere und Zugvögel abgewartet und dann Schutzregeln in Gesetze gegossen werden.

4. Der Lärmschutz (Grenzwert maximal 160 dB) muss ab sofort per Gesetz verpflichtend werden, da sonst beim nun weiteren Ausbau irreversible Schäden z.B. in der Schweinswalpopulation auftreten. Nur mit einem VERPFLICHTENDEM Lärmschutz werden die Betreiber gezwungen,  Verfahren zu entwickeln und auszuprobieren, die beim Errichten nicht so zerstörerisch wirken wie das Rammen.

Anmerkung: Der Schallgrenzwert von max. 160 dB wurde vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) und dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) festgelegt. [Verbaendestellungnahme-Offshore_Schallschutz]

5. Während der 12-14 Haupttage des Vogelzuges (Schätzung BUND) sollten die Offshore-WEAs abgeschaltet werden. Um die Vogelzugtage verlässlich bestimmen zu können, bedarf es einer Software, die aus entsprechenden Parametern wie z. B. Wetter-, Jahreszeit-, Tageszeitdaten usw. zuverlässige Vorhersagemodelle errechnet, nach denen dann die WEAs automatisch abgeschaltet werden können. Die Forschungen bewegen sich in diese Richtung. […]

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